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Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron spricht am kommenden Wochenende vor den EU-Abgeordneten in Straßburg.

© Ludovic Marin/REUTERS

Zukunft der EU: Macron plant europapolitischen Aufschlag

Am kommenden Sonntag will Emmanuel Macron in Straßburg eine europapolitische Rede halten. Es geht ihm um die Zukunft der EU - und ein wenig auch um sich selbst.

Am kommenden Sonntag fällt der Startschuss für ein Projekt, das von den einen als notwendige Erneuerung der EU betrachtet wird, von anderen hingegen als reines Prestigeprojekt des französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Bei der „Konferenz zur Zukunft Europas“ soll in den kommenden zwölf Monaten ein ganzes Bündel von Fragen - von der Klimapolitik über die Blockademöglichkeiten einzelner EU-Staaten bis hin zu möglichen Änderungen der EU-Verträge – behandelt werden. Ob die Konferenz zum Erfolg wird, hängt vor allem von der Beteiligung der Bürger ab.

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Die Initiative für die Konferenz war vor vier Jahren von Macron ausgegangen, der auch bei der Auftaktveranstaltung am Sonntag im Europaparlament in Straßburg als Hauptredner auftreten wird. Für die Europaabgeordneten wird es ein besonderer Moment sein - denn sie sind Pandemie-bedingt seit über einem Jahr nicht in die Elsass-Metropole zurückgekehrt.

Macron hatte schon bei einer Rede an der Pariser Universität Sorbonne im September 2017 angeregt, eine europaweite Konferenz ins Leben zu rufen, mit deren Hilfe die EU entscheidungsfähiger und schlagkräftiger werden soll. Anschließend nahm Ursula von der Leyen im Juli 2019 im EU-Parlament bei ihrer Bewerbungsrede die Idee auf, bevor sie zur Kommissionspräsidentin gewählt wurde.

Um das Spitzenkandidaten-Verfahren ist es still geworden

Damals galt es für die Deutsche vor allem, den Unmut über die Begleitumstände ihrer Berufung an die Brüsseler Spitze zu besänftigen. Viele Parlamentarier kritisierten, dass nicht einer der vorigen Europawahl angetretenen Spitzenkandidaten auf den Chefposten berufen wurde, sondern überraschend von der Leyen von den Staats- und Regierungschefs benannt wurde. Doch seither ist es in der Kommission in der Frage still geworden, wie in Zukunft mit dem Spitzenkandidaten-Verfahren umgegangen werden soll.

Auch das ganze Projekt der „Konferenz zur Zukunft Europas“ geriet wegen der Corona-Pandemie zwischenzeitlich ins Stocken. Eigentlich hätte das Vorhaben, bei dem Bürgerinnen und Bürger auf einer Online-Plattform ihre Gestaltungswünsche für die Zukunft der Gemeinschaft äußern können, bereits im vergangenen Jahr beginnen sollen. Obwohl der Start nun erst am kommenden Sonntag stattfindet und damit weniger Zeit zur Diskussion bleibt, will Macron die Schlussfolgerungen bereits wie ursprünglich vorgesehen während der französischen EU-Präsidentschaft im Frühjahr 2022 vorlegen. Kritiker werfen ihm vor, die Zukunfts-Konferenz als Vehikel für eine mögliche Wiederwahl als Präsident im Frühjahr des kommenden Jahres zu nutzen.

Schon geht in Berlin die Befürchtung um, dass Deutschland in der Post-Merkel-Ära nach der Bundestagswahl erst einmal mit innenpolitischer Nabelschau beschäftigt sein wird, statt sich im großen Stil die die europäische Zukunfts-Konferenz einzubringen. In dieser Situation hat die Unionsfraktion im Bundestag am Dienstag schon einmal ein Zeichen gesetzt.

Positionspapier der Unionsfraktion

Die Abgeordneten verabschiedeten ein Positionspapier, in dem Reformen für die EU angemahnt werden. Dass Handlungsdruck besteht, wird in dem Papier eindringlich beschrieben. „Internationale Krisenherde an unseren Grenzen, ein starker Migrationsdruck, eine neue Konfrontation von Ost und West und die schwerste Wirtschaftskrise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verändern die Vorzeichen für das Integrationsprojekt Europa als Garant von Frieden, Sicherheit, Freiheit und Wohlstand grundlegend“, heißt es.

Nach Ansicht der Unionsfraktion sollte bei der Zukunfts-Konferenz „die Frage im Mittelpunkt stehen, wie die EU in zehn bis 15 Jahren aussehen soll und was unsere gemeinsamen Ideen für die Fortentwicklung der EU sind“. Nach Ansicht der Abgeordneten von CDU und CSU werde die EU gebraucht – allein schon aus Gründen der Selbstbehauptung „in einer Welt von einseitig agierenden Supermächten, mit denen kein europäischer Staat allein konkurrieren kann“. Insbesondere China fordere den Westen in seinem Wohlstandsversprechen heraus, heißt es weiter.

CDU und CSU schließen Vertragsänderungen nicht aus

Der heikelste Punkt bei der Zukunfts-Konferenz liegt indes in der Frage möglicher Änderungen der EU-Verträge. Dies wäre im Sinne einer größeren außenpolitischen Effizienz beispielsweise nötig, um den Veto-Möglichkeiten einzelner Mitgliedstaaten einen Riegel vorzuschieben. „Zunehmend lähmen einzelne Mitgliedstaaten mit ihrem Veto die Entscheidungsfindung in den Institutionen“, heißt es in dem Papier. Bei einer möglichen Reform der Entscheidungsabläufe sollten Vertragsänderungen nach Ansicht der Unionsfraktion „nicht von vornherein ausgeschlossen“ werden.

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