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Gut verbunden. Deutsche Unis hinken bei der Digitalisierung hinterher, wie eine Studie belegt.

© Getty Images/iStockphoto

Neue Medien im Uni-Alltag: Klick Dich rein

Vorlesungen streamen, per Videokonferenz diskutieren, mit QR-Codes Professoren erreichen: Wie Lehrende und Studierende heute zusammenkommen

Ob in der Landwirtschaft, bei der Autoproduktion oder in der Bildung: Die Digitalisierung ist in aller Munde. Auch die Hochschulen können sich diesem Trend nicht verschließen. E-Mails an Professoren oder Skripte zum Download gehören an vielen Unis zum Standard. Dass Vorlesungen per Stream ins Internet übertragen werden, ist aber noch nicht die Regel.
Laut einer Umfrage des Personaldienstleisters Univativ von 2017 finden die meisten Studierenden, dass ihre Unis in Sachen Digitalisierung hinterherhinken. Die Frage „Wie digital ist Deine Uni?“ beantworten die meisten Befragten mit „Nicht digital genug!“. Mehr als 90 Prozent sehen Nachholbedarf bei ihren Hochschulen.
Ganz oben auf der Wunschliste der Studierenden steht ein stabiles WLAN auf dem gesamten Campus. Sie möchten komfortabler an Vorlesungen teilnehmen oder wünschen sich Videotelefonie, die bislang nur an vier Prozent der Unis zum Einsatz kommt. Nicht alle Professoren seien technisch auf dem neusten Stand und ausreichend gut erreichbar, bemängeln die Befragten.
Dass Studierende mit Stift und Ringbuch in die Vorlesung kommen, passiere zwar noch. Analoge Mitschriften sind aber selten geworden an der EBC Hochschule, beobachtet Roland Schröder. „Während ich vor ein paar Jahren noch vor aufgeklappten Laptops stand, zücken in der Vorlesung heute viele ihr Handy, wenn sie etwas nachlesen oder notieren wollen“, sagt der Präsident der privaten Wirtschaftshochschule, die auch in Berlin einen Campus hat.
Er sieht die Digitalisierung nicht als Selbstzweck, sondern als Tool, um eine neue Art des Lernens zu etablieren: „Es geht darum, das gesamte System so umzustellen, dass nachhaltiges, anwendungsbezogenes Wissen vermittelt wird, anstatt punktuell in Prüfungen abfragbare Fakten.“

Manchmal sind Digital Natives überraschend analog

Das verändere auch die Rolle der Lehrenden, die an der Hochschule mit Fortbildungen darin geschult werden, digitale Inhalte in den Unterricht zu integrieren. Sie seien in diesem neuen Kontext mehr Wissensbegleiter als Wissensvermittler. Zudem herrscht an der EBC eine Open-Door-Policy: Die Türen der Dozenten-Büros stehen Studierenden offen. Ist gerade niemand da, können sie zukünftig einen QR-Code scannen, der sie direkt auf die Mailadresse des Professors weiterleitet. Innerhalb von zwölf Stunden bekommen sie zumindest eine erste Rückmeldung. Per Videokonferenz kann sich der Dozent zu Arbeitsgruppen hinzuschalten. Der Virtual Campus, den es bereits online gibt, wird demnächst auf eine App umgestellt und ist dann vom Handy oder Tablet aus noch leichter zu erreichen.
In mancher Hinsicht seien die Digital Natives von heute dann aber doch überraschend analog unterwegs, bemerkt Schröder: „Viele wünschen sich trotz unserer Datenbanken immer noch, die echten Bücher in der Hand zu halten und setzen sich zum Lernen in die Bibliothek.“

30 Prozent der Studierenden sind "PDF-Nutzer"

Das ist auch die Erfahrung von Julius-David Friedrich vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE). „Die weit verbreitete private Nutzung digitaler Medien übersetzt sich nicht zwangsläufig in den Hochschulalltag“, sagt er. „Die größte Gruppe der Studierenden, nämlich 30 Prozent, sind die ‚PDF-Nutzer’. Sie arbeiten nach wie vor überwiegend mit klassischen digitalen Medien, mit PDF- Dokumenten, Powerpoint-Präsentationen und kommunizieren über E-Mails.“
Recht weit verbreitet sind bereits sogenannte Blended-Learning-Konzepte, bei denen Präsenzveranstaltungen und digitale Lehre gemischt werden. So bietet die Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin im Rahmen ihres Pilotprojektes BendIT unter anderem ein berufsbegleitendes Betriebswirtschaftsstudium an, das zur Hälfte in Onlinelehrveranstaltungen, zur anderen in Präsenzveranstaltungen am Wochenende unterrichtet wird und sich auf diese Weise gut mit dem Beruf vereinbaren lässt. Zugleich erfordert diese Art des Lernens, dass sich die Studierenden zu einem hohen Grad selbst organisieren. Der Austausch ist weniger direkt als im Seminarraum. Viele finden das gewöhnungsbedürftig.
Wer sich ein Bild machen möchte, wie gut seine Wunschhochschule technisch ausgestattet ist, dem empfiehlt Friedrich einen Blick auf das Kriterium IT-Infrastruktur im CHE Hochschulranking (ranking.zeit.de/che/de). Eine pauschale Beurteilung der Hochschulen fällt schwer: „Meist sind es Einzelkämpfer, die das Thema digitale Lehre vorantreiben, und noch nicht ganze Institutionen.“

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