Berliner Innenarchitektur: Der Raumversteher
Sein Umgang mit Materialien und Farben macht Gisbert Pöppler zu einem der angesagtesten Innenarchitekten.
Gisbert Pöppler mag Farben, da reicht schon ein Blick durchs Schaufenster der alten Karl-Marx-Buchhandlung in den Bauten von Herrmann Henselmann an der Karl-Marx-Allee. In den Regalen stehen keine Bücher mehr, sondern Farbtafeln, im Fenster steht eine rot gestrichene Konsole und das abgerundete Podest, auf dem ein lichtgrünes Sofa thront, ist mit einem lilafarbenen Veloursteppich bezogen.
Seit Februar 2022 hat der Innenarchitekt sein Atelier in die denkmalgeschützte Buchhandlung verlegt, erst jetzt, nachdem er die Wände farbig gestrichen, die Räume so eingerichtet hat, dass sie als Beispiele für seine Arbeit dienen, feierte er den Einzug.
Das Büro ähnelt mehr einem Probenlager oder einem Labor, auch oben stehen in den vorderen Räumen in den Regalen Bücher mehr, sondern Farb- und Materialproben. Lackiertes Holz, glasierter Stein, bunter Marmor, Terrazzo, alles extra für Gisbert Pöppler hergestellt.
Der studierte Architekt baute lange Häuser, beschäftigte sich also mit der Außenhülle, bis er sich immer mehr zum Kern vorarbeitete, irgendwann hatte er keine Lust mehr auf Wärmedämmung und Brandschutzvorschriften und widmete sich nun dem Inneren des Hauses.
Er, als Architekt, ist erstaunt darüber, wie wenig seine Kollegen holistisch denken. „Die Hülle soll gut aussehen, aber schon die Grundrisse funktionieren heute nicht mehr.
So war für ihn das Projekt „The Village“ ein echter Glücksfall, weil er seit dem Rohbau in die Planungen einbezogen war. In der Dachaufstockung in Mitte plante er, statt einer durchgehenden Wohnung, in die Hülle mit großen Glasfronten drei Kuben, die wie kleine Häuser funktionieren – deshalb auch der Name. Um all die verbauten Materialien zusammenzuhalten, ließ er die Decke auberginefarben streichen – das kostete einige Überredungskunst.
Dafür muss er sich sicher sein, dass er das Richtige tut. Erst einmal hört er nur zu. Er weiß, dass seine Kunden zwar eine Vorstellung haben, wie sie leben möchten, aber nicht wie sie dahin kommen.
Da hilft es, mit Gisbert Pöppler in den Keller zu gehen. In mehreren hintereinander liegenden Räumen, mit rohen Betonwänden und -decken stehen die alten Schubladenschränke der Buchhandlung. Beim Umzug waren sie noch achtlos aufeinandergestapelt, verstaubt und verschmutzt, jetzt lagern darin Materialproben für Vorhänge, Böden, Wände und Möbel.
In einem Raum sind auf einem Sockel die Steinplatten aufgestellt – grüner Marmor, geschliffener Stein, einer mit rauer Oberfläche. Damit die Kunden einen ersten Eindruck bekommen – auch Fußleisten, Holzvertäflungen, Stuck liegen in Regalen.
Auch die Küche dient als Anschauungsobjekt – nicht nur die Einbaumöbel, sondern auch der Raum. Um die Proportionen zu verändern, zog der neue Mieter ein Podest ein. Jetzt kann man vom grün lackierten Tisch aus dem Fenster sehen. Darum geht es Gisbert Pöppler und seinem achtköpfigen Team: Ein Raum ist wie ein Puzzle, nur wenn alles sinnvoll zusammengefügt wird, kann ein größeres Bild entstehen.
Der immer gleiche Luxus, der in vielen Wohnprojekten behauptet wird, ödet ihn an. Marmor, Eichenparkett, alles in zurückhaltenden Farbtönen. „Ablesbarer Luxus interessiert mich nicht“, sagt er. Stattdessen lässt er am liebsten alles maßanfertigen. Für eine Villa in Hagen entwarf er extra eine Klinke für die Haustür. So entstand aus den Prototypen überhaupt erst eine Möbelkollektion, die von Beistelltischen über Sessel bis hin zu Esstischen und Sofas reicht.
Was Gisbert Pöppler anbietet, ist dann wirklich Luxus, weil alles auf die späteren Bewohner angepasst ist und oft extra angefertigt wird – bis hin zu den Möbeln. So entstand seine Möbelkollektion, die er in seinem Showroom zeigt.
Sein Stil ist eigenwillig. So sehr, dass sich Handwerker schon mal weigern, seine Wünsche auszuführen. Wie ein Maler, der eine Säule nicht in drei kontrastierenden Farben streichen wollte. Handwerker, die seiner Arbeit kritisch gegenüber stehen, sind Pöppler die liebsten – wie der Maler, der jetzt sein größter Fan ist.
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