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Berlintransfer: Gasag-Sammlung in der Berlinischen Galerie

Die Gasag-Sammlung in der Berlinischen Galerie - Die Sehnsucht der deutschen Hauptstadt, mit New York gleichzuziehen, war schon immer unstillbar.

Wenn die Berlinische Galerie nun ihre Ausstellung, mit der sie die Gasag-Sammlung als integralen Teil ihres eigenen Bestandes vorführt, „Berlin Transfer“ nennt, so spielt das einerseits auf den Ortswechsel der Werke vom Unternehmen ins Museum an, andererseits auf den großen Roman von Dos Passos aus dem Jahr 1925. „Manhattan Transfer“ erzählt die Geschichte des urbanen Lebens in New York; das Buch porträtiert den Großstadtdschungel mit vielen kleinen Strängen anhand diverser Biografien.

Was als Buchidee funktioniert, muss als Ausstellungskonzept nicht unbedingt aufgehen. Auch „Berlin Transfer“ stellt sich als Anhäufung loser Enden dar, die in Kapiteln zusammengefasst werden: manchmal genial, großartig auf den Punkt gebracht, dann wieder über’s Knie gebrochen. Nicht Lebensläufe, die sich willkürlich kreuzen, werden hier kombiniert, sondern künstlerische Arbeiten.

So gibt es bei Florian Merkels weiblicher Gestalt, einem stilisierten Cut-out, und Thomas Ellers überlebensgroßen fotografischen Selbstporträts, auf Aluminiumaufsteller appliziert, nur einen schlichten gemeinsamen Nenner: dass beide menschliche Darstellungen sind. Die Kombination von Raimund Kummers „Eyecatcher“, ein gigantischer Augapfel aus Glas im Gumminetz, mit Adrian Rovatkays „Eckenstehern“, vier in den Saalecken angebrachten Guckkästen, liegt ebenfalls auf der Hand. Auch die Teppichkunst eines Bernhard Garbert, der aus roten quadratischen Bodenbelägen sich kreuzende Kurzwörter ausgeschnitten hat, fügt sich fast zu gut zu Alex Flemmings „Flying Carpet“, einem Orientläufer in der Silhouette eines Flugzeuges.

Eines solch demonstrativen Beweises, dass sich die Gasag-Sammlung perfekt in den Bestand der Berlinischen Galerie fügt, hätte es eigentlich gar nicht bedurft. Das Unternehmen hat gut beraten von der Kunstfabrik Am Flutgraben in den letzten acht Jahren Werke Berliner Künstler gekauft. Der Umzug der Gasag vom Shell-Haus in ein gläsernes Bürogebäude am Hackeschen Markt machte eine neue Lösung für die heimatlos gewordenen Werke notwendig.

Auf 20 Jahre ist die Leihgabe der Gasag befristet. Die Berlinische Galerie hofft auf deren endgültigen Verbleib, denn aus eigenen Mitteln schafft sie es kaum, Kunst aus Berliner Ateliers zu erwerben. Und das in einer Zeit, in der die Stadt als bedeutendste internationale Produktionsstätte gilt. Mit „Berlin Transfer“ aber hat sich die Berlinische Galerie als Hort dieser Kunst nochmals in Erinnerung gebracht, als Gedächtnis der Stadt. Das Vergnügen der Ausstellung besteht darin, die Vielgestaltigkeit reflektiert zu sehen und etwa plötzlich der bildschönen Natalie Portman gegenüber zu stehen. „My Girlfriend Natalie“ hat Kristleifur Björnsson seine aus dem Internet gezogene Fotocollage überschrieben. Im Museum sind Bilder und „Beauties“ nicht länger exklusiv, sondern für alle da. Nicola Kuhn

Berlinische Galerie, Alte Jakobstr. 124–128, bis 24. 5.; Mi.–Mo. 10–18 Uhr.

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