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Das Unternehmen Otto, 1949 von Werner Otto gegründet, kennt fast jeder. Doch der Händler ist heute ein völlig anderer als früher.

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Das deutsche Amazon: Beim Otto-Versand ist der Katalog nur noch Nebensache

Zuerst kam Otto, dann das Internet. Heute läuft auch bei dem Hamburger Versandhändler fast alles online. Der Konzern hat sich massiv gewandelt - mit fast 100 verschiedenen Shops von MyToys bis Manufactum.

Von Maris Hubschmid

Vorweg: Den Katalog gibt es immer noch. So einen richtigen, auf echtem Papier. Als Vertriebsweg allerdings spielt er bei Otto kaum noch eine Rolle. Vielmehr als Marketinginstrument, Kunden lassen sich beim Blättern inspirieren – und bestellen dann im Internet. Ein bisschen Nostalgie schwingt sicher auch mit, wenn sie den Otto-Katalog aus dem Briefkasten ziehen.

Otto, das war einmal Deutschlands Versandhändler Nummer Eins – in einer Welt vor Amazon. Heute dominiert der US-Konzern den Markt mit schier uneinholbarem Abstand, setzte im Jahr zuletzt rund 7,8 Milliarden Euro um. Doch auch Otto ist in der Welt des E-Commerce angekommen: 2,6 Milliarden Euro erwirtschaftete der Onlineshop im selben Zeitraum und schaffte es damit immerhin auf Platz zwei vor dem Berliner Erfolgsmodell Zalando, das jedoch aktuell weit schneller wächst.

Wenn Otto.de Ende März neue Zahlen vorlegt, könnte der Händler die Position des Vize eingebüßt haben – zumal Modehändler Zalando bereits ein Wachstum von mutmaßlich 23 Prozent in Aussicht gestellt hat. Mit umfassenden Kampagnen („Gefunden auf otto.de“, „Deutschland testet Otto“) hatte das Familienunternehmen seinen Internetauftritt im vergangenen Jahr intensiv beworben, und dabei scharf an seinem Image gearbeitet. Otto, 1949 gegründet, kennen quasi alle – aber kennen sie es wirklich? Auch Unerwartetes, so die Botschaft, findet sich auf Otto.de.

MyToys, Bonprix und Manufactum gehören zu Otto

Überraschen dürfte viele Deutsche auf jeden Fall, was heutzutage alles zu Otto gehört. Denn die Kernmarke macht nur noch etwa 20 Prozent des Hamburger Unternehmens aus. Zur Otto Group gehören an die 100 Onlineshops, darunter, um nur einige bekannte zu nennen: MyToys, Baur, Schwab, Mirapodo, Heine, Lascana oder Bonprix, das sich in der Top Ten der populärsten Versandhändler derzeit auch seinen Weg nach oben bahnt. Der Paketdienst Hermes ist ebenso Teil der Otto Gruppe wie der Bezahldienst RatePay und das Unternehmen Manufactum.

Beteiligungen und Zukäufe gehören längst zum Kern der Firmenstrategie des Konzerns, der weltweit etwa 49.600 Mitarbeiter beschäftigt, davon mit 25.800 nur noch gut die Hälfte in Deutschland. Im Geschäftsjahr 2015/2016 verbuchte er international einen Gesamtumsatz von mehr als zwölf Milliarden Euro. Dabei ist E-Commerce der Haupt-Umsatztreiber – mit voraussichtlich knapp zehn Prozent Wachstum, wie Rainer Hillebrand, Strategievorstand und stellvertretender Vorsitzender der Otto Group, am Dienstag in Berlin bekanntgab. Das entspricht einem Plus von voraussichtlich 615 Millionen Euro. Im deutschen Online-Geschäft setzte die Gruppe mit ebenfalls fast zehn Prozent Zuwachs im Bereich E-Commerce knapp fünf Milliarden Euro um.

Der große Konkurrent Quelle ging unter

Die digitale Transformation, sie war und bleibt die Herausforderung für den traditionsreichen Versender. Andere haben sie verpasst, wie ein Blick auf Ottos einst größten Konkurrenten Quelle zeigt – zwar existiert auch heute wieder eine Website mit dem Namen Quelle, mit dem früheren Quelle-Katalog hat die aber nur noch den Namen gemein.

Und wie sieht sich Otto im Jahr 2017, zwischen Amazon, dem omnipräsenten Allrounder, und Zalando, dem erfolgreichsten Modehändler Europas? „Amazon ist ein Technologieunternehmen, das Waren verkauft. Wir sind der menschliche, anfassbare Onlinehändler“, meint Strategiekopf Hillebrand. Persönlicher Service sei ein ganz wichtiger Faktor. „Wir sind 24 Stunden sieben Tage die Woche für die Kunden da, und zwar als Menschen.“ Maßgeschneiderte Angebote, direkte Ansprache – am Ende entscheide die Personalisierung, ob der Kunde bei A oder B kauft, ist sich Hillebrand sicher und sieht sein Unternehmen in diesem Trend vorn. „Nur Modelle mit direktem Kundenzugang gewinnen.“

Mehr Mode als Zalando

Ob im übrigen Zalando tatsächlich Europas größter Modehändler sei, bei Otto gibt man sich zweifelnd. Wenn man reine Modehändler betrachte, bestimmt – ein solcher sei Otto natürlich nicht. Aber Fashion mache in der Gruppe deutlich mehr als die Hälfte des Umsatzes aus.

Immerhin ein Drittel, gut eine Milliarde Euro, entfällt in Deutschland auf die Sparte „Möbel und Einrichten“, gefolgt von Elektronik. In dieser Hinsicht unterscheidet sich das heutige Geschäft erstaunlich wenig vom Kataloggeschäft vergangener Jahrzehnte. Damals wie heute können die Kunden bei Otto sowohl Streifenleggins und Stehlampen als auch Waschmaschinen bestellen. „Lediglich Elektronik spielt inzwischen eine etwas größere Rolle“ – wie überall.

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