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Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie, sprach vorerst zum letzten Mal im „Coronavirus-Update“ des NDR.

© Britta Pedersen/dpa

Letzte Podcast-Folge des Virologen: Drosten rät zur Maske nach dem Vorbild „asiatischer Höflichkeit“

In seiner letzten Podcast-Folge spricht Charité-Virologe Drosten über den Übergang in die Endemie. Er rechnet damit, dass die Corona-Zahlen bis Mai hoch bleiben.

Christian Drosten macht Schluss. Nicht als Leiter des Instituts für Virologie an der Charité, aber mit seinem Nebenjob als Aufklärer der Nation. Seit Februar 2020 lieferte er in der NDR-Podcast-Reihe „Das Coronavirus-Update“ regelmäßig seine Einschätzungen zur Corona-Pandemie.

An diesem Dienstag tat er es zum letzten Mal. In Folge 113 sprach er sich vor allem mit Blick auf immungeschwächte Menschen und Risikopatienten für das Tragen von Masken aus – „wenn es schon nicht alle anderen tun“. Allerdings rechnet er damit, selbst bei sinkenden Inzidenzen im Sommer, dass sich die Menschen am Beispiel der „asiatischen Höflichkeit“ orientieren könnten. Also Maske tragen, wenn sie Symptome haben, aber generell aus Höflichkeit in allen sozialen Situationen.

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Bevor die Zahlen im Sommer sinken, werden sie „bis zu den Osterferien oder ein, zwei Wochen danach“ noch hoch bleiben, sagt der Virologe und gibt einen Ausblick auf die nächsten Wochen. „Wir sehen, dass im Moment die Krankenhaus-Aufnahmen relativ linear ansteigen, gleichzeitig sehen wir eine Umverteilung in die älteren Altersgruppen. Das heißt: Wir werden auch wieder mehr Intensivbetten voll haben und auch wieder mehr Todesfälle sehen in der nächsten Zeit, vielleicht bis Mitte Mai.“ 

Zur Entwicklung und Ausbreitung möglicher Varianten erklärt er, dass das Virus nicht stabil bleibe. „Es (Omikron Anm.) kommt jetzt nach China, das ist eine so große Bevölkerung. Ich denke nicht, dass es gelingen wird, das zu kontrollieren – und das schafft enorme Evolutionsmöglichkeiten für das Virus.“ 

Das Virus – „eine dauerhafte Verblüffung“ 

Überhaupt hätte ihn die Veränderungsfähigkeit des Virus bisher am meisten überrascht. „Wir sind alle total verblüfft darüber, wie schnell das Virus sich verändert, wie es sich anfangs ohne Immunflucht verändert hat, wie jetzt die Immunflucht dazukommt. Es ist eigentlich eine dauerhafte Verblüffung da.“

Einen Übergang in die Endemie sieht er jedenfalls nicht so schnell kommen. Dies gehe nicht von heute auf morgen, aber „wir sind schon ein ganzes Stück drinnen in dem Prozess“. Drosten erläutert, dass die Infektionssterblichkeit in Deutschland mit Impfung und unter Omikron auf etwa 0,1 Prozent gesunken ist.

„Wir kommen was die Sterblichkeit betrifft schon in Bereiche einer schweren Grippe-Saison, aber man darf Zähler und Nenner nicht vergessen.“ Und der Nenner wäre groß, weil es keinen Übertragungsschutz gebe. Bei der Influenza werde die Gesamtzahl nicht so groß, da es insgesamt in der Bevölkerung nicht so viele Übertragungen gebe.

Der Virologe weist daraufhin, dass jeder in seinem Leben schon x-Mal eine Infektion mit Influenza durchgemacht habe. Diese finden in der Rachenschleimhaut statt, die vereinfach gesagt ein eigenes Immunsystem habe. Genau deswegen bestehe auf der Schleimhaut eine Immunität, die vor allem Erwachsenen weniger infektiös mache als Kinder, die noch nicht so viele Infektionen hinter sich haben

Bei SARS-CoV-2 wäre das anders. „Wir haben eine Minderheit in der Bevölkerung, die überhaupt einen Schleimhautvirus-Kontakt hinter sich hat.“ Viele wären immun wegen der Impfung, andere gar nicht. Doch selbst die Geimpften hätten keine besondere Schleimhautimmunität und damit einen Übertragungsschutz. Das liege daran, dass die Impfung eben nicht an der Schleimhaut passiert, sondern am Muskel.

Man brauche eine ganze Reihe von Infektionen, um diese Schleimhautimmunität und einen Übertragungsschutz aufzubauen, erklärt Drosten. Er rechnet damit, dass über den Sommer Infektionen stattfinden und spricht dabei von vielen jungen Leuten („Party-Generation“), die sich das zweite und dritte Mal infizieren könnten. Doch selbst das werde „wahrscheinlich nicht ausreichen“.

Wie geht es im Herbst und Winter weiter?

Der Virologe rechnet damit, da viele keinen Schutz haben und es kälter wird, zu verstärkter Übertragung kommt. Dann würde der R-Wert wahrscheinlich wieder zwischen 2 und 3 landen, „wenn man nichts machen würde an bremsenden Maßnahmen“. Dann hätte man wieder sehr viele Fälle.

„Man braucht wahrscheinlich eine Reihe von Infektionen im Hals und in der Nase, um diese Übertragungsimmunität aufzubauen, wenn man keinen Lebendimpfstoff hat und den haben wir nicht.“ Im Moment können niemand sagen, wie viele Infektionen dafür nötig seien.

Drosten ist jedenfalls überzeugt, dass man es „nicht einfach so laufen lassen könne im Herbst“. Dies würde ihn sehr wundern, sagt der Virologe, zeigt sich aber auch optimistisch. „Vielleicht ist es aber der letzte Herbst, wo man nochmal so gegenbremsen muss.“ Denn die Sterblichkeit sei geringer und werde zum Herbst noch einmal geringer werden. Man müsse vor allem durch Masketragen in Räumen handeln, „dann wird es von Stufe für Stufe runtergehen“.

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