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Abheben oder am Boden bleiben? Auch die Pilotenorganisationen sind dabei, wenn sich am Freitag in Rom Gewerkschaften aus verschiedenen Ländern und mit verschiedenen Zuständigkeiten über die tarifpolitische Strategie austauschen.

© rtr

Billigflieger: Neue Streiks bei Ryanair in Sicht

Erstmals Tarifverhandlungen für das Kabinenpersonal von Ryanair in Berlin. Verdi ist auch unzufrieden mit Eurowings-Angebot.

Der Widerstand der Arbeitnehmer gegen ihren Arbeitgeber Ryanair formiert sich. Am kommenden Freitag treffen sich Gewerkschaften aus verschiedenen Ländern in Rom, um über ihre Strategien im Bemühen um bessere Arbeitsbedingungen zu beraten. Das ist das erste Treffen dieser Art. Es gab in den vergangenen Wochen zwar Annäherungen zwischen Pilotenorganisationen in Italien und Irland auf der einen und dem Ryanair-Management auf der anderen Seite. Doch es überwiegt die Einschätzung, dass die bisherigen Vorschläge des Billigfliegers zur Aufwertung seiner Belegschaft unzureichend sind.

Es geht um 1000 Flugbegleiter

„Ryanair hat mit diesem Angebot gezeigt, dass sie nicht bereit sind für echten Wandel“, sagte Verdi-Vorstandsmitglied Christine Behle. Die Dienstleistungsgewerkschaft verhandelte am Mittwoch über die Arbeitsbedingungen von rund 1000 Flugbegleitern an den zwölf deutschen Ryanair-Standorten. Nach einem ersten Treffen vor zwei Wochen in Dublin hatte Ryanair nach Angaben der Gewerkschaft für 2019 die Umwandlung einer Leistungsprämie sowie eine Erhöhung pro Flugstunde um 50 Cent angeboten. Für 2020 sei eine Entgelterhöhung um 41 Euro im Monat in Aussicht gestellt worden, was für Verdi „völlig indiskutabel“ ist. Bis Redaktionsschluss dauerten die Verhandlungen an.

In den vergangenen Monaten hatte es immer wieder Streiks gegeben von Beschäftigten des Unternehmens, dessen Geschäftsmodell mit extrem billigen Flugtickets ermöglicht wird durch entsprechende Arbeitsbedingungen und dem Einsatz vieler Scheinselbstständiger und Leiharbeitnehmer zu schlechten Löhnen. So sind von den 1000 Flugbegleitern hierzulande gut die Hälfte angestellt bei zwei Leiharbeitsfirmen, mit denen Verdi separate Tarifverhandlungen führen muss. Diese Firmen sind aber wiederum abhängig von Ryanair und können kaum autonom Tarife abschließen.

Es gibt maximal 1800 Euro brutto

Fast alle in Deutschland eingesetzten Flugbegleiter stammen nach Angaben von Verdi aus Süd- und Osteuropa, ganz überwiegend sind es Frauen zwischen 18 und 25 Jahren. Ob sich ausreichend viele von diesen Stewardessen in der Gewerkschaft organisieren und bereit sind, für ihre Interessen auch in einen Arbeitskampf zu ziehen, wird sich vermutlich bald zeigen. Denn bei Verdi geht man nicht davon aus, mit dem Ryanair–Management „friedlich“ einen Tarif mit höheren Einkommen erreichen zu können.

Nach Angaben der Gewerkschaft verdienen die Flugbegleiterinnen maximal 1800 Euro brutto. Bei Easyjet dagegen seien es es fast 1000 Euro mehr. Ryanair weist diese Angaben zurück; das Personal bekomme bis zu 40 000 Euro im Jahr.

Leiharbeiter müssen fest eingestellt werden

Die Verhandlungen sind auch deshalb komplex, weil es um zwei Beschäftigtengruppen geht – direkte Ryanair-Beschäftigte und Leiharbeitnehmer –, die auf verschiedenen Rechtsgrundlagen tätig sind. Nach deutschem Recht müssen Leiharbeitnehmer nach einer bestimmten Einsatzzeit im Unternehmen von dem Unternehmen eingestellt werden – das ist bei Ryanair im Oktober der Fall. Gegen diese gesetzliche Vorgabe darf nur verstoßen werden mit Hilfe eines Tarifvertrags, weshalb Ryanair durchaus Interesse hat an einem solchen Tarifvertrag. Gleichzeitig droht der Billigflieger aus Dublin mit der Versetzung der in Deutschland stationierten Flugbegleiterinnen in andere Länder, um der Einstellungspflicht zu entgehen. Auf einen Schlag mehr als 500 Beschäftigte zu versetzen dürfte indes schwierig werden. „Die zocken sehr“, heißt es in Gewerkschaftskreisen über das Vorgehen des irischen Managements. Alles in allem laufe es deshalb wohl auf einen Arbeitskampf hinaus.

Piloten haben einen Tag gestreikt

Was bereits mit einem eintägigen Ausstand erreicht beziehungsweise angerichtet werden kann, hatte vor vier Wochen die Pilotenvereinigung Cockpit (VC) gezeigt: Hunderte Flüge fielen aus, 55 000 Passagiere kamen nicht weg. Die VC erwägt derzeit ein Schlichtungsverfahren, wie es bereits in Irland und Italien zum Einsatz gekommen war. Eher nach Zuspitzung sieht es derzeit bei der Lufthansa-Tochter Eurowings aus. Die mittlerweile zehnte Verhandlungsrunde für rund 1000 Kabinenbeschäftigte der Eurowings GmbH blieb gerade in Düsseldorf ergebnislos. Es gab ein Angebot, „das wir jetzt bewerten“, hieß es dazu bei Verdi.

Schlechte Aussichten für die LGW

Eher trübe sieht es aus Sicht der Gewerkschaft bei der Luftfahrtgesellschaft Walter (LGW) aus, die Anfang des Jahres von der insolventen Air Berlin übernommen und in die Eurowings-Gruppe integriert worden war. Dabei waren Streckenrechte (Slots) und Flugzeuge der Air Berlin auf die LGW übertragen worden. Verdi befürchtet, dass es Lufthansa/Eurowings ausschließlich um diese Rechte und keineswegs auch um die 400 übernommenen Mitarbeiter geht. Am vergangenen Freitag waren Verhandlungen über eine Beschäftigungsgarantie und die Gehälter ohne Ergebnis geblieben, noch in dieser Woche soll es weitere Gespräche mit Eurowings/LGW geben.

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