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Selbstbewusst geworden: Ein Geländewagen nicht nur für den Wald, sondern auch für das Schloss.

© Ruthe

Subaru Forester e-Boxer 2.0 OIE Platinum Lineartronic: Unscheinbares Jägerauto? - kannste vergessen!

Selbst die auf Tradition eingeschworenen Japaner stellen sich der neuen Zeit. Das SUV des Modelljahres 2022 kommt mit Mild-Hybrid-Antrieb.

Beim neuen Modell-Jahrgang ist die Bezeichnung für den Forester so ungewöhnlich lang wie die Traditionslinie dieses Modells. Seit 25 Jahren gibt es den Allradler nun schon. Und der ist ein echter Subaru - mit Boxermotor, stufenloser Getriebeautomatik und symmetrischem Allradantrieb. Jetzt kommt er serienmäßig mit einer durchdachten Fahrerassistenz-Armada. Er kann sich sogar die Einstellungen von fünf verschiedenen Fahrern merken. Und als Besonderheit passt er Sitz und Außenspiegel an, wenn er den jeweiligen Piloten mit der Innenraumkamera erkannt hat. So weit so gut. Doch die Sache mit der Kamera hat auch so ihre Tücken: Der Forester überwacht und bevormundet einen nämlich immer! Ständig wird der Fahrer beobachtet und nach aufdringlichem Piepen gewarnt: Bleiben Sie aufmerksam! Schauen Sie nach vorn! Zum Glück kann man diese Überwachung abschalten.

Kräftige Front und mit 22 Zentimeter Bodenfreiheit ein echter Geländewagen. Unter der Motorhaube werkelt ein Boxermotor.

© Rainer Ruthe

Die fünfte Generation des 4,63 Meter langen Forester basiert nun ebenfalls auf der Neuen Globalen Plattform. Die soll neben einer höheren Verwindungs- und Crashfestigkeit, einem niedrigeren Schwerpunkt und einer direkteren Lenkung für bessere Handlichkeit sorgen. Trotz der mit 22 Zentimetern geländetauglichen Bodenfreiheit. Die qualifiziert diesen Allradler als echten Geländewagen und unterscheidet ihn von den Möchte-Gern-Crossovern mit Frontantrieb. Auch die Nummer fünf ist ein traditioneller Subaru geblieben: ehrlich, praktisch, ohne Schickimicki. Und doch ist etwas ganz anders: Er ist nicht mehr das unscheinbare Jägerauto. Der Neue tritt selbstbewusst auf, reckt seinen dominanten Grill keck in den Wind. Mit diesem Forester des Jahrganges 2022 kann man auch vor die Oper fahren, ohne sich schämen zu müssen.

Auch im Innenraum ist die bekannte spröde Sachlichkeit einem neuen Wohngefühl gewichen, das den Aufenthalt in diesem Auto jetzt angenehm macht. Viel Chrom und Leder, ausgesuchte Materialien, die gut verarbeitet sind, verströmen keinen Jägerscharm früherer Zeiten mehr. Gut, die Instrumente verharren noch in der analogen Zeit; doch wenn die Zeiger so gut ablesbar sind – warum denn nicht? Und dass es statt „Wischen“ und „Klicken“ noch echte Knöpfe und Schalter gibt, ist eher von Vorteil. Die üppigen Leder-Sessel sehen nicht nur einladend aus – sie sind es auch im Alltag. Und klar, sie können auch Langstrecke – wie das Auto insgesamt. 

Kofferraum mit Familienformat. Bei umgeklappter Rückbank fasst er 1779 Liter.

