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Ausgeixt: Die Programme des Deutschlandradios sind nicht mehr auf der Plattform X vertreten.

© picture alliance / dpa/Stephanie Pilick

Update

Rückzug des Deutschlandfunks von X: Der Deutschlandfunk lässt seine 314.000 Follower im Stich

„Angesichts der Entwicklungen auf dieser Plattform“ verabschiedet sich der DLF von Musks Plattform. Doch der öffentlich-rechtliche Auftrag sieht anders aus. Die Sender dürfen sich ihr Publikum nicht aussuchen. Jetzt hat der Deutschlandfunk auf die Kritik reagiert.

Ein Kommentar von Joachim Huber

Der Deutschlandfunk hat vor wenigen Tagen seinen X- Account aufgegeben, versehen mit der schmallippigen Begründung, „angesichts der Entwicklungen auf dieser Plattform haben wir uns dazu entschlossen, diesen Kanal nicht länger zu betreiben.“

Das Warum bleibt ohne Antwort

Mehr Erklärung wurde nicht gegeben. Ob es das erratische Verhalten des X-Eigners Elon Musk, das ins Rassistische und Antisemitische hinüberlappt, oder die schmutzig-giftigen Tweets abgedrifteter Follower waren, was den Abschied ausgelöst hat – der Deutschlandfunk lädt zum Ratespiel ein.

Das Programm ist kein Irgendwas-Programm. Der Deutschlandfunk ist das wichtigste Informationsradio im deutschsprachigen Raum. Hier, vor allem am Morgen, wird die Agenda der Republik aufgestellt, dargestellt und diskutiert. Und der Sender ist eigenständig wie selbstbewusst genug, am Montag um 20 Uhr 10 ein Musikjournal auszustrahlen, in dem das Thema „Tradition und Aufbruch – Klassische Musik in Taiwan heute und gestern“ behandelt wird. So irre wie großartig.

Julian Reichelt, der Zündler mit Journalisten-Tarnkappe, meinte zum DLF-Abschied bei X: „Adios, grüner Propaganda-Funk!“ Nur eine der zahllosen „Jubelreaktionen“. Fast könnte Verständnis aufkommen, warum sich die Verantwortlichen und Macher in Köln aus diesem Echoraum von Feindschaft bis Hass zurückgezogen haben.

Schnauze voll und tschüss ist ein Verhalten, das sich privat, nicht aber öffentlich-rechtlich rechtfertigen lässt. Der Deutschlandfunk mit seinem Fokus auf geprüfter und nachprüfbarer Information gehört auf X, wie er auf Twitter gehört hat. Er müsse Flagge zeigen, statt sich in kuscheligere soziale Medien zurückzuziehen, schrieb Liane Bednarz. Richtig, der DLF lässt seine 314.000 Follower bei X schlicht im Stich.

Der Deutschlandfunk (wie auch seine Schwestersender DLF Kultur und DLF Nova) scheint zu der Überzeugung gekommen zu sein, dass er sich von der Meinung anderer Menschen so wenig nerven lassen muss wie davon, dass Menschen andere Meinungen nicht mehr aushalten können.

Ein öffentlich-rechtlicher Sender darf sich seines Auftrags und seiner Finanzierung wegen sein Publikum nicht aussuchen, er hat sich allen Publika auf allen relevanten öffentlichen Plattformen zu stellen. Umgekehrt wird doch ein Schuh draus: In der grassierenden Raserei mancher Follower zeigt sich der Wert dieses Real-News-Mediums.

Der Deutschlandfunk aber hat sich entschieden und er hat eine falsche Entscheidung getroffen.

Reaktion des Senders

Auf diese Kritik hat ein DLF-Sprecher gegenüber dem Branchendienst meedia.de reagiert. „Wir haben uns dazu entschlossen, unsere Konten auf der Plattform „X“ stillzulegen, weil wir dort zuletzt immer weniger Menschen mit unseren Beiträgen erreicht haben. Außerdem sind kaum noch Nutzer über die Plattform bspw. auf unsere Websites gelangt. Diskussionen mit dem Publikum waren immer weniger möglich. In den vergangenen Monaten haben wir zudem den Eindruck gewonnen, dass die Content-Moderation auf der Plattform deutlich zurückgefahren wurde und Hasskommentare zugenommen haben. Hinzugekommen sind technische Probleme und inhaltliche Änderungen wie die des Verifizierungssystems“, so ein Sprecher gegenüber meedia.de.

Deutschlandradio werde sich auch weiterhin auf Social-Media-Plattformen engagieren, um Nutzerinnen und Nutzer zu erreichen, die man mit unseren eigenen Websites, Apps und Radioprogrammen (noch) nicht erreichte. Das zeigt auch ein Überblick.

„Neben dem Ziel, neues Publikum zu erreichen, geht es uns außerdem darum, uns auf diesen Plattformen mit den Nutzerinnen und Nutzern auszutauschen. So wie wir es seit vielen Jahren auch in unseren Radiosendungen tun“, meinte der Sprecher abschließend zum Thema.

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