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Hertha BSC: Jetzt zittern wir wieder

Es sieht nicht gut aus für die Kicker von Hertha, aber manchmal gibt es Wunder.

W as soll die ganze Aufregung? Hertha kann doch sogar noch Meister werden, rein rechnerisch. 17 Spiele in der Rückrunde, mal drei, macht 51 Punkte. Mit den sechs Punkten aus der Hinrunde sind das 57. Wenn der Rest der Liga fleißig unentschieden spielt, klappt das. So weit der Ausflug in das Reich der Träume, heute beginnt die Realität, in Hannover, um 15.30 Uhr. 4000 Berliner sind dabei, und eine ganze Millionenstadt zittert mit ihnen und den elf Spielern auf dem Rasen.

Na gut, vielleicht zittern nicht alle Berliner. Manchen schwören eher auf Basketball, Alba ist eine tolle Mannschaft. Andere stehen auf Eishockey, die Eisbären haben gerade einen irren Lauf. Der FC Union ist stolz auf seine eisernen Fans, und dann sind da noch die Füchse aus Reinickendorf, für die sich die Handballgemeinde begeistert. Alles Gründe, und es gibt noch ein paar mehr, warum das Olympiastadion so oft nur halb voll ist, gerade im Winter. Wenn der eiskalte Wind durch das Marathontor in die Schüssel pfeift, ist es da ziemlich lausig.

Hertha, ein Wessiverein, großkotzig wie das alte Westberlin und genauso nörgelig? Viele Krawallmacher, jede Menge Besoffene? Liebe Kritiker, ihr habt keine Ahnung. Wann wart ihr das letzte Mal im Stadion? Neben uns sitzt ein Binnenschiffer aus Gransee mit seiner Tochter, an jedem Spieltag sind sie da. Hinter uns lauter Brandenburger, die sich wie die Kinder freuen, wenn die Herthaner auf der Siegesstraße sind. Die sich mit uns darüber geärgert haben, als am Ende der letzten Saison die wichtigsten Spieler auf der Bank saßen. Die mit uns fassungslos registrierten, dass der Verein seine wichtigsten drei Spieler nicht halten wollte. Und die nun Heimspiel um Heimspiel mit den Spielern zitterten, die den Kopf nicht freibekommen.

Apropos Kinder: Weil das Herthapublikum so friedlich ist, tummeln sich seit Jahren im Olympiastadion immer mehr Eltern mit ihren Kindern – Bundesligafußball als Familienausflug, wer hätte sich das noch vor zehn Jahren vorstellen können in Berlin?

Warum das hier alles so steht, ein bisschen rührselig, ein bisschen verlegen, mit einem Anflug von Trotz? Weil die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland einen Erstligaklub im Fußball braucht, zwei wären besser, ein Aufstieg von Union wäre super, aber keiner aus Berlin oben dabei, das wäre finster. Natürlich weiß der Verfasser dieser Zeilen, dass der Klassenerhalt von Hertha fast so unwahrscheinlich ist wie die Meisterschaft, aber ein bisschen Wunder darf ja auch schon im Fußball sein, nach all den Wundern, die es in den letzten 20 Jahren gab.

Zugegeben ist das hier auch ein Stück Betroffenheitsjournalismus, also das, was eigentlich überhaupt nicht sein darf – der Autor ist Hertha-Mitglied. Er verspricht auch, es kommt nicht wieder vor, aber in den kommenden Wochen würden ein paar Millionen gute Wünsche den Fußballern von Hertha guttun und vielleicht der ganzen Mannschaft diese Botschaft übermitteln: Jungs, nehmt euch zusammen, die ganze Stadt setzt auf euch!

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