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Parícutín, Mexiko, Aufnahme von 1943.

© Wikipedia/R.E. Wilcox, U.S. Geological Survey

Tagesrückspiegel – Heute vor 80 Jahren: Unter Don Dionisio öffnet sich die Erde

Heute noch ein Maisfeld, zwei Tage später schon ein 50 Meter hoher Vulkankegel. Der Parícutín wurde buchstäblich aus dem Nichts zu einem der bedeutendsten Forschungsobjekte der Geologen.

Eine Kolumne von Richard Friebe

Die Felder sind fruchtbar in der Gegend. Vulkanischer Boden. Dionisio Polido baute hier, für Mexiko nicht ganz untypisch, Mais an. Es war so gegen Vier am Nachmittag, als er gerade ein Feuer anzünden, ein paar trockene Zweige verbrennen wollte. Mit der Art Feuer, die er an diesem Tag, und über die kommenden Jahre, erleben sollte, hatte er nicht gerechnet.

„Ein Donnern“

„Ich bemerkte, dass sich ein Riss, der sich auf einem der Hügel meines Landes befand, geöffnet hatte“ berichtete der Maisbauer danach. Bald darauf habe er „ein Donnern“ gespürt: „Da sah ich, wie in dem Loch der Boden anschwoll und sich zwei oder zweieinhalb Meter hoch erhob, und eine Art Rauch oder feiner Staub, grau, wie Asche, begann in einem Teil des Risses aufzusteigen.“ Dann immer mehr davon, „mit einem lauten und anhaltenden Zischen oder Pfeifen, und es roch nach Schwefel.“

Der Bauer eilte ins Dorf und war froh, dort seine Familie zu finden, die auch auf dem Feld gewesen, die er aber aus den Augen verloren hatte.

Parícutín — So sieht ein junger, aber bereits nicht mehr aktiver Aschekegelvulkan aus.

© Wikipedia

Mit jenen Augen hatte Polido am 20. Februar 1943, heute vor 80 Jahren, etwas aus allernächster Nähe gesehen, was sonst kaum ein Mensch je gesehen hat und danach auch noch davon berichten konnte: den Ausbruch eines Vulkans, ja sogar dessen Entstehung.

Erforschung

Der Parícutin, der an jenem Tag diesen Namen noch längst nicht trug, wuchs innerhalb von zwei Tagen auf 50 Meter Höhe. Seine Asche und Lava verschlangen letztlich, bevor er 1954 vom Talboden bis zur Spitze 424 Meter messend erlosch, nicht nur Don Dionisios Maisfeld, sondern auch zwei Städte im mexikanischen Bundesstaat Michoacán komplett. Eine davon hieß so wie heute der Aschekegel heißt.

Paricutin, Mexico, 1948

© Wikipedia/K. Segerstrom, U.S. Geological Survey

Der wachsende Berg bot Geologen erstmals die Gelegenheit, die Entstehung und Aktivität eines Schlacken- und Aschekegelvulkans direkt zu untersuchen. Es waren vor allem die Vulkanologen William Foshag von der US-amerikanischen Smithsonian Institution und der für die Regierung arbeitende Mexikaner Jenaro Gonzalez Reyna, denen der Berg zur Lebensaufgabe wurde. Schon innerhalb der ersten fünf Jahre nach jenem 20. Februar erschienen mehrere Dutzend wissenschaftliche Studien in angesehenen Fachjournalen. Der Berg gilt heute als einer von denen, die das Verständnis des Vulkanismus maßgeblich geprägt haben.

Seine Erforschung geht bis heute weiter. Eine der jüngsten Publikationen ist vom Inhalt her fast schon symbolträchtig. In der Arbeit von Eduardo Sáenz und seinen Kolleginnen und Kollegen von der Universidad Nacional Autónoma de México geht es nicht um die zerstörerischen Kräfte des Erdinneren, sondern um die Bildung neuer Nadelwälder auf den fruchtbaren Vulkanböden.

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