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Verträge, Rechnungen. Mit der Ausbildung beginnt der Ernst des Lebens.

© Getty Images/iStockphoto

Geld, Versicherungen, Lohnzuschuss: Worauf Auszubildende achten sollten

Wie Auszubildende ihr Geld anlegen sollten – und welche Versicherungen notwendig sind. Ein Überblick.

In diesen Tagen beginnt für mehr als 500.000 Jungen und Mädchen der Ernst des Lebens: Die Berufsausbildung. Mit dem ersten eigenen Geld kommen aber auch schwierige Erwachsenen-Themen auf sie zu: Geldanlage, Versicherungen, Rente. Ein Überblick.

Falls das Auto plötzlich Schrott ist

Eine kurzfristig verfügbare Geldsumme von 1000 bis 2500 Euro sollten sich auch junge Leute zur Seite legen – der gebrauchte Wagen muss möglicherweise in die Werkstatt oder die betagte Waschmaschine schleudert nicht mehr. Dafür bieten sich Tagesgeldkonten an. Bei guten Anbietern sind als Neukunde derzeit etwa 0,5 Prozent Zinsen möglich.

Für die nächsten fünf bis zehn Jahre bietet sich die Anlage von Vermögenswirksamen Leistungen an, die zum Beispiel in Aktienfonds oder Bausparverträge eingezahlt werden. Auch Auszubildende haben auf dieses Gehaltsextra in der Regel Anspruch, müssen es aber ausdrücklich einfordern. Details sind meist im jeweiligen Tarifvertrag geregelt. Je nachdem zahlen Arbeitgeber bis zu 40 Euro extra zum Gehalt, wenn das Geld beispielsweise in einen Fond investiert wird.

Ein Geldpuffer für spätere Wünsche

Ein Bausparvertrag oder Investmentfond lässt sich ebenso für langfristige Sparziele einsetzen – um ein Haus zu kaufen oder schon früh für das Alter vorzusorgen. Gerade für Aktienfonds gilt: Je länger der Sparplan läuft, desto wahrscheinlicher wird eine überdurchschnittliche Rendite. In Betracht kommt auch eine Riester-Rente, sei es als Rentenversicherung oder als Banksparplan. Der Anspruch auf die volle Grundzulage des Staates (seit 2018: 175 Euro) kann wegen des geringen Azubi-Gehaltes bereits mit vergleichsweise geringem Eigenaufwand erreicht werden, und zwar mit vier Prozent des Jahreseinkommens. Berufseinsteiger bis zum 25. Lebensjahr bekommen einen einmaligen Extra-Zuschuss von 200 Euro zum Riestervertrag.

Bestimmte Versicherungen sind Pflicht

Mit dem Ausbildungsverhältnis erhält der Azubi eine eigene gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung. Die Mitversicherung bei den Eltern endet damit. Um die Anmeldung kümmert sich der Arbeitgeber, die Wahl der Krankenkasse trifft zuvor der Lehrling. Die Beiträge tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer grundsätzlich je zur Hälfte, bei einer Vergütung von bis zu 325 Euro monatlich zahlt der Arbeitgeber die Beiträge allein (§ 20 Abs. 3 SGB IV). Renten- und Arbeitslosenversicherung sind ebenfalls gesetzliche Pflichten für den Auszubildenden, so wie eine die Unfallversicherung bei einer Berufsgenossenschaft. Sie zahlt nach Unfällen an der Arbeitsstelle oder auf dem Weg dorthin. Die Beiträge dafür hat der Arbeitgeber allein aufzubringen.

Regeln bei eigener Wohnung oder Heirat

Worum sich Auszubildende besser auch kümmern sollten, ist eine Private Haftpflichtversicherung. Sofern die Eltern eine „Familienpolice“ haben, bei der die Kinder mitversichert sind, besteht die kostenlose Mitversicherung zwar noch während der ersten Ausbildung fort. Spätestens mit dem Abschluss oder nach einer Heirat wird jedoch eine eigene Police für rund 80 Euro im Jahr fällig.

Solange die Azubis noch mit ihren Eltern zusammenleben, ist ihr Besitz in der Hausratversicherung von Mutter und Vater weiter mitversichert. Wird der Erstwohnsitz „vorübergehend“ für die Ausbildung in einer anderen Stadt verlassen, besteht dort weiterhin ein begrenzter Versicherungsschutz. Vorausgesetzt der Erstwohnsitz besteht weiter bei den Eltern.

