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Drogensucht: Heroinabgabe in sieben Städten droht das Aus

Die staatliche Heroinabgabe an Schwerstabhängige steht vor dem Aus. Das in sieben Städten laufende, zeitlich begrenzte Projekt hat ohne eine Initiative auf Bundesebene kaum eine Chance auf Fortsetzung.

Berlin - Die betroffenen Kommunen setzen sich vehement für eine Verlängerung des Modellversuchs "Heroingestützte Behandlung von Schwerstabhängigen" ein. Er ist befristet bis zur Jahresmitte. Einigen Schwerstabhängigen droht bei einem Aus Lebensgefahr. Die Städte beurteilen das Abgabe-Projekt durchweg positiv. Ein Teil der sieben Kommunen hofft auf eine Genehmigung des Bonner Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Eine Tendenz der Entscheidung der Behörde ist vorher nicht absehbar.

Die kontrollierte Heroinabgabe war ab 2002 als Modellversuch in Bonn, Frankfurt/Main, Hamburg, Hannover, Karlsruhe, Köln und München gestartet worden. Heroinsüchtige, die nicht mehr mit dem Ersatzstoff Methadon behandelt werden konnten, bekommen unter Aufsicht synthetisch hergestelltes Heroin (Diamorphin). Die Bundestagsfraktion der CDU/CSU hatte im November schon eine weitere medizinische Behandlung Süchtiger mit Heroin abgelehnt.

Frankfurt will notfalls klagen

Die Stadt Frankfurt/Main stellte beim Bonner Institut einen Antrag, um die Vergabe um drei Jahre zu verlängern. Das sagte die städtische Gesundheitsdezernentin Manuela Rottmann. Werde die verlangte Ausnahmegenehmigung abgelehnt, sei man zu einer Klage entschlossen. Derzeit erhalten in Frankfurt 59 Menschen Heroin. Im Fall einer Aufgabe der Heroinabgabe sei für die Betroffenen eine Verschlechterung bis hin zur Lebensgefahr zu befürchten, heißt es bei der Stadt München. "Wir müssen befürchten, dass dann Menschen sterben", sagte auch die Kölner Gesundheitsdezernentin Marlis Bredehorst. Ein kontrollierter Ausstieg sei kaum möglich, da die Betroffenen Therapien mit Ersatzdrogen wie Methadon bereits abgebrochen hätten.

Bredehorst betonte, alle beteiligten Städte - auch die CDU-regierten - wollten das Projekt fortführen. Unionsgeführte Länder sind allerdings dagegen, was eine breite Bundesratsinitiative einschränkt. In Köln gehe es um weniger als 100 Schwerstabhängige. Im Interesse dieser Menschen hoffe sie weiter auf ein Bundesgesetz. Beim Referat für Gesundheit und Umwelt der Stadt München hieß es weiter, wenn eine rettende Initiative nicht in den ersten drei oder vier Monaten dieses Jahres komme, müsse man das Projekt aufgeben. München ist ein relativ kleines Zentrum mit 17 Patienten.

Illegal will keiner weitermachen

Auch die Stadt Karlsruhe ringt um die Fortführung ihres Modellversuchs. Man wolle zwar zunächst am 7. Februar mit den anderen betroffenen Städten gemeinsam beraten, wie verfahren werden kann. "Wir erwägen aber ähnlich wie Frankfurt einen Antrag beim Bundesinstitut für Arzneimittel auf Verlängerung zu stellen", sagte der Karlsruher Sozialbürgermeister Harald Denecken (SPD). In der Stadt sind 13 Schwerstabhängige betroffen. Auch die Stadt Hannover setzt für die 33 Süchtigen auf das Bundesinstitut.

Es sei nicht denkbar, dass man gegebenenfalls auch nach dem 30. Juni illegal weitermachen werde, sagte eine Bonner Stadtsprecherin. Dort werden 36 Patienten behandelt. "Dann müssten wir ja quasi als Dealer auftreten." Ein Antrag beim Bundesinstitut sei nicht gestellt worden und werde auch nicht gestellt. Es müsse hier um eine dauerhafte und politische Lösung gehen. Nur so sei auch die weitere Finanzierung zu gewährleisten. Hamburg mit seinen zuletzt 75 betroffenen Schwerstabhängigen setzt auf eine Fortführung durch eine "politische Entscheidung". Ein Sprecher der Gesundheitsbehörde ließ aber offen, ob die Stadt das per Bundesratsinitiative erreichen will. (tso/dpa)

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