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Wirtschaft: Motivation ist Chefsache

Deutsche Arbeitnehmer werden kaum gelobt, jeder vierte kündigt innerlich.

Ob Nachlässigkeit oder mangelndes Einfühlungsvermögen: Vielen Chefs fällt es schwer, Mitarbeiter für ihre Arbeit zu loben. „Die meisten Führungskräfte erkennen gar nicht, dass sie kaum Wertschätzung zeigen“, sagt Juliane Dreisbach, Psychologin aus Freudenberg. Die Folge: Ihre Leute sind im Job kaum noch motiviert.

Wenn Angestellte keinen Spaß mehr an der Arbeit haben, liegt das meist an den direkten Vorgesetzten. Das ist das Ergebnis einer vor kurzem veröffentlichten Studie des Beratungsunternehmens Gallup, für die rund 2200 Beschäftigte befragt wurden. Etwa jeder vierte Arbeitnehmer (24 Prozent) in Deutschland hat demnach innerlich bereits gekündigt, rechnet Gallup hoch. Der Anteil der Mitarbeiter, die keine emotionale Bindung mehr zu ihrem Unternehmen empfänden, wachse seit Jahren. Zu Beginn der Studienreihe 2001 habe er noch bei 15 Prozent gelegen, 2007 bei 20 Prozent. „Die Folgen mangelnder Mitarbeiterbindung für die Leistungsfähigkeit der Unternehmen sind erheblich“, sagt Gallup-Projektmanager Marco Nink.

Die fehlende Motivation der Beschäftigten kostet die deutsche Volkswirtschaft nach einer Gallup-Hochrechnung jährlich 112 bis 138 Milliarden Euro. Denn Mitarbeiter, die sich ihrem Unternehmen nicht zugehörig fühlten, lieferten weniger Ideen, seien häufiger krank und steckten die Kollegen mit ihrer Unlust an. Der Studie zufolge hatten im vergangenen Jahr lediglich 15 Prozent der Befragten eine hohe emotionale Bindung an ihren Betrieb. 61 Prozent machten „Dienst nach Vorschrift“; ihre Bindung war gering.

Den Hauptgrund hierfür sieht Marco Nink nicht bei den Beschäftigten selbst, sondern in mangelhafter Personalführung. Viele Arbeitnehmer stiegen hochmotiviert in ein Unternehmen ein, würden aber über einen längeren Zeitraum desillusioniert und resignierten am Ende. Die wichtigste Rolle spielen dabei fast immer die direkten Vorgesetzten. Von ihnen komme oft zu wenig konstruktive Kritik und Unterstützung. „Dem Mitarbeiter dann und wann auf die Schulter zu klopfen – das ist einfach zu wenig“, sagt der Gallup-Forscher. Viele Vorgesetzte hätten kein Talent für diese Aufgabe, seien nicht entsprechend ausgebildet und bekämen „selten einen Spiegel vorgehalten“. So dächten zum Beispiel viele, sie verteilten ausreichend Lob. Ihre Teams sähen das aber ganz anders.

Wer seine Sache besser machen will, sollte in die Offensive gehen und seine Leute direkt fragen, ob sie genug Wertschätzung erfahren, rät Psychologin Juliane Dreisbach. Das verhelfe Chefs zu einem realistischeren Blick. Als nächstes sollten Vorgesetzte in sich gehen und sich fragen: „Was ist gut an meinen Leuten?“. Denn viele konzentrierten ihren Blick auf die Schwächen der Mitarbeiter, statt deren Stärken zu sehen.

Schließlich sollten Führungskräfte sich bewusst vornehmen, mehr zu loben – „aber nicht einfach so“, erklärt Dreisbach. Stattdessen sollten sie mit positiven Worten auf einen passenden Anlass warten. Dann könnten sie etwa sagen: „Das ist gut gelaufen. Es hat mir gefallen, wie Sie das gemacht haben.“ Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, für die eine Gebrauchsanleitung überflüssig sein sollte. Und dann, offenbar, doch wieder nicht. dpa

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