© Rainer Ruthe

Die jedoch wichtigste Neuerung befindet sich unter der Motorhaube. Bei den Traditionalisten aus Japan öffnet sich wenigstens eine kleine Tür in die elektrische Zukunft. Vollelektrischer Antrieb? Fehlanzeige. Plug-in-Hybrid? Fehlanzeige. Stattdessen: Der Boxer-Diesel flog raus. Hierzulande gibt es den Forester nur noch mit einem einzigen Antrieb. Es handelt sich um den 150 PS starken Vierzylinder-Boxer mit zwei Litern Hubraum und ganz konventioneller Saugrohreinspritzung, wie man sie heutzutage recht selten findet. Der Boxermotor ist kein Drehmomentriese. Erst bei hohen 4.000 Umdrehungen pro Minute liegt das maximale Drehmoment von überschaubaren 194 Newtonmeter an. Doch nun steht diesem Ottomotor ein wichtiger Helfer zur Seite. Im Getriebe sitzt ein Elektromotor mit 17 PS und 66 Newtonmeter, der den Benziner auf Trab bringt. Und diese Aufgabe erledigt der kleine E-Motor ganz gut. Der fast 1,8 Tonnen schwere Wagen tritt verzögerungsfrei an. Laut Subaru hat der der Mild-Hybrid in 11,8 Sekunden aus dem Stand Tempo 100 erreicht, Allerdings ist bei 188 km/h schon Schluss mit lustig. 

Typisch für einen Boxermotor sind die geringen Vibrationen. Allerdings ist der Vierzylinder kein Leisetreter; er arbeitet vernehmlich im Maschinenraum. Das hängt auch mit der speziellen Charakteristik des serienmäßigen stufenlosen Automatikgetriebes zusammen, das Subaru Lineartronic nennt. Auch die haben die Subaru-Techniker für die Integration in den Mildhybrid-Antrieb kräftig überarbeitet. Und mit Erfolg, wie sich im Test zeigt: Der berüchtigte „Gummiband-Effekt“, wie man das sonst von zahlreichen CVT- Getrieben kennt, tritt beim Forester des Modelljahres 2022 fast gar nicht mehr auf. Bei hoher Last simuliert das Getriebe sieben „virtuelle“ Schaltvorgänge und arbeitet dann wie eine konventionelle Wandlerautomatik.

Nach einigen Kilometern hat man sich auf die Eigenheit des Antriebs eingestellt: Hat man das richtige Gefühl im Gasfuß, klappt es sehr gut mit dem Automatik-Forester. Dann beschleunigt er flüssig-elegant, und der Komfort ist ausgezeichnet. Man ist flott, nur eben nicht sportlich unterwegs. Dann spielt auch die Lineartronic ihren Komfortvorteil aus. „Schalten“ ohne Ruckeln. So genießt man diese Art der entspannten Fortbewegung - und spart außerdem noch teuren Sprit. Ja, der Forester „erzieht“ einen zum entspannten Fahren!

Und beim Überholen? Am besten ist es da, vorher in den manuellen Schaltmodus zu wechseln. Da hat man sieben fest eingestellte „Schaltpunkte“, die per Lenkradwippen angewählt werden können. Das klappt ganz gut. Laut Subaru soll die elektrische Unterstützung eine Spriteinsparung von 0,5 Liter pro 100 Kilometer bewirken: 6,7 Liter geben die Japaner als WLTP-Messwert an. Wir verbrauchten auf der insgesamt 1500 Kilometer langen Testfahrt im Schnitt 7,1 Liter Super E10 pro 100 Kilometer, also nur 0,4 Liter mehr. Und das bei kalter Witterung und mit Winterrädern. Für einen fast 1,8 Tonnen schweren SUV mit permanentem Allradantrieb und Automatik ist das ein guter Wert. Selbst mit dem recht kleinen 48-Liter-Tank sind Reichweiten von doch bis zu 650 Kilometern drin. Mit dem überarbeiteten Fahrwerk lässt sich der Forester im besten Sinne des Wortes unkompliziert bewegen: ausgewogen, neutral, nüchtern. Übertriebene Sportlichkeit ist ihm ebenso fremd wie ein weicher Auftritt mit Schaukeleffekt.

