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Silvio Heinevetter, 33, spielt seit 2009 für die Füchse Berlin. Der Nationaltorhüter tritt heute mit seinem Klub bei der SG Flensburg-Handewitt an (19 Uhr, live bei Sky).

© Gambarini/dpa

Handball-Bundesliga: „Wir Spieler müssen es ausbaden“

Füchse-Torhüter Silvio Heinevetter über seine emotionalen Ausbrüche, das Ziel Champions League und den Streit der Handball-Liga mit dem internationalen Verband EHF.

Herr Heinevetter, Handball-Torhüter gelten als besonders abergläubisch. Haben Sie ein spezielles Ritual vor Spielen?

Das ist bei Sportlern generell sehr verbreitet. Jeder hat seine kleine Macke, ich auch. Aber das gehört nicht in die Zeitung.

Eines ihrer Markenzeichen ist Ihre Emotionalität. In den letzten Spielen wirkten Sie allerdings besonders motiviert, fast schon giftig und aggressiv. Besteht Grund zur Sorge?
Ach Quatsch, das war einfach dem Verlauf der Spiele geschuldet. So etwas entwickelt sich in engen, umkämpften Begegnungen. Ich gehe ja nicht ins Spiel und nehme mir vor: Heute drehe ich richtig durch. Gerade gegen Leipzig und Magdeburg ging es so emotional zur Sache, die Spiele waren knapp und von großer Bedeutung. Da kommt das schon mal vor.

Gegen Magdeburg haben Sie unfassbar gut gehalten – trotzdem ist ihre Mannschaft im Pokalviertelfinale ausgeschieden. Wie geht es Ihnen an solchen Abenden?
Manchmal würde ich gern meine Kollegen zusammenschreien, aber das bringt auch nichts. Sie versuchen ja auch ihr Bestes, außerdem weiß im Normalfall jeder, was er falsch gemacht hat. Wir haben im Moment den Rhythmus, dass wir alle drei, vier Tage spielen, da kann man sich nicht lange an einem Abend festklammern. Ich gebe aber zu: Nach Spielen wie gegen den SCM fällt es mir schwer einzuschlafen.

Sie spielen Ihre zehnte Saison für die Füchse Berlin, noch nie stand der Verein nach 24 Bundesliga-Spieltagen so gut da wie im Moment; am Donnerstag reist die Mannschaft als Tabellenzweiter zum Topspiel bei der SG Flensburg-Handewitt. Wie kommt das?
Wir sind als Mannschaft gewachsen und haben große Qualität im Team, gar keine Frage. Allerdings sind wir nicht so breit aufgestellt wie andere Klubs. Wichtig ist für uns, dass wir die Spiele gegen vermeintlich schwächere Gegner gewinnen, da hatten wir in den vergangenen Jahren häufiger Probleme. Das ist eine neue Qualität und ein entscheidender Faktor. Alles, was wir bisher verloren oder unentschieden gespielt haben, war gegen Teams auf Augenhöhe. Hoffentlich bleibt das so.

Im DHB-Pokal haben die Füchse schon einmal in dieser Saison in Flensburg gewinnen können. Welche Chancen rechnen Sie sich für das Punktspiel aus?
In Flensburg haben wir eigentlich immer ganz gut ausgesehen in den letzten Jahren. Klar haben wir im Pokal gewonnen, aber der Sieg ist jetzt auch nichts mehr wert. Wir fahren da schon mit dem Gefühl hin, gewinnen zu können. Aber wir wissen natürlich auch, dass es eine schwere Aufgabe wird, wenn bei Flensburg alle an Bord sind und die Mannschaft ins Rollen kommt. Zumal es auch nicht so ist, dass wir keine Sorgen und Probleme haben. Petar Nenadic spielt nicht mehr für die Füchse, das merkt man unserem Angriffsspiel an, unser Neuzugang Stipe Mandalinic ist auch noch nicht richtig angekommen, so ehrlich muss man sein. Dazu kommt die Verletzung von Paul Drux.

Zehn Spieltage vor Saisonende fällt auf, dass noch keine offizielle Zielvorgabe aus der Mannschaft zu hören ist. Manager Bob Hanning spricht immer wieder vom großen Ziel Champions League. Ist das realistisch?
Die Tabelle ist so eng, dass man mit ein, zwei Niederlagen schnell abrutschen kann. Deshalb ist es wirklich schwierig, ein Saisonziel auszugeben. Und zum Thema Champions League kann ich nur sagen: Natürlich wollen wir da spielen! Aber mit unserem aktuellen Kader wird das schwer, gerade aufgrund der hohen Belastung. Damit meine ich gar nicht unbedingt die Spiele, sondern das Drumherum, die Reisen, der Stress, die kurze Vorbereitungszeit auf den nächsten Gegner. Da müssen wir uns nicht in die Tasche lügen: Mit dem aktuellen Kader ist das kaum zu machen. Zudem ist im Moment auch noch gar nicht klar, dass Platz drei für die Qualifikation zur Champions League reicht.

Der europäische Verband EHF hat der deutschen Handball-Liga mit dem Entzug eines Startplatzes gedroht, falls der Streit um den Terminkalender nicht beigelegt wird. Wie verfolgen Sie diese Debatte?
Das ist schon harter Tobak, was in den letzten Tagen und Wochen passiert ist. Das Problem ist gar nicht mal die Belastung, die ist seit Jahren hoch und wird auch in Zukunft nicht weniger werden. Wer anderes erwartet, glaubt wahrscheinlich auch an den Weihnachtsmann. Der große Streitpunkt ist die Terminierung: Es kann doch nicht sein, dass eine Mannschaft wie die Rhein-Neckar Löwen innerhalb von 24 Stunden zwei Mal spielen muss, im konkreten Fall am Samstag in der Bundesliga in Leipzig und am Sonntag in der Champions League in Barcelona. Da haben sich die Verbände offenbar nicht gut beziehungsweise gar nicht abgesprochen. Wir Spieler müssen ausbaden, dass die bürokratischen Wege nicht funktionieren, auch die Fans leiden darunter. Die Rhein-Neckar Löwen schicken notgedrungen ihre zweite Mannschaft zum Champions-League-Achtelfinale, das muss man sich mal vorstellen! Normalerweise sind das die Spiele, auf die man monatelang hinarbeitet.

Das Gespräch führte Christoph Dach.

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