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 on IT-Sicherheit bis Medientechnologie: Viele Ausbildungen werden digitaler und bieten Jugendlichen spannende Möglichkeiten.

© imago/Science Photo Library

Digitalisierung in der Berufsausbildung: Sprung in die Zukunft

Was die Digitalisierung in der Berufsausbildung verändert – und wer davon profitiert.

Wer heute eine Ausbildung in Handwerk, Verwaltung oder im Dienstleistungssektor macht, der lernt nicht nur in der Werkstatt, am Schreibtisch oder bei echten Aufträgen. An den Berufsschulen wird der Ernstfall zunehmend in virtuellen Welten simuliert. Zum Beispiel, wenn es um Abläufe geht, für die Spezialmaschinen benötigt werden. „Augmented Reality“ heißt das Zauberwort. Per Computer können Lehrlinge ins Innere von Maschinen blicken oder Problemfälle simulieren.

Damit diese Entwicklung im Ausbildungsalltag vorankommt, fördert das Bundesbildungsministerium den Einsatz solcher Technologien in der beruflichen Aus- und Weiterbildung mit mehr als 25 Millionen Euro im Jahr. Das Ziel: Die Fachkräfte von morgen sollen das Wissen bekommen, das sie für ihren Job brauchen – und Berufe, die derzeit wenig Nachfrage haben, sollen attraktiver werden.

In der Region Berlin-Brandenburg gibt es derzeit noch rund 18 500 Ausbildungsplätze. „Die Auswahl an Stellen war noch nie so groß, das Angebot noch nie so breit“, sagt Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB). Der digitale Wandel zwingt viele Branchen dazu, ihre Berufe an die neuen Anforderungen anzupassen. Zum Beispiel bei den Lehrberufen in der Metall- und Elektroindustrie. Die Azubis können sich im Bereich IT-Sicherheit weiterbilden, in der digitalen Vernetzung oder wenn es um Big Data geht – also die Verarbeitung von Datenströmen. Ähnliches gilt für die Chemieindustrie, auf dem Bau, im Handwerk oder im Garten- und Landschaftsbau. Überall spielt die Digitalisierung eine immer größere Rolle.

Neue Technologien lassen neue Beruf entstehen

Aber nicht nur die klassischen Berufsausbildungen verändern sich. Die neuen Technologien lassen auch neue Berufe entstehen. Ein Beispiel ist die Ausbildung zum E-Commerce Kaufmann, einem Spezialisten für den Online- Handel. Erstmals wird es dieses Angebot im Ausbildungsjahr 2018/2019 geben. „Die Digitalisierung stellt neue Anforderungen an das Personal. Es entstehen andere Tätigkeitsfelder, Prozesse und Geschäftsmodelle“, sagt Katharina Weinert, Abteilungsleiterin für Bildungspolitik und Berufsbildung beim Handelsverband Deutschland (HDE). Bereits jetzt zeigt sich, dass rund zehn Prozent des Gesamtumsatzes im Einzelhandel online erzielt würden. „Kaufleute im E-Commerce holen den Kunden das Einkaufserlebnis aufs Wohnzimmersofa“, sagt Weinert. Fachkräfte fehlen im Einzelhandel. Mit Hilfe der neuen Technologien erhofft sich die Branche, diese Lücke füllen zu können.

Digital muss sein – zumindest im Beruf. Doch bei der Bewerbung für die künftige Lieblingstätigkeit schlagen Schulabgänger noch immer eher den klassischen Weg ein. Das geht aus der Studie „Abenteuer Erstbewerbung“ hervor, veröffentlicht von der Agentur Jugendstil. Das Unternehmen hat sich auf Azubi- und Studierendenmarketing spezialisiert und analysiert, wie die Kandidaten an ihren Traumjob kommen.

75 Prozent nutzen den Kontakt per E-Mail

Junge Erwachsene nutzen nahezu täglich Apps auf ihrem Smartphone, chatten online, schauen Videos auf digitalen Plattformen, präsentieren sich selbst im Netz mit Fotos. Doch wenn es um die Bewerbung für eine Ausbildungsstelle geht, schicken rund zwei Drittel ihre Unterlagen per Post an das Unternehmen, etwa 75 Prozent nutzen den Kontakt per E-Mail. Nicht einmal jeder zweite füllt jedoch die Online-Firmenportale für die Bewerbung aus. Und nur zwei Prozent bewerben sich überhaupt via Apps. Dabei sind die angehenden Auszubildenden genervt vom Aufwand, den eine Bewerbung mit sich bringt. Anschreiben, Lebenslauf, Motivationsschreiben – das alles stresst die Bewerber. Hilfe holen sich die meisten bei den Eltern. Fast 70 Prozent bitten in der Familie um Rat.

Neue Formate könnten da Abhilfe schaffen und nicht nur den Jugendlichen helfen, sondern auch den Firmen. „Weniger formalisierte und niedrigschwellige Bewerbungswege können in diesem Zusammenhang einen Wettbewerbsvorteil für Ausbildungsbetriebe darstellen“, sagt Ichrak Boubaker. Unternehmen müssten Interessierten glaubhaft vermitteln, dass eine Bewerbung per App genauso gut ankommt wie die klassische schriftliche Bewerbung.

Bewerber lassen zunehmend Algorithmen für sich arbeiten

Der Experte für Personalpolitik und Ausbildung, Jo Diercks, geht sogar noch weiter. Er meint, dass künstliche Intelligenz künftig viel stärker im Bewerbungsverfahren zum Einsatz kommt. Einerseits als Entscheidungshilfe für die Unternehmen, für die beispielsweise ein Bot (Computerprogramm) die Vorauswahl bei den eingegangenen Unterlagen trifft. Diercks ist Geschäftsführer von Cyquest, einem Unternehmen, das sich Formate zur Personalrekrutierung anbietet. Für die BVG hat die Firma eine Plattform entwickelt, die im Tinder-Stil nach neuem Personal sucht und so junge Talente finden kann.

Aber: „Die Bewerber selber werden zunehmend Algorithmen für sich arbeiten lassen“, sagt Diercks. So könnten etwa Profile auf Bewerbungsplattformen hinterlegt und passende Angebote gesucht werden. „’Ich lasse mich finden’ “ ist eine große Überschrift für 2030.“ Noch ist das Zukunftsmusik. Doch der Weg dahin wird derzeit rasant vorbereitet.

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