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Gesundheit! Wenn Kinder erkältet sind, müssen sie nicht immer deshalb zu Hause bleiben.

© Getty Images

Kolumne: Der Kinderdok: Was tun gegen die ewige Schnudelnase?

Der Kinderdok berichtet anonym und schonungslos vom täglichen Wahnsinn seiner Arbeit. Diese Woche geht's um die Schniefnase. Jetzt auch als Podcast.

Neulich in der Praxis fragte mich eine Mutter, warum ihr Kind ständig diese Schnudelnase habe. Ich guckte unverständig, da ich aber dem hiesigen Dialekt freundlich zugewandt bin, erkannte ich schließlich die umgangssprachliche Formulierung einer dauerhaften Lauf-, Schnodder- oder Rotznase. Der klinische Blick erfasste dann die rote Nasolabialfalte und die Schleifspur auf beiden Ärmelaufschlägen. Dass das nun schon drei bis vier Wochen ging, war dem Kleinen anzumerken.

Die perfekte Jahreszeit, oder? Das Kleine frisch in die Kita aufgenommen, noch September, mitten hinein in die Zeit, in der sich Viren und Bakterien wortwörtlich die Klinke in die Hand geben. Wie beim Winterreifentausch rotzt die Nase von O bis O, von Oktober bis Ostern. Kleinkinder sind zehn bis zwölf Mal pro Jahr erkrankt, mit einer Dauer von gut zehn Tagen und einem Überhang im Winterhalbjahr. Da lässt sich ausrechnen, dass die Schnudelnase monatelang Freude macht.

Keine Sorge: Das ist alles ganz normal und stärkt das Immunsystem. Jeden Virus bekommt man nur einmal. Dumm nur, dass es genug davon gibt. Erst, wenn sich sogenannte Majorinfekte häufen, also Lungen- und Blasen- oder ständige eitrige Rachenentzündungen, wird der Kinderarzt an eine Immunschwäche denken. Die Schwelle dazu liegt medizinisch-verantwortlich wesentlich höher, als uns das manche Eltern-Internetforen vermitteln wollen.

Entspannung und Gelassenheit sind die Schlüsselwörter

Eigentlich kann ein Kind mit laufender Nase in den Kindergarten, wenn es sich sonst wohlfühlt. Es wäre illusorisch zu glauben, man dämme die Erkältungswellen in den Tageseinrichtungen ein, wenn alle daheim blieben. Nur bei Fieber hört der Spaß auf. Oder wenn das Gefühl sagt, das Kind erhole sich zu Hause besser.

Entspannung und Gelassenheit sind die Schlüsselwörter bei der Infektheilung. Frei verkäufliche Hustensäfte oder Erkältungsmittel verkürzen den Verlauf nur unwesentlich, Komplexpräparate, die die Werbefiguren auf Partys tanzen lassen, sind für Kinder schon gar nicht geeignet.

Da greifen wir lieber zu den guten Hausmitteln, die bereits unsere Oma empfahl: heiße Milch oder Tee mit Honig, ein paar Nasentropfen hie und da, am Abend ein Erkältungsbad oder liebevolles Waschen im Bett. Überhaupt Liebe: Jede Erkältung nimmt sofort Reißaus beim Schlafen neben den Eltern im Bett, Vorlesen aus dem Lieblingsbuch oder stundenlangem Im-Arm-getragen-Werden. Dazu lange Spaziergänge, frische Schlafzimmerluft, Natürlichkeit pur, sogar ohne duftende Ätheröle, die mehr nach Kranksein riechen als wirklich helfen.

Und wenn dann drei Tage kommen, drei Tage stehen, drei Tage gehen, hat das Kind nochmals drei Tage Ruhe bis zum nächsten Virus, oder es hat den aktuellen an die Eltern weitergegeben. Abstandhalten und Händewaschen, Obstsalat und Jogging- oder Saunarunden können uns Erwachsene nur kurz feien, bevor die Kinderviren zuschlagen. Dann gilt bei uns das Gleiche: viel Liebe und Schlaf. Okay, und vielleicht ein warmes Bier.

Unser Kolumnist betreibt eine Praxis in Süddeutschland, bloggt unter kinderdok.blog und schreibt ab sofort alle vier Wochen an dieser Stelle.

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