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Schirm, Charme und Tribüne. Das Steffi-Graf-Stadion soll zum Davis Cup wieder glänzen.

© picture-alliance/ dpa

Davis Cup in Berlin: Steffi-Graf-Stadion: Alles auf Asche

Der reanimierte LTTC Rot-Weiß um Sportdirektor Markus Zoecke ermöglicht ein Comeback des Davis Cups in Berlin.

Markus Zoecke steht gegen Mittag im Schatten des Steffi-Graf-Stadions mit einem Becher Espresso in der Hand. Wachbleiben, dranbleiben, durchhalten. Eben noch war Zoecke drüben in New York und hat für Eurosport von den US Open aus Flushing Meadows berichtet und nun ist das deutsche Davis-Cup-Team zu Besuch in Grunewald.

Hier, auf der reanimierten Anlage des Lawn Tennis Turnier Clubs Rot-Weiß, spielt die deutsche Männerauswahl ab Freitag um den Verbleib in der Weltgruppe gegen Polen. Er sei ja ein Optimist, sagt Zoecke über sich, „aber wenn ich vor drei Jahren gesagt hätte, das wir hier den Davis Cup ausrichten, dann hätte man mich nicht für einen Optimisten gehalten, sondern für einen Spinner.“

Das Steffi-Graf-Stadion marodierte vor sich hin

Drei Jahre ist der 48 Jahre alte, frühere Davis-Cup-Spieler als Sportdirektor beim LTTC tätig. Zu dieser Zeit lag der Club, einstiger Stolz des deutschen Tennis, auf der Intensivstation. Das Steffi-Graf-Stadion, vor zwanzig Jahren und für 20 Millionen Mark auf 7000 Sitzplätze ausgebaut, marodierte vor sich hin und das Ganze drohte auf den Club überzugreifen. Nichts war mehr so wie zu den glorreichen Turniertagen zwischen 1979 und 2008, als der Club die German Open ausrichtete, ein hochklassiges Weltturnier, dass Steffi Graf neunmal gewinnen konnte und das die Massen elektrisierte.

Bis zu 50 000 Zuschauer zog es in der Woche auf die 30 000 Quadratmeter große Anlage am Hundekehlesee. Zurück blieb eine große Stille und noch größere Leere. Der Tennisclub stolperte ohne sein Welteliteturnier in eine sportliche Bedeutungslosigkeit. Wie erstarrt hing der Club in einer wirtschaftlichen Zwangslage, er verlor fast die Hälfte seiner einst 1800 Mitglieder.

Ellerkmann begann, den Verein wieder aufzurichten

Vor vier Jahren begann ein neuer Vorstand um Präsident Werner Ellerkmann den Verein wieder aufzurichten. Ein Jahr später holte der Club Markus Zoecke heim. Der Zwei-Meter-Berliner hatte als Elfjähriger seine Karriere bei Rot-Weiß gestartet, eine Laufbahn, die ihn unter die Top 50 der Welt und ins deutsche Davis-Cup-Team um Boris Becker führte. Zusammen mit Leuten wie Ellerkmann und Vorstand Jan Wever haben sie den Umschwung geschafft. Inzwischen hat der Verein 300 neue Mitglieder gewonnen. Das schafft Spielräume, bescheidene, aber der Club wächst auf allen Ebenen organisch.

„Unser Konzept war, über den Sport, vor allem der Jugendarbeit, mit einer eigenen Tennisschule eine neue, positive Stimmung zu kreieren und nach und nach die Infrastruktur zu verbessern“, sagt Zoecke. Die Tennisschule wachse ständig, die Tenniscamps sind ausgebucht, im Vorjahr fanden das Grand- Champions-Turnier mit Altstars wie Henri Leconte, Pat Cash und Michael Stich statt, in diesem Jahr sind das Frauen- und das erste Männerteam um Nachwuchs-Europameister Rudolph Molleker in die 2. Bundesliga aufgestiegen. „Und jetzt Davis Cup – eigentlich unglaublich.“

1943 wurde die Anlage völlig zerstört

Als Turnierclub wolle man am kommenden Wochenende mit großer Selbstverständlichkeit zeigen, dass es Rot-Weiß wieder kann. „Wir setzen auf Turniersport“, sagt der Sportdirektor. Dieser Tradition fühle sich der 1897 gegründete Club verpflichtet. Ab Ende der 1920er Jahre und bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs stellte der LTTC in Otto Froitzheim, Daniel Prenn, Hans Moldenhauer, Henner Henkel und Gottfried von Cramm fast das gesamte deutsche Davis- Cup-Team.

Nach einem Luftangriff 1943, der die Anlage vollkommen zerstörte, ging es mühsam bergauf. Neben dem Pfingstturnier spielten internationale Stars wie Pancho Gonzales, Lew Hoad, Pancho Segura oder Rod Laver auf. Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre spielten Wilhelm Bungert, Christian Kuhnke, Dieter Ecklebe und Wolfgang Stuck regelmäßig Davis Cup in Berlin.

Der Schatz muss wieder freigelegt und poliert werden

„Wir wollen Rot-Weiß weiter zeitgemäß verändern“, sagt Zoecke. Noch sei man nicht fertig, aber „auf den Weg dahin, wie es einmal war“. Und weil er ein ehrgeiziger Mensch sei und der Club die alte Asche abgeschüttelt hat, möchte er Rot-Weiß auf Sicht noch besser machen, als es einmal war.

„Bei uns ist der Club der Star“, sagt Zoecke. Schon bei der Bewerbung um die Ausrichtung des Davis Cups habe er gespürt, welche Tradition, Wertigkeit und Kraft dieser Club habe. Nur musste dieser Schatz erst wieder freigelegt und poliert werden. Das Steffi-Graf-Stadion ist renoviert. Letztlich gehe es nur über den Sport. Und über Turniere, große Turniere. Wie einst die German Open. Das Comeback des Davis Cups sei ein kleiner Meilenstein. „Wichtig ist, dass du die Dinge Schritt für Schritt machst“, sagt Zoecke und spürt: „Der Zeitpunkt, dass wir hier wieder ein großes Turnier machen, rückt näher.“

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