Düstere Szenarien stimmen nicht ganz

Wenn die Ausbildung beginnt, hören junge Menschen, sie hätten keinerlei Ansprüche bei der gesetzlichen Rente und und bräuchten unbedingt eine private Berufsunfähigkeitsversicherung. Diese Vertretersprüche haben mit den Tatsachen allerdings nicht so viel zu tun, denn für Auszubildende gelten Ausnahmen.

Zwar besteht eine fünfjährige Wartezeit, bis Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch genommen werden können. Auszubildende können sich aber bei voller Erwerbsminderung auf die „Vorzeitige Wartezeiterfüllung“ (Paragraf 53 Sozialgesetzbuch VI) berufen. Ab dem ersten Arbeitstag zahlt die gesetzliche Rentenversicherung nach Unfällen oder Berufskrankheiten, ab dem zweiten Jahr auch nach Freizeitunfällen oder sonstigen Erkrankungen. Nur bei halber Erwerbsminderung gilt die fünfjährige Wartezeit.

Wann Extra-Absicherung Sinn macht

Ebenso unzutreffend ist die Behauptung, die Leistungen der gesetzlichen Rente seien zu minimal, weil Azubis nur so wenig verdienen. Bei Berufseinsteigern wird jedoch das Durchschnittsgehalt aller Rentenversicherten zur Berechnung genommen (Paragraf 71 Sozialgesetzbuch VI). Ein Azubi würde im Fall einer Erwerbsunfähigkeit so gestellt, als hätte er in diesem Jahr rund 33.000 Euro verdient. Dadurch würde die volle gesetzliche Erwerbsminderungsrente bei rund 1100 Euro monatlich für ihn liegen.

Eine ergänzende Absicherung macht gleichwohl Sinn, denn bei der gesetzlichen Rente gibt es für jüngere Versicherte keinen „Berufsschutz“ mehr. Heißt: Nur wenn gar kein Arbeiten mehr möglich ist, auch nicht in einem ganz anderen Beruf, sind die Voraussetzungen für die gesetzliche Rente erfüllt. Bei einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung lassen sich die Leistungen frei vereinbaren. Wer früh einsteigt, zahlt günstigere Beiträge. Ablehnungen oder Ausschlüsse wegen Vorerkrankungen sind selten. Für 750 Euro Rente, das entspricht in etwa dem Sozialhilfe-Niveau, sind mit etwa 25 Euro monatlich zu rechnen.

Verträge sind mitunter ungültig

Versicherungsvertreter verkaufen Auszubildenden gern langlaufende Versicherungen. Allerdings sind Minderjährige ab dem siebten Lebensjahr nur beschränkt geschäftsfähig. Ausgenommen sind lediglich so genannte Taschengeld-Geschäfte (Paragraf 110 Bürgerliches Gesetzbuch, kurz BGB). Schließen junge Leute also Verträge ab, die länger als ein Jahr über die Volljährigkeit hinaus Folgen haben, muss das Vormundschaftsgericht zustimmen (§ 1822 BGB). Fehlt diese Zustimmung, sind solche Verträge zunächst „schwebend unwirksam“, wie Juristen es nennen. Wenn der Azubi die Versicherung nach seiner Volljährigkeit als voll geschäftsfähiger Erwachsener fortführen will und den Abschluss genehmigt (§ 1829 BGB), wird der Vertrag wirksam. Der junge Versicherungsnehmer kann seine zum 18. Geburtstag bislang gezahlten Prämien aber auch zurückfordern.

320 Euro Gehalt, 377 Euro Zuschuss

Bei geringen Gehältern haben Lehrlinge mitunter Anspruch auf Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) nach § 56 des Sozialgesetzbuches III. Voraussetzung ist, dass sie sich eine Wohnung nehmen müssen, weil der Betrieb zu weit vom Elternhaus entfernt liegt. Sprich: Die Fahrtzeit beträgt täglich mehr als eine Stunde für eine Strecke. Einem Lehrling mit 320 Euro Gehalt stehen nach einer Musterrechnung 356 Euro zu. Allerdings darf das Einkommen der Eltern nicht den monatlichen Freibetrag von zurzeit 1715 Euro plus weiterer Freibeträge für Geschwister nicht übersteigen. Ist es höher, mindert das den Anspruch.

Andreas Kunze

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