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Eileen Biggelmann mit ihrem Sohn Linus.

© Eileen Bigelmann

Linus kam drei Monate zu früh auf die Welt: Wie eine Potsdamer Klinik einer Familie all ihre Sorgen nimmt

Als sie erfährt, dass Linus ein „Extremfrühchen“ sein würde, weiß Eileen Bigelmann nicht mehr weiter. Doch im Klinikum Westbrandenburg fängt das „Team Neo“ die junge Familie auf.

Von Alicia Rust

Als Linus in der 26. Schwangerschaftswoche – also rund 13 bis 14 Wochen zu früh – auf die Welt kam, wog er gerade einmal 820 Gramm. Das „Extremfrühchen“ war in etwa so klein wie ein Katzenbaby, erzählt seine Mutter Eileen Bigelmann. Das Bild, das sich ihr im April 2022 darbot, nur einen Tag vor ihrem 33. Geburtstag, bekommt sie nicht mehr aus dem Kopf.

Was sich damals noch anfühlte, als könnte es mit einem Trauma enden, ist inzwischen mit positiven Erinnerungen verbunden. Mit der Menschlichkeit und Zuwendung, die ihr und ihrem Baby von den Pflegekräften des Pflegeteams der Neonatologie, „Team Neo“ genannt, im Klinikum Westbrandenburg in der Kinder- und Jugendklinik in Potsdam zuteilwurde.

Ich habe überlegt, wo werde ich am schnellsten und am besten versorgt.

Eileen Bigelmann, Mutter eines Extremfrühchens

Luftballons am Inkubator

„An meinem Geburtstag hat mir das gesamte Pflegeteam gratuliert“, sagt Bigelmann. Luftballons wurden an den Inkubator gehängt. Als die Mutter zweier Söhne im Alter von 3 und 5 erfuhr, dass ihr drittes Kind zu früh auf die Welt kommen würde, blieb nicht viel Zeit für große Überlegungen. „Ich habe überlegt, wo werde ich am schnellsten und am besten versorgt“, sagt Bigelmann rückblickend. Das Ernst-von-Bergmann-Klinikum schien von ihrem Wohnort Blankenfelde aus gut erreichbar.

Frühchen Linus Bigelmann mit seiner Mutter Eileen auf der Station beim 1. Impftermin mit Schwester Julia und dem leitenden Oberarzt Dr. med. David Szekessy. Dieses Foto (c) Ernst von Bergmann Klinikum

© Eileen Bigelmann/Eileen Bigelmann

„Die Neonatologie gehört zum Klinikum West Brandenburg“, sagt die Mutter von Linus, der inzwischen ein Jahr und vier Monate alt ist. Der an einer Hand läuft und seit Anfang August mit seinem Bruder gemeinsam in die Kita geht. Ein fröhlicher kleiner Junge, der seine Mutter zuweilen unterbricht, wenn es etwas Spannendes zu entdecken gibt. Für seine Mutter grenzt das alles immer noch an ein Wunder.

88 Tage im Brutkasten

„Als ich auf die Station kam, hatte ich große Angst“, sagt Bigelmann. 88 Tage lag Linus in einem Brutkasten auf der Neonatologie, seine Zukunft war mehr als ungewiss. „Aber egal, welche Fragen ich hatte, welche Zweifel mich plagten, immer wurden meine Anliegen ernst genommen, immer war jemand da, wenn ich Hilfe oder Unterstützung brauchte“, sagt die Mutter des Frühchens. „Ich hatte sogar eine psychologische Betreuung auf der Station, die uns durch diesen schweren Alltag begleitet hat“, sagt Bigelmann. Eine große Hilfe, für beide Elternteile.

Es war schön zu erleben, wie sich das Team gegenseitig aufgefangen hat, selbst in schwierigen Zeiten.

Eileen Bigelmann. Mutter eines Extremfrühchens

Monate des Bangens, des Hoffens, darunter Tage, an denen eine Mutter auch mal der Verzweiflung nahekommen kann. „Und dennoch habe ich mich nie nur wie eine Nummer gefühlt“, sagt die ausgebildete Personalvermittlerin. Sehr bewusst habe sie wahrgenommen, welche Atmosphäre auf der Station geherrscht habe. Ein sehr gutes Arbeitsklima, trotz aller Mühen und trotz des Zeitmangels, unter dem oft gearbeitet werden muss. Ein extrem engagiertes Team habe sie erleben dürfen. „Ein Team ist immer bunt“, sagt sie. Da gäbe es die Neueren oder Mutigeren und jene, mit einer langjährigen Erfahrung. „Es war schön, zu erleben, wie sich das Team gegenseitig aufgefangen hat, selbst in schwierigen Zeiten“, sagt Bigelmann.

Kommunikation auf Augenhöhe

Als sie in den sozialen Medien vom Aufruf zu „Deutschlands beliebteste Pflegeprofis 2023“ gehört habe, wollte sie etwas von dem zurückgeben, was sie auf der Station erfahren hat. „Dort arbeiten an die 40 Schwestern. Pro Schicht hat sich eine der Schwestern intensiv um uns gekümmert“, sagt Bigelmann. Immer wurde auf Augenhöhe kommuniziert. „Alle meine Ängste wurden mir genommen. Wenn etwas mal nicht so lief und wir als Eltern Vorschläge gemacht haben, wurde das nicht abgebügelt.“ Gemeinsam wurde überlegt, welche Therapie bei Linus wohl am besten anschlagen würde.

„Ich bin einfach so dankbar, dass alles geklappt hat“, sagt sie. Von Anfang an wurde sie auch darin unterstützt, ihr Kind stillen zu können. „Der erste Moment, als ich Linus endlich ohne Kabel auf dem Arm halten durfte, war unbeschreiblich“, sagt die 34-Jährige.

Landessieger in Brandenburg

„Ich kann nicht in Worte fassen, was sie für mein Baby und mich getan haben“, hatte sie zu Beginn ihres Nominierungsschreibens für den Bundeswettbewerb "Deutschlands beliebteste Pflegeprofis 2023" geschrieben. Dass das Team der Neonatologie nun Landessieger in Brandenburg geworden ist, sorgt für die Anerkennung eines Berufsstands, der für Außenstehende oftmals unsichtbar bleibt. „Das ist ja die schönste Mitteilung seit langem: unser Neo-Team ist Landessieger im Wettbewerb ‚Deutschlands beliebteste Pflegeprofis 2023“, sagt Thomas Erler, Ärztlicher Direktor der Kinder- und Jugendklinik am Standort Potsdam.

Er freue sich sehr über dieses Zeichen der Wertschätzung für die anspruchsvolle Arbeit des gesamten Pflegeprofi-Teams, ergänzt Hans-Ulrich Schmidt, Geschäftsführer des Klinikums Westbrandenburg in Potsdam. „Es macht mich sehr glücklich, zu zeigen, dass dieser Beruf, der oftmals mit so negativen Begriffen wie Überforderung oder mit Pflegenotstand gleichgesetzt wird, sehr erfüllend sein kann“, sagt Bigelmann. Zur Station bestehe nach wie vor ein sehr guter Draht, sagt die Mutter von Linus, die inzwischen wieder in Vollzeit arbeitet. „Wenn wir mal in der Nähe sind, schauen wir immer gern vorbei.“

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