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Wirtschaft: Das Land der teuren Pillen

Experten errechnen für Deutschland Milliardeneinsparungen bei Medikamenten und fordern Rabatte.

Berlin - Trotz erzwungener Rabatte sind die Arzneimittelausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im vergangenen Jahr leicht gestiegen. Dem Arzneiverordnungsreport zufolge, der am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde, gaben die Kassen 2012 30,6 Milliarden Euro für Medikamente aus, 2,6 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Für den Report wurden mehr als 700 Millionen Rezepte gesetzlich Versicherter ausgewertet.

Ein Grund für den Anstieg ist, dass 2012 höhere Mengen an Arzneien verschrieben wurden. Zudem seien die Kosten durch veränderte Packungsgrößen oder die häufigere Verordnung teurer Präparate gestiegen.

Die Autoren des Reports, der im Vorfeld von der Pharmaindustrie scharf kritisiert wurde, halten trotz des moderaten Kostenanstiegs viele Arzneien in Deutschland für massiv überteuert. So hätten im vergangenen Jahr bei gleichbleibender Versorgungsqualität 3,7 Milliarden Euro eingespart werden können, sagte Herausgeber Ulrich Schwabe von der Universität Heidelberg. Das größte Sparpotenzial mit 2,5 Milliarden Euro entfiele dabei auf sogenannte Analogpräparate, die nur geringfügig anders wirkten als ältere Mittel, durch ihren Patentschutz aber teurer seien.

Bei neu zugelassenen Präparaten, die die mit der Arzneimittelmarktreform eingeführte „frühe Nutzenbewertung“ durchlaufen hätten, habe man im vergangenen Jahr 120 Millionen Euro eingespart. Zwar bringe die Industrie immer wieder neue Wirkstoffe auf den Markt, ein Großteil davon sei aber nicht besser als die älteren, sagte Josef Hecken, Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA). Das Gremium ist für die Nutzenbewertung zuständig. „Nur jede fünfte von uns bewertete neue Arznei hat einen beträchtlichen Zusatznutzen“, sagt Hecken.

Daher fordern die Experten eine Verlängerung der Sparmaßnahmen, die zum Jahresende auslaufen. Sollten die Zwangsrabatte wegfallen, rechnet die AOK für 2014 mit einer Ausgabensteigerung von fast neun Prozent. Der Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) forderte dagegen die Politik auf, die Preiseingriffe zu beenden. Die Arzneimittelausgaben seien stabil, das rechtfertige das Auslaufen des Zwangsrabattes. Jahel Mielke

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