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Konrad Kutt vor seiner ausgebrannten Bücherbox am Bahnhof Grunewald.

© Cay Dobberke

Nach antisemitischem Brandanschlag: Zerstörte Berliner Bücherbox soll ersetzt werden

Damit Konrad Kutt sein Projekt nahe des Mahnmals „Gleis 17“ am Bahnhof Grunewald fortsetzen kann, verspricht das Bezirksamt finanzielle Unterstützung.

| Update:

Mitte August brannte die von Konrad Kutt gegründete Bücherbox vor dem S-Bahnhof Grunewald infolge eines antisemitischen Anschlags aus. In der umfunktionierten Telefonzelle lag wegen der Nähe zum Deportations-Mahnmal „Gleis 17“ vor allem Literatur über die Judenverfolgung in der Nazizeit zur kostenfreien Lektüre aus. Nun will das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf eine Ersatz-Installation mitfinanzieren.

Dies kündigte Stadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) in der September-Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung an, wo er Fragen des CDU-Verordneten Reinhold Hartmann beantwortete. Zusätzlich hatte die Linksfraktion einen BVV-Antrag gestellt, in dem sie die Unterstützung von Kutts Projekt „Nachhaltige BücherboXX“ fordert. Das Amt gewähre dafür schon seit Jahren Zuschüsse, sagte Schruoffeneger. Jetzt werde es eine weitere Zuwendung geben, die auch für den Wiederaufbau einer Bücherbox am selben Ort gedacht sei. Den Betrag nannte der Stadtrat allerdings nicht.

Zum Schutz vor weiteren Anschlägen oder Vandalismusschäden sagte der Stadtrat, im nächsten der regelmäßigen „Monatsgespräche“ mit der Polizei werde das Bezirksamt die Sicherheitslage auf dem Bahnhofsvorplatz ansprechen. Eventuell seien verstärkte Polizeistreifen möglich. Bauliche Maßnahmen lehnte Schruoffeneger dagegen mit der Begründung ab, man wolle „die Normalität wahren“.

Währenddessen will sich Konrad Kutt noch etwas Zeit mit dem Aufbau einer neuen Bücherbox lassen, weil er die Ruine der alten nun auch als Symbol gegen Antisemitismus und Rechtsextremismus versteht. Die Kosten eines Ersatzes schätzt er auf 10.000 Euro. Spenden können auf ein Konto überwiesen werden, dessen Inhaber die Europäische Akademie Berlin ist (Stichwort „BücherboXX“, Berliner Volksbank, IBAN: DE 90 1009 0000 2112 1610 00).

Wenige Tage nach dem Brandanschlag hatte die Polizei einen 63-jährigen Verdächtigen gefasst, der die Tat daraufhin gestand. Er hatte ein antisemitisches Schreiben hinterlassen. Gegen ihn laufen schon Gerichtsverfahren wegen weiterer politisch motivierter Sachbeschädigungen in Berlin, die sich unter anderem gegen Poster des Lesben- und Schwulenverbands und Wahlplakate richteten. Auch ein versuchter Brandanschlag auf das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen in Tiergarten wird dem Mann zur Last gelegt.

Den kostenfreien Büchertausch in ausgedienten Telefonzellen hatte Konrad Kutt vor 13 Jahren ins Leben gerufen. Seitdem wurden rund 20 Bücherboxen In Berlin aufgestellt. Als Geste der europäischen Verständigung stand eine auch an wechselnden Orten in Polen. Charlottenburg-Wilmersdorf zeichnete Kutt vor vier Jahren mit der Bürgermedaille des Bezirks aus.

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