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Gamer testen auf der Gamescom 2017 in Köln neue Spiele.

© dpa/ Henning Kaiser

Gamescom 2018 in Köln: Wie die Berliner Games-Branche boomt

Die deutsche Computerspielbranche hat Probleme, in Berlin dagegen boomt die Branche. Das ist von diesem Dienstag an auf der Gamescom 2018 in Köln zu sehen.

Die Gamescom ist auf Rekordkurs. Zur weltgrößten Computerspielmesse kommen von Dienstag bis Samstag mehr als 1000 Aussteller nach Köln. Firmen aus über 50 Ländern haben ihre Teilnahme bestätigt. Auch Berlin ist bei der Gamescom so präsent wie nie zuvor: Ein Zeichen dafür, wie vielfältig die Games-Branche in der Hauptstadtregion mittlerweile ist. Nicht nur große Studios wie Wooga oder Ubisoft mischen kräftig mit. Sondern auch immer mehr kleine, unabhängige Entwickler – und eine ganze Menge Dienstleister.

Dabei hat die Computerspielbranche auf Bundesebene zuletzt keine sonderlich guten Schlagzeilen gemacht. So ist der Marktanteil deutscher Spiele im Inland weiter gefallen – von 6,4 Prozent im Jahr 2016 auf nur noch 5,4 Prozent im vergangenen Jahr. Der Branchenverband game, von dem die Zahlen stammen, sieht daher dringenden Handlungsbedarf. Geschäftsführer Felix Falk fordert, dass ein von der Bundesregierung geplanter Fördertopf möglichst bald eingerichtet wird. Besonders die jungen Spielefirmen sollen von den Geldern profitieren und damit die deutsche Games-Branche beleben. Vorbilder sind Länder wie Kanada oder England, die dank konsequenter Spieleförderung zur Weltspitze gehören.

Berliner Spielefirmen würden gewiss von der bundesweiten Förderung profitieren. Doch auch aus sich selbst heraus entwickelt der Standort eine außergewöhnliche Dynamik. Es ist vor allem die Mischung unterschiedlicher Firmen, die in Berlin stimmt. Große Studios mit teils mehreren hundert Mitarbeitern dienen als Leuchttürme mit weltweiter Anziehungskraft, ob sie nun Ubisoft oder Yager, Wooga oder Softgames heißen.

Unabhängige Spielefirmen, von ehemaligen Mitarbeitern der Großstudios gegründet

Daneben entstehen immer mehr kleine, unabhängige Spielefirmen, die oft von ehemaligen Mitarbeitern der Großstudios gegründet werden – Beispiele sind die Studios Maschinen-Mensch („The Curious Expedition“) und Inbetweengames („All Walls Must Fall“). Einige Kleinstudios haben es mit ihren Produktionen bereits zu größerer Bekanntheit gebracht – etwa Jo-Mei Games, das gerade „Sea of Solitude“ entwickelt, ein Spiel über Einsamkeit und Depression. Der Titel wird mittlerweile vom Branchenriesen Electronic Arts vermarktet.

Das Entwickler-Duo Jan Bubenik und Daniel Helbig von Megagon Industries.
Das Entwickler-Duo Jan Bubenik und Daniel Helbig von Megagon Industries.

© promo

Der dritte Standpfeiler der Berliner Games-Branche sind Dienstleister mit teils weltweiter Kundschaft. Dazu zählt etwa die Firma Altagram, die Computerspiele für bestimmte Länder lokalisiert. Oder auch das Unternehmen App Annie, das seinen Kunden Analysedaten aus dem höchst unübersichtlichen App-Markt liefert. Gleich mehrere dieser Dienstleister sind am Messestand der Hauptstadtregion vertreten – mit 320 Quadratmetern übrigens der größte Regionalstand auf der Gamescom. „Wir haben kleine und große Unternehmen, Entwickler, Publisher und Dienstleister dabei“, sagt Maria Wagner vom Branchenverband media:net. Dessen Initiative games:net organisiert den Messestand mit Unterstützung von Berlin und Brandenburg.

Altagram wurde Ende 2013 in Friedrichshain gegründet. „Wir haben mit drei Leuten angefangen und sind bis Anfang 2017 auf 25 Team-Mitglieder gewachsen“, sagt Altagram-Managerin Irene Preuss. Inzwischen hat die Firma mehr als 60 Mitarbeiter und eröffnete neue Büros in Seoul und Montreal, „Unser Kerngeschäft ist die Rundum-Lokalisierung von Computerspielen“, sagt Preuss. Dazu zählen die Übersetzung und Synchronisation von Games, aber auch deren „Kulturalisierung“, also die Anpassung an lokale Geschmäcker und Gewohnheiten. So sind zum Beispiel in China Darstellungen von Skeletten und Totenköpfen verpönt – entsprechende Computerspielfiguren werden bei der Lokalisierung in Monster umgewandelt.

Steigende Mietpreise "verleiden die Sache so ein wenig"

Berlin ist aus Sicht von Preuss ein erstklassiger Standort. „Die Stadt bietet eine große Auswahl an Fachkräften, auch Übersetzer und Synchronschauspieler. Sie hat aber auch eine tolle Gaming-Community und viele Events.“

Dem pflichtet Michael Liebe bei, Gründer und Geschäftsführer der Agentur Booster Space. Er organisiert sowohl die „Games Week Berlin“ im Frühjahr als auch die Virtual-Reality-Konferenz „VR Now Con“ im Herbst. Liebe konstatiert in der Hauptstadtregion „eine neue Dichte an Gaming-Events“, als Beispiele nennt er die Entwicklerkonferenz „Unite Berlin“, E-Sport-Turniere wie das „PUBG Global Invitational“ und Verbrauchermessen wie die „EGX Berlin“ Ende September. Was der Hauptstadt aus Sicht von Liebe noch fehlt, ist ein Zentrum, in dem sich Spielestudios vernetzen können. Vorbilder seien das unlängst eröffnete „Cologne Game Haus“ oder auch der niederländische „Dutch Game Garden“.

Der Dienstleister App Annie hat seit 2016 eine Berliner Dependance. Das kalifornische Unternehmen liefert an mehr als eine Million Kunden allerlei Analyse-Daten, etwa zu Reichweite und dem Umsatz mobiler Apps. Die Berliner Mitarbeiter von App Annie arbeiten im Verkauf und in der Kundenbetreuung. „Von Berlin aus bedienen wir Mittel- und Osteuropa sowie Russland“, sagt Territory Director Silvia Buermann. So könne App Annie seine Kunden besonders schnell erreichen.

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Berliner Firmen findet man auf der Gamescom nicht nur am Regionalstand von media:net. Sondern zum Beispiel auch in der Indie Arena, einem Gemeinschaftsstand unabhängiger Spieleentwickler. Gleich sechs Berliner Studios sind dort vertreten, darunter auch Megagon Industries aus Friedrichshain. Das Entwickler-Duo Jan Bubenik und Daniel Helbig arbeitet derzeit an „Lonely Mountains: Downhill“, einem Mountain-Bike-Rennspiel für den PC.

„Wir sehen Berlin sehr positiv“, sagt Daniel Helbig. Es gebe eine sehr lebhafte und gute vernetzte Indie-game Community, die sich einander mit Rat und Tat unterstütze. Doch es gibt auch Probleme: „Einzig die steigenden Mietpreise und der Kampf um bezahlbare Büroflächen verleiden die Sache so ein wenig“, sagt Helbig.

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