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Rückblick, Weitblick, heimatlicher Anblick: „Blue Marble“, fotografiert von der Apollo-17-Crew.

© NASA

Tagesrückspiegel – Heute vor 50 Jahren: Das Jahrhundertfoto aus dem All

Die einflussreichsten Naturfotos der Geschichte stammen von Leuten, die keine Fotografen und weit weg von der irdischen Natur waren. Eins hat heute einen runden Geburtstag.

Eine Kolumne von Richard Friebe

| Update:

Es gibt von den Apollo-Missionen eine ganze Menge Fotos. Die, die Neil Armstrong von Edwin Aldrin gemacht hat, nach der ersten Landung 1969, sind die berühmtesten. Die beiden meistreproduzierten allerdings zeigen keine Astronauten – und den Mond, wenn überhaupt, nur in einer Nebenrolle.

Großes Bild im Mittelformat

Am 7. Dezember 1972, heute vor 50 Jahren, entstand eines davon. Apollo 17 war erst wenige Stunden zuvor gestartet, hatte aber umgehend den Erdorbit verlassen. Man war bereits so weit weg vom Heimatplaneten, dass um diesen herum durch das 70-Millimeter-Objektiv der Hasselblad-Kamera schon jede Menge tiefdunkler Weltraum zu sehen war.

Es gab wirklich null Interesse an Bildern der Erde. Null!

Bill Anders, 1968 erster Fotograf der Erde über dem Mondhorizont

Die Erde erscheint als eine fast perfekt runde, weiß marmorierte blaue Murmel vor schwarzem Hintergrund: Als „The Blue Marble“ ist das bei der Nasa unter der Karteinummer AS17-148-22727 abgelegte Foto seit seiner Veröffentlichung bekannt.

Im Original ist die Antarktis oben zu sehen, das Mittelmeer ganz unten, und der Planet füllt nur ein wenig mehr als das obere linke Viertel des quadratischen Mittelformat-Bildes aus. Die ikonisch gewordenen Blue-Marble-Abzüge dagegen zeigen nur den Ausschnitt mit dem Planeten. Und der Südpol ist, wo er gewohnheitsgemäß hingehört: unten.

„Null Interesse an Bildern von der Erde“

Apollo 17 war die bislang letzte bemannte Mission zum Mond, und eindrucksvolle Fotos von der Erde gehörten ausdrücklich zum Auftrag. Die erste, noch ohne Landung, unternahm die Crew von Apollo 8, auch in einem Dezember, vier Jahre zuvor.

Die Erd’ ist aufgegangen... „Earthrise“, fotografiert im Dezember 1968 von Bill Anders

© Nasa

Erstmals verließen Menschen den Erdorbit, um zu einem anderen Himmelskörper zu reisen. Entsprechend gab es „wirklich null Interesse an Bildern der Erde. Null!“, erinnerte sich der Astronaut Bill Anders später in einem Interview.

 Wie um alles in der Welt kann dieser kleine Ball existieren in diesem riesigen Universum aus Nichts?

Frank Borman, Kommandant von Apollo 8

Doch „Earthrise“, von ihm aufgenommen, hatte dann weltweit eine Wirkung, mit der niemand gerechnet hatte. Das Foto zeigt eine nur teilweise von der Sonne beleuchtete Erdkugel, die weit entfernt über dem grauen Mondhorizont aufgeht.

Fahren wir offen? Die Mondautos, hier das erste von Apollo 15, sahen aus wie Buggys. Dabei waren zunächst große Kabinenfahrzeuge geplant gewesen. Doch die passten nirgends rein. Also wurde es ein zusammenfaltbares Minimalfahrzeug.

© Nasa

Selbst der nicht eben als besonders emotional geltende Kommandant Frank Borman, so sagte er selbst später, fragte sich da, „wie um alles in der Welt dieser kleine Ball existieren kann in diesem riesigen Universum aus Nichts.“

„Earthrise“ wurde zur Ikone der Umwelt- und Friedensbewegung. Blue Marble vier Jahre später ebenso.

„Das einflussreichste Naturfoto aller Zeiten“

Der legendäre Naturfotograf Galen Rowell hat „Earthrise“, aufgenommen von jemandem, der kein Fotograf und so weit weg von der irdischen Natur wie kein Mensch vor ihm war, als das „einflussreichste Naturfoto aller Zeiten“ bezeichnet. Er hütete seinen eigenen, von Bill Anders handsignierten Original-Abzug wie einen Schatz.

So sind es die Erdbilder der allerersten und allerletzten Mondmission, die herausstechen, obwohl auch die anderen Apollo-Crews ähnliche Fotos machten. Und inzwischen gibt es deutlich höher auflösende, detailreichere, schärfere, digital perfekt bearbeitete Aufnahmen. Auch hochmoderne Kameras an Bord der gerade auf dem Rückweg zur Erde befindlichen Artemis-1-Kapsel haben wieder sehr eindrückliche Fotos gemacht. Die Wirkung der frühen, alles andere als perfekten Mittelformat-Bilder wird keines je mehr erreichen.

Während bei „Earthrise“ klar ist, wer auf den Auslöser drückte, hat die Crew „Blue Marble“ bis heute als Gemeinschaftswerk dargestellt. Wahrscheinlich aber war Harrison Schmitt der Fotograf. Passen würde das. Denn Schmitt, inzwischen 87-jähriger erster studierter Wissenschaftler in einer Apollo-Crew überhaupt, ist von Beruf Geologe. Und das bedeutet ja, abgeleitet aus dem Altgriechischen, Erd-Forscher.

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