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Mode Plus Size: Kaschieren ist mein Hasswort

In der Plus-Size-WG wurde Mode in großen Größen nicht nur besprochen, sondern gelebt. Die Frauen fühlen sich von den Designern vernachlässigt.

Es gibt im Film „Pretty Woman“ eine eindrückliche Szene, in der Julia Roberts, elegant neu eingekleidet in den Laden geht, in dem sie zuvor als Bordsteinschwalbe nicht bedient wurde, und mit Geld um sich wirft. Dasselbe Szenario kann man sich auch bei Plus Size Bloggerin Elisabeth Januszek vorstellen. „Es ist ganz egal, wie viel Geld ich auf dem Konto habe, offenbar wollen die Designer es nicht haben“, sagt sie. Die anderen Frauen in der eigens zur Fashion Week eingerichteten Blogger-WG in Kreuzberg von Navabi pflichten ihr bei. Sie fühlen sich von den Designern vernachlässigt.

Die Frauen berichten über Mode, Kosmetik und ihren täglichen Kampf gegen die Vorurteile der Gesellschaft. „Ich sitze nicht herum und fresse mich voll,“ sagt eine. Alle betonen, dass sie sich gesund ernähren und Sport treiben. Eine der Bloggerinnen berichtet, dass ihr neuer Freund ganz erstaunt bemerkte, dass sie gesund koche. „Was dachtest du denn? Dass ich mir jeden Tag ein Ofenmenü mache?“ habe sie geantwortet. Die Gesellschaft denke immer noch, Dicksein sei gleichbedeutend mit Faulsein.

Dagegen möchten die Bloggerinnen angehen. Auf den Blogs sieht man sie aktiv, in bloggertypischen Posen, wie man sie von schlanken Influencern kennt, auch mal im Badeanzug. Nicht leicht sei das am Anfang gefallen, sich so der Öffentlichkeit auszuliefern, aber Selbstakzeptanz steht im Zentrum der Bewegung um „Self Love“ und „Body Positivity“, die aus den USA nach Europa herüber schwappen. Die Beschäftigung damit kann aber auch zum Zwang werden. „Ich muss mich nicht immer lieben. Ich muss gar nichts“, sagt Christine Clench.

„Kaschieren“, da sind sich alle einig, ist das schlimmste Hasswort, das die Modebranche für sie bereithält

Der Maßstab, den die Gesellschaft anlegt, ist außerdem nicht für alle der gleiche. Januszeks Bruder ist ebenfalls Plus Size Blogger. „Er denkt nicht darüber nach, ob er zu dick für eine Frau ist,“ sagt sie. „Fülligere Männer haben kein Problem eine Frau oder einen Job zu finden. Die ziehen eine Jeans und ein T-Shirt an und das reicht aus, um akzeptiert zu werden.“

„Kaschieren“, da sind sich alle einig, ist das schlimmste Hasswort, das die Modebranche für sie bereithält. „Mode für größere Größen läuft immer noch unter dem Motto: Schummeln sie sich zwei Größen kleiner. Ich will das nicht. Ich möchte ein Kleid tragen, weil es einen schönen Schnitt hat oder cool aussieht und sonst nichts“, sagt Charlotte Kuhrt. „Ich möchte aktuelle Trends jetzt haben, nicht erst zwei Saisons später“, wünscht sich Chrstine Clench. Und Julia Kremer würde gerne zusammen mit ihren schlanken Freundinnenen shoppen gehen und nicht nur sie dabei begleiten und beraten.

„Es ist aber auch schon viel passiert. Vor fünf Jahren hätte ich nie gesagt, dass ich Übergrößen kaufe. Da war Mode für Übergroßen Ulla Popken. Es gab sonst wirklich nichts. Heute kann man sich schon sehr modisch kleiden als Frau mit starken Kurven.“ Mitverantwortlich für diesen Wandel ist der Onlinehändler Navabi, der aus Aachen kommt und seit 2009 Mode verkauft. Navabi bietet laut eigener Aussage „sogar mehr Plus Size Styles als H&M und Zara zusammen ihren dünnen Kundinnen bieten.“

Auch auf der Berlin Fashion Week gab es ein paar Plus-Size-Entwürfe zu sehen. Vielleicht gehen die Wünsche der sechs ja bald in Erfüllung.

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