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Über die Länder. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel am Montag in Potsdam gemeinsam mit den Spitzenkandidaten bei den anstehenden Landtagswahlen im Saarland, Heiko Maas (rechts), und Schleswig-Holstein, Torsten Albig (links).

© dpa

Wahlkampf der SPD: Die Kanzlerin ist tabu

Die SPD will für ein rot-grünes Bündnis keine Kampagne gegen die Regierungschefin führen. Stattdessen wollen sich die Sozialdemokraten dem Kampf gegen die wachsende soziale und kulturelle Spaltung Deutschlands widmen.

Von Hans Monath

Sigmar Gabriel bemühte sich, besonders gute Laune zu demonstrieren. „Wir haben eine fröhliche Klausur hinter uns gebracht“, verkündete der SPD-Chef am Montag nach dem zweitägigen Strategie-Treffen des Parteivorstands auf der Halbinsel Hermannswerder in Potsdam. Was die Sozialdemokraten angeblich beflügelte, war laut Gabriel der Blick auf die eigenen Umfragewerte und die der Regierungsparteien. Gemeinsam mit dem Wunschpartner Grüne habe die SPD in den zwei Jahren seit der Wahl mächtig aufgeholt, während Union und FDP viele Prozente verloren hätten und längst über keine demoskopische Mehrheit mehr verfügten. „Die elf runter, wir elf rauf, das ist eine gute Grundlage, um die letzten zwei Jahre vor der Bundestagswahl anzugehen“, meinte der SPD-Chef. Die Sozialdemokraten seien sicher, dass sie „am Ende eine Mehrheit für SPD und Grüne bei der Bundestagswahl erreichen können“.

Ein großes Problem muss die SPD allerdings noch aus dem Weg räumen, wenn sie dieses Ziel tatsächlich erreichen will. Denn die Krise der schwarz-gelben Regierung, das Siechtum der FDP und das Wanken des Bundespräsidenten, der von Schwarz-Gelb ins Amt gewählt wurde, hat der Achtung der Bürger vor Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wenig anhaben können: Ihre Wert sind stabil, die der Union liegen noch immer rund fünf Prozent über denen der SPD. Und das, obwohl die potenziellen SPD-Kanzlerkandidaten Gabriel, Ex-Finanzminister Peer Steinbrück und Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier ein breites Spektrum von Wählern ansprechen – womöglich ein breiteres, als das die Sozialdemokraten nach der Entscheidung über ihren eigenen Kanzlerkandidaten tun können.

Vor dem Hintergrund dieser Erfahrung will die SPD deshalb ausdrücklich keine personenzentrierte Kampagne gegen Merkel fahren – zumindest im kommenden Jahr nicht. „Es geht nicht darum, Frau Merkel zu knacken“, versicherte Gabriel. Erst im Lichte der Ergebnisse der Niedersachsen-Wahl vom Januar 2013 soll deshalb die Entscheidung über den SPD-Kanzlerkandidaten fallen. Nur am Ende eines zugespitzten Wahlkampfs, so sagte Gabriel, werde es im Wahlkampf auch um die Kanzlertauglichkeit gehen – „aber doch nicht zwei Jahre vorher“.

Statt Attacken gegen Merkel zu reiten, will sich die SPD deshalb im laufenden Jahr mit ganzer Kraft dem Kampf gegen die wachsende soziale und kulturelle Spaltung Deutschlands widmen. „Wir müssen das Jahr 2012 zum Jahr der fairen Löhne machen und zum Jahr der höheren Löhne“, kündigte Gabriel an. Dabei gehe es nicht nur um Mindestlöhne, sondern auch um gleiche Löhne für Zeit- und Leiharbeiter wie für Festangestellte und um höhere Tarifabschlüsse, denn die Binnennachfrage müsse steigen. Im Interesse der Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland will die SPD gegen den Fachkräftemangel angehen, indem sie mehr Frauen in den Arbeitsmarkt holt und Schulversagern besser hilft. Auch die Energiewende, zentrale Voraussetzung für eine starke Wirtschaft, soll ein wichtiges Thema werden. Bei der schwarz-gelben Koalition sieht Gabriel das Vorhaben jedenfalls schlecht aufgehoben. „Die Energiewende droht völlig vor die Wand zu fahren“, mahnte er.

Erstmals in ihrer langen Geschichte will die SPD die Bürger mitentscheiden lassen, mit welchen Positionen sie 2013 in den Bundestagswahlkampf zieht. Bei der Erarbeitung des Regierungsprogramms sei eine „Volksbeteiligung“ geplant, kündigte Gabriel an und sprach in diesem Zusammenhang von „einer Art Bürger-Tüv“. Jeder Bürger sei eingeladen, etwa im Internet der SPD Vorschläge zu machen oder auch ihre Positionen zu kritisieren. Die SPD, so meinte Gabriel, setze damit ihren Kurs fort, sich für alle gesellschaftlichen Strömungen zu öffnen. Der Parteichef war im vergangenen Jahr allerdings in seiner eigenen Partei mit dem Vorschlag gescheitert, die Bürger auch über Personalfragen in der SPD mitentscheiden zu lassen.

Nicht ganz eindeutig äußerte sich Gabriel zu der Frage, ob die SPD im Bundestag ihre Zustimmung zu einer möglichen Aufstockung des Euro-Retttungsschirms von der Einführung einer Finanztransaktionssteuer abhängig macht. Die Einführung einer solchen Steuer sei „eine der wesentlichen Voraussetzungen“ für eine Zustimmung, sagte er. Ohne Rücksicht auf den Widerstand der FDP müsse Deutschland dem französischen Beispiel folgen und zumindest auf eine Einführung im Euroraum drängen: „Es ist eine Schande, dass Frankreich die jetzt allein einführen will.“

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