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Berlin: Verdrängungskampf im Becken

In Reinickendorf gibt es bald nur noch ein Schwimmbad – für tausende Schüler und Sportler

In Reinickendorf droht der Schwimmhallen-Notstand. Nach der Stilllegung des Bades in der Cité Foch im vergangenen Jahr soll jetzt auch das Bad im Märkischen Viertel für mehrere Monate wegen dringender Sanierungsarbeiten geschlossen werden. Das verbleibende Paracelsus-Bad hat kaum Zusatzkapazitäten. Für knapp 2100 Schüler und mehrere tausend Wassersportler reicht das kaum aus. Die Berliner Bäder-Betriebe wollen Ausweichmöglichkeiten in anderen Bezirken anbieten, aber auch die sind begrenzt.

Für die Sanierung des Bades am Märkischen Zentrum haben die Bäder-Betriebe angesichts der eigenen Finanzkrise EU-Mittel beantragt. Wenn sie, wie erwartet, genehmigt werden, können die Arbeiten im Sommer beginnen. Die Sanierung wurde in die Sommermonate gelegt, weil dann auch die Freibäder zur Verfügung stehen, so Hans-Joachim Sell von den Bäder-Betrieben. Doch allein die Ferienwochen werden nicht ausreichen, von vier bis fünf Monaten Bauzeit ist die Rede.

Problematisch wird die Situation, weil die Bäder-Betriebe das überwiegend von Schulen und Vereinen genutzte, so genannte Franzosenbad in der Cité Foch bereits 2002 geschlossen und ins Bundesvermögen zurückgegeben haben. Denn es fand sich kein Käufer, der die Sanierung tragen wollte, für die Millionen aufgewendet werden müssten. Nun soll das marode Gebäude abgerissen werden. Die 15 Vereine, die dort trainierten, müssen sich seitdem mit 20 weiteren Wassersportclubs die Halle im Märkischen Viertel teilen. Dort, so Kulturstadtrat Thomas Gaudszun (SPD), halten auch 34 Grund- und Sonderschulen ihren Schwimmunterricht ab. Dazu kommen die Leistungskurse von Gymnasien und Gesamtschulen für das Sportabitur. „Das ist nach unserer Einschätzung nicht aufzufangen“, sagt Gaudszun. Darin ist er sich mit Sportstadtrat Frank Balzer (CDU) einig.

Das schon heute überlastete Paracelsus-Bad kann keinen Ersatz darstellen, sagt auch der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Wassersportvereine, Guido Kersten. Schon jetzt habe jeder Club die Trainingszeiten einschränken müssen. Das Angebot der Bäder-Betriebe, nach 19 Uhr Freibäder zu nutzen, sei für die Schwimmausbildung fünf- bis zehnjähriger Kinder ungeeignet. Entgegen ihrer ursprünglichen Zusage wollen die Bäder-Betriebe auch das Hallenbad in der Weddinger Seestraße während der Sommermonate schließen, klagt der Vorsitzende der „Berliner Wasserratten“.

Hans-Joachim Sell will nach Ersatz suchen und den Reinickendorfer Schülern und Sportlern Schwimmzeiten in Charlottenburg-Wilmersdorf und Spandau anbieten. Außerdem sei die Schließung der Weddinger Halle noch nicht endgültig beschlossen. Bis Ende Januar will Sell Ausweichpläne vorlegen. „Wir streben eine zufrieden stellende Lösung an und wollen die Last auf mehreren Schultern verteilen.“ Abstriche werden die Schwimmer aber auf jeden Fall machen müssen. „Eins zu eins geht es nicht“, sagt Sell.

Rainer W. During

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