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Die Bundeskanzlerin Angela Merkel.

© REUTERS/Markus Schreiber

Anhaltend hohe Infektionszahlen: Merkel will keine Zusage für Gastronomie-Öffnung im Dezember geben

Erst müsse die Zahl der Neuinfektionen sinken, dann könne die Politik Entscheidungen treffen. Auch eine neue Studie setzt die Gastronomie unter Druck.

Die anhaltend hohen Zahlen an Corona-Neuinfektionen in Deutschland gefährden ein absehbares Ende der bestehenden Auflagen etwa für die Gastronomie. Kanzlerin Angela Merkel wollte sich am Donnerstag auf Nachfrage nicht festlegen, ob die Gastronomie-Betriebe Anfang Dezember wieder öffnen können. Sie verwies stattdessen in einem Bürgerdialog darauf, oberstes Ziel sei, die Zahl der Neuinfektionen wieder auf einen Wert von 50 Fällen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen zu drücken. Denn man stehe vor einem schweren Winter.

Auch das Robert-Koch-Institut (RKI) mahnte mit Blick auf die Zahlen zur Geduld. "Wir müssen noch ein paar Monate die Pobacken zusammenkneifen", sagte RKI-Präsident Lothar Wieler.

Das RKI meldete am Donnerstag 21.866 Neuinfektionen in Deutschland. Damit liegt die Gesamtzahl der bestätigten Ansteckungen bei 727.553. Die Zahl der Todesfälle steigt nach Angaben des RKI um 215 auf 11.982. Im RKI-Lagebericht wird die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz für ganz Deutschland mit 138,1 Fällen angegeben - also weit über dem von Merkel genannten Zielwert von 50.

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RKI-Chef Lothar Wieler wies darauf hin, dass man auf jeden Fall mit stark steigenden Zahlen an Intensivpatienten und Toten rechnen müsse, weil sich schwere Verläufe der Krankheit oft erst Wochen nach der Infektion zeigten. Das sogenannte Divi-Register weist derzeit 3168 Corona-Patienten in Intensivbetten aus. Die Anzahl der freien Intensivbetten, die die Krankenhäuser melden, sank auf 6652.

"Wir müssen uns darauf einstellen, dass sich die Situation in den kommenden Wochen verschärft. Wir müssen damit rechnen, dass Kliniken an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen", warnte RKI-Chef Wieler. Fast die Hälfte der Krankenhäuser melde inzwischen, dass die Verfügbarkeit an Intensivbetten eingeschränkt sei. Dies liege vor allem an Infektionen beim Personal, das dann nicht mehr zur Verfügung stehe.

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Das deutsche Gastgewerbe warnt dennoch vor einer Schließung von Restaurants und Kneipen über den November hinaus. "Das wäre perspektivisch eine Katastrophe", sagte Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges vom Branchenverband Dehoga zu Reuters. "Der Dezember ist ein unglaublich wichtiger Monat für uns, 2019 haben wir im Dezember acht Milliarden Euro netto umgesetzt."

Die Politik muss die Zahlen abwarten

Bund und Länder dürften nächste Woche bei ihrem Gipfeltreffen keine voreiligen Maßnahmen beschließen. "Die Entscheidungen müssen nachvollziehbar und gut begründet sein." Die Politik müsse abwarten, wie sich die Infektionszahlen entwickelten.

Die Spitzen von Bund und Ländern wollen am Montag eine Zwischenbilanz der Corona-Maßnahmen ziehen, die etwa eine Schließung der Gastronomie sowie von Freizeit- und Kultureinrichtungen für den ganzen November vorsehen. Etliche Ministerpräsidenten haben bereits gewarnt, dass es zu früh für Lockerungen sei.

Es kann nicht wieder Hochzeits- oder Weihnachtsfeiern geben

Auch wenn die Infektionszahlen durch den Teil-Lockdown im November heruntergebracht würden, bedeute das nicht, dass es ab Dezember oder Januar wieder überall richtig losgehen und es wieder Hochzeits- oder Weihnachtsfeiern geben könne, warnte Gesundheitsminister Jens Spahn im rbb.

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Laut RKI ist unklar, inwieweit die derzeit abgeschwächte Dynamik bei den Infektionszahlen mit den für November verhängten Einschränkungen oder mit Lücken angesichts des überlasteten Testsystems zusammenhängen. Die Leiterin des RKI-Lagezentrums, Ute Rexroth, betonte aber, dass sich das Virus ohne die Maßnahmen sehr viel schneller verbreiten würde. "Es könnte viel schlimmer sein", sagte sie. "Das ist ein großer Erfolg, der der Bevölkerung zu verdanken ist."

Sowohl Kanzlerin Merkel als auch RKI-Chef Wieler bezeichneten die Nachrichten über die Entwicklung eines Corona-Impfstoffes als ermutigend. Beide betonten aber, dies ändere nichts daran, dass man den ganzen Winter über weiter versuchen müsse, die Zahl der Neuinfektionen zu drücken.

"Plausibel", dass sich Menschen in Restaurants ansteckten

Man könne Erfolge haben, sagte Merkel und verwies auf die stark sinkenden Corona-Zahlen in dem früheren Hotspot Berchtesgadener Land, über die sie am Donnerstag mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder gesprochen habe.

Die Gastronomie war auch durch eine neue Studie der Stanford-Universität unter Druck geraten, die durch die Auswertung von Millionen Mobilitätsdaten einen Zusammenhang zwischen Infektionen und Restaurant-Besuchen festgestellt hatte. Mit Blick auf die Diskussion über weitere Einschränkungen sagte auch RKI-Chef Wieler, es sei "plausibel", dass sich Menschen in Restaurants ansteckten. Umso wichtiger sei, dass nach einer Wiederöffnung der Gastronomie Hygienekonzepte umgesetzt würden und dies auch kontrolliert werde, forderte Wieler. Hier habe es Defizite gegeben.

Auffällig sei auch, dass vermehrt Corona-Fälle in Schulen aufträten. Infektionen würden in die Schulen hineingetragen. Es müssten auch dort die empfohlenen Hygienekonzepte auf jeden Fall umgesetzt werden, etwa das Maskentragen. Weiler sprach sich aber nicht für Schulschließungen aus, was auch Bund und Länder verhindern wollen. (Reuters)

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