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Kratzer. Die Marke mit dem Stern hat ein „Diesel-Problem“.

© Ralf Hirschberger/dpa

Diesel-Affäre: Daimler ruft zurück, VW wirft raus

Der Stuttgarter Konzern muss offenbar 700.000 Diesel nachbessern, 280.000 davon in Deutschland. VW entlässt derweil frühere Top-Manager - der Konzern-Chef steht unter einem neuen Verdacht.

Neuer Ärger für Daimler und Volkswagen im Diesel-Skandal. Berichten zufolge muss der Stuttgarter Autobauer Hunderttausende Fahrzeuge auf Anordnung des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) zurückrufen und mit einer neuen Software nachbessern. Im VW-Konzern werden derweil Führungskräfte entlassen, die mutmaßlich in den Dieselskandal involviert waren. Ob Konzernchef Herbert Diess tatsächlich erst wie die Öffentlichkeit Mitte September 2015 von den millionenfachen Manipulationen an Dieselmotoren erfuhr, ist zweifelhaft. Berichten zufolge, die sich auf Dokumente der Staatsanwaltschaft Braunschweig berufen, war auch Diess frühzeitig über das Ausmaß des Betrugs im Bilde.

Offenbar 24 verschiedene Mercedes-Modelle betroffen

Beim Wettbewerber Daimler zeichnen sich die Dimensionen gerade erst ab. Von Betrug ist hier noch keine Rede und der Konzern will sich auch mit allen juristischen Mitteln gegen den Verdacht wehren, er habe wie Volkswagen illegale Abschalteinrichtungen in seine Diesel-Motoren eingebaut. Zugleich hat sich Daimler aber mit dem Bundesverkehrsministerium und dem KBA darauf verständigt, Tausende Fahrzeuge mit einem Software-Update zu versehen. Von einem entsprechenden Rückruf, den das KBA Ende Juli angeordnet haben soll, sind nach „Spiegel“-Informationen insgesamt 700 000 Autos in Europa betroffen, davon 280 000 in Deutschland. Das Magazin zitiert einen Sprecher, der erklärte, es handele sich bei der Maßnahme um den Rückruf, den Daimler-Chef Dieter Zetsche bei zwei Treffen im Mai mit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) in Berlin besprochen habe. Die betroffenen Kunden, so heißt es, sollen informiert werden, sobald die Updates genehmigt sind. Betroffen sind laut „Spiegel“, der sich auf eine KBA-Liste beruft, 24 frühere und aktuelle Modelle der C-, E-, G- und S-Klasse sowie Vans und Transporter.

VW entlässt früheren Entwicklungschef Neußer

Während sich Daimler also mit der technischen Aufarbeitung befassen muss, hat der Abgas-Skandal bei Volkswagen weitere personelle Konsequenzen auf der früheren Führungsetage. Einem Bericht der „Bild am Sonntag“ nach trennt sich das Wolfsburger Unternehmen vom früheren Entwicklungschef der Marke VW. Dem beurlaubten Vorstand Heinz-Jakob Neußer werde in diesen Tagen die fristlose Kündigung zugestellt, schreibt das Blatt. VW wollte den Bericht unter anderem mit Verweis auf die arbeitsvertraglichen Verschwiegenheitspflichten als Arbeitgeber nicht weiter kommentieren. Eine Stellungnahme von Neußer war zunächst nicht zu erhalten. Nach Darstellung der Zeitung will Neußer gegen die fristlose Kündigung juristisch vorgehen.

Neußer war 2015 im Zuge des Skandals als Entwicklungsvorstand der Marke VW beurlaubt worden. Er gehört auch zu der Gruppe von VW-Mitarbeitern, die in den USA angeklagt wurden. Neben Neußer will sich VW auch von weiteren Mitarbeitern trennen, die in die Affäre verwickelt sind. Kurz nach Bekanntwerden des Skandals hatte Volkswagen seine Mitarbeiter aufgefordert, die Hintergründe offenzulegen. Allerdings kritisierte der US-Aufseher Larry Thompson laut „Bild am Sonntag“ fehlende personelle Folgen.

49 Beschuldigte bei Braunschweiger Staatsanwaltschaft

Die Braunschweiger Staatsanwaltschaft hat 39 Beschuldigte im Fall der Software-Manipulationen beim Stickstoffdioxid-Ausstoß im Visier, in drei weiteren Fällen geht es um Marktmanipulation. Insgesamt gibt es 49 Beschuldigte. Zusätzlich zu Vorwürfen der Software- und Marktmanipulation geht es um falsche CO2- und Verbrauchsangaben sowie um einen Mitarbeiter, der zur Datenlöschung aufgerufen haben soll. Die Anklagebehörde ermittelt unter anderem auch gegen Ex-VW-Konzernchef Martin Winterkorn sowie gegen den neuen Konzernchef Herbert Diess und den Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch wegen möglicher Marktmanipulation. Sie sollen den Kapitalmarkt zu spät informiert haben.

Diess soll nach einem „Spiegel“-Bericht bereits am 27. Juli 2015 bei einer internen Sitzung von der illegalen Software in der Motorsteuerung erfahren haben. Dies gehe aus unveröffentlichten Unterlagen der Staatsanwaltschaft Braunschweig hervor. Teilgenommen an diesem Treffen hätten neben Diess , der damals erst seit Kurzem VW-Markenchef war, der damalige Konzernchef Martin Winterkorn sowie Motorenentwickler und Qualitätsmanager. Ein VW-Sprecher bestätigte die interne Sitzung und erklärte: „Darüber hinaus lässt sich der konkrete Inhalt der Besprechung – bei der Martin Winterkorn und Herbert Diess anwesend waren – nicht mehr vollständig rekonstruieren, da die Erinnerung der anwesenden Personen teilweise voneinander abweichen.“ (mit dpa)

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