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Rückruf, bitte? Beginnt die Nummer eines unbekannten Anrufers mit 00216 (Vorwahl Tunesien) oder 00212 (Marokko) ist Vorsicht angebracht.

© picture alliance / dpa

Telefonbetrug: Bei Rückruf Abzocke

Anrufer aus Afrika provozieren Rückrufe von Telefonkunden in Deutschland. Dahinter steckt eine neue Variante einer alten Betrugsmasche.

Doris Ringer ist eine viel beschäftigte Frau. Als Ärztin muss sie stets erreichbar sein, zudem sind ihre Kinder groß und viel in der Welt unterwegs. Deshalb dachte sich die Brandenburgerin, die in Wirklichkeit anders heißt, nichts dabei, als sie eine ihr fremde Telefonnummer unter den verpassten Anrufen auf ihrem Hand entdeckte. Ringer rief zurück und geriet an eine arabisch sprechende Frau. „Ich habe nichts verstanden und gleich aufgelegt“, erzählt sie. Und das war auch gut so.

Denn so hat sich ihr Schaden in Grenzen gehalten. 84 Cent hat ihr Anbieter abgebucht – wenn das Telefonat nicht zehn Sekunden, sondern länger gedauert hätte, hätte die Sache anders ausgesehen. Denn der Rückruf führte nach Nordafrika, genauer gesagt nach Marokko. Kein Einzelfall: Besonders beliebt sind derzeit Anrufe aus Tunesien (Ländervorwahl 00216), Marokko (00212), Burundi (00257), Seychellen (00248) und die Elfenbeinküste (00225).

Die Ermittlungen im Ausland laufen ins Leere

Egal woher der Anruf kommt, der Trick ist immer derselbe: Die Anrufer lassen extra kurz klingeln und setzen darauf, dass die Angerufenen zurückrufen. Tun sie das, kann das ins Geld gehen. Denn die Rufnummern sind in den Zielländern mit hohen Gebühren belegt, pro Minute können mehrere Euro fällig werden. Diese Gebühren tauchen dann später in der Telefonrechnung der Anschlussanbieter, also etwa der Deutschen Telekom, Vodafone oder O2, auf. Dahinter stecken kriminelle Banden, die über die Telefongebühren viel Geld verdienen – ohne großes Risiko einzugehen, denn die Ermittlungen auf den Seychellen, Burundi oder Madagaskar laufen ins Leere.
Die Polizei warnt vor sogenannten Ping-Anrufen, bei denen Rückrufe provoziert werden. Verbraucherschützer kennen die Masche schon länger. „Früher waren es teure, deutsche Premiumdienste, jetzt sind es ausländische Anrufe“, sagt Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg. „Rufen Sie unbekannte Nummern nicht zurück“, rät die Verbraucherschützerin den Betroffenen. Und die werden manchmal geradezu mit Anrufen belästigt. „Bin jetzt schon sechs Mal aus dem Schlaf gerissen worden“, berichtet ein genervter User im Internet. „Habe schon zwei Mal einen Anruf bekommen“, klagt ein anderer Telefonkunde. Die Berichte häufen sich.

Man kann die Nummer der Bundesnetzagentur melden

Betroffene können sich an die Bundesnetzagentur wenden und die Nummern melden. Die Behörde nimmt diese dann in ein Register auf und verhängt ein Rechnungslegungs- und Inkassierungsverbot. Andere Telefonkunden, die später ebenfalls von der jeweiligen Nummer kontaktiert werden, können sich dann darauf berufen und brauchen die Verbindung nicht zu bezahlen. Allerdings geschieht das nicht automatisch, sondern die Verbraucher müssen bei ihren Telefonanbietern aktiv werden. Das Problem dabei: Die Verbote werden nur für eine vorübergehende Zeit ausgesprochen und erfassen nur die jeweils gemeldeten Nummern. Wenn die Betrüger auf eine andere Nummer umsteigen, geht das Spiel von vorne los. Und das ist häufig so: Viele Täter haben sich nämlich von Anfang an ganze Rufnummernblöcke reservieren lassen und können so problemlos zur nächsten Nummer wechseln.
Der Möglichkeiten der Bundesnetzagentur bei der Bekämpfung der Masche sind stark begrenzt. Zwar steht man in Kontakt mit den Behörden der Länder, aus denen die Anrufe kommen. Aber zur Selbsthilfe können die deutschen Aufseher nicht greifen. „Internationale Nummern können wir in Deutschland nicht abschalten“, sagte ein Sprecher der Bundesnetzagentur dem Tagesspiegel.

Telefonabzocke ist ein Massenphänomen

Die Telefonbetrügereien sind nicht neu. Allerdings ändern sich die Details. Derzeit boomt vor allem das Geschäft mit Anrufen aus Afrika. Nimmt man alle Spamanrufe zusammen, also auch unseriöse Gewinnspiele oder SMS, hatte die Netzagentur im vergangenen Jahr 70.956 Beschwerden. Im Jahr zuvor waren es 72.099 Fälle. Ein Massenphänomen.

Aber wie kommen die Anrufer an die Nummern? Bei der Bundesnetzagentur macht man den Handel von Nummern und Adressen im Internet dafür verantwortlich. Zudem setzen die Betrüger Computer ein, die nach dem Zufallsprinzip einfach so lange bestimmte Nummernfolgen anrufen, bis sie eine Nummer treffen, die vergeben ist. Wer dann angerufen wird, sollte vor allem eines tun – nichts.

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