Statt spröder Sachlichkeit gibt es jetzt Wohngefühl - mit viel Leder und Chrom

© Rainer Ruthe

Auch bei der Sicherheit hat Subaru aufgerüstet; da sind die Japaner ja schon in der Vergangenheit ihren eigenen Weg gegangen: Statt Radar und anderen Sensoren setzen sie „nur“ auf Kameras. Doch das funktioniert sehr gut. Beim überarbeiteten Eyesight-System - immer Serie! - wurde die neue Stereokamera statt wie bisher am Rückspiegel nun direkt oben an der Windschutzscheibe angebracht. Der daraus resultierende Weitwinkel vergrößert den Arbeitsbereich, ohne dass Präzision und Zuverlässigkeit leiden. Und er ermöglicht noch weitere Funktionen. Der Notbremsassistent erkennt Gefahren jetzt früher und kann auch an Kreuzungen warnen. Die neue Straßenranderkennung bemerkt nun auch Grasnarben, und die integrierte Lenkunterstützung greift korrigierend ein. Komplettiert wird das Eyesight-System von einer adaptiven Abstands- und Geschwindigkeitsregelung, die nun über eine adaptive Lenkung sowie eine Spurzentrierung verfügt. Letztere ist bis 160 km/h aktiv und hält den Forester mittig in der Fahrspur. Ein deutlicher Sicherheitsgewinn.

Als sehr praktisch haben sich zwei neue Gimmicks im Test erwiesen, die erstmals im e-Boxer eingesetzt werden: Ist die Rückfahrkamera aktiviert, wird das Bild wie gewohnt auf dem Infotainment-Bildschirm angezeigt. Aber Subaru nutzt im gleichen Moment den hochauflösenden Info-Screen oben auf dem Armaturenbrett und blendet hier das vordere Rad sowie die Umgebung auf der Beifahrerseite ein. Das Bild entsteht durch eine in den Außenspiegel integrierte Kamera, die nach vorn auf die Felge blickt. Kratzer an teuren Alu-Felgen gehören damit der Vergangenheit an.

Mit dem um drei zusätzlichen Zentimeter längeren Radstand, nun 2,67 Meter, bietet der Forester des Modelljahres 2022 etwas mehr Beinfreiheit als der Vorgänger. Auch die Schulter- und Ellbogenfreiheit sind gewachsen. Insgesamt wirkt das Platzangebot auf allen Sitzen großzügig. In den Fond kann man sehr gut einsteigen, weil die Türen fast auf 90 Grad öffnen. Damit lassen sich auch Kindersitze leicht montieren. Und wegen des konservativen Designs hat man einen exzellenten Blick nach außen, was man von vielen expressiver gestylten Crossover-Modellen nicht behaupten kann. Da geht Schönheit vor Praxisnutzen.

Der Kofferraum des Forester hat Familien-Format. 509 Liter können hinten verstaut werden.  Die Rücksitzlehnen lassen sich einfach umklappen. Dann gibt es eine ebene Ladefläche, und es stehen 1779 Liter zur Verfügung. Unter dem Kofferraumboden findet man noch ein kleines Fach mit 15 Litern Volumen.

Wir fuhren das Topmodell mit der ellenlangen Bezeichnung. Der Preis ist so selbstbewusst wie der Auftritt des Autos: 43.990 Euro. Allerdings mit All-Inklusive-Ausstattung – von LED-Scheinwerfern über Ledersitze bis zum hochwertigen Audiosystem von Harman/Kardon. Die Ausstattungsliste ist zu lang, um hier veröffentlicht zu werden. Wer es günstiger haben will: Die Basisversion Trend gibt es bereits für 34.990 Euro. Und zwar ebenfalls mit Allradantrieb, Automatikgetriebe, Klimaautomatik, LED-Scheinwerfern, EyeSight-Fahrerassistenzsystem.  Und auch mit fünf Jahren Garantie bis 160.000 Kilometern. Das ist keine Selbstverständlichkeit. 

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