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Verkehr: Maut-Daten zur Strafverfolgung?

Generalbundesanwalt Kay Nehm will die Aufzeichnungen aus dem Lkw-Mautsystems zur Verfolgung von Unfallflüchtigen und anderen Verkehrsstraftätern nutzen. Der ADAC kritisierte den Wunsch nach dem "gläsernen Autofahrer".

Goslar - Bei der offiziellen Eröffnung des 44. Deutschen Verkehrsgerichtstages in Goslar forderte Nehm am Donnerstag eine «begrenzte und formal klar geregelte Öffnung des Mautsystems». Es sei Unfallopfern oder Hinterbliebenen nur schwer zu erklären, dass die im System gesammelten Daten zwar in Bußgeldverfahren gegen Mautpreller verwertet werden dürfen, bei der Strafverfolgung jedoch nicht. Zu den Verkehrsverstößen, die als Straftaten gelten, gehören unter anderem Nötigung durch Drängeln und zu dichtes Auffahren, unterlassene Hilfeleistung oder Fahren ohne Führerschein. Allerdings solle das Erfassungssystem nicht zur flächendeckenden Verfolgung von Straftaten oder gar für Bewegungsbilder zweckentfremdet werde, betonte Nehm, der Präsident der Deutschen Akademie für Verkehrswissenschaft ist.

Nach Ansicht des Generalbundesanwalts bietet die Lkw-Maut für Fahrer und Spediteure geradezu einen «Anreiz zur Entwicklung von Vermeidungsstrategien». Dazu gehöre neben dem Ausweichen auf Umgehungsstraßen auch das Überladen von Lastwagen. Dieses gefährde nicht nur die Sicherheit, sondern führe auch zu einem übermäßigen Verschleiß der Straßen. Das bedeute mehr Baustellen mit Engpässen und Staugefahren. Deshalb müsse häufiger und effektiver kontrolliert werden, ob Lkw das zulässige Gewicht überschreiten, forderte Nehm.

Dazu schlug er eine flächendeckende Kontrolle von Lastwagen an den rund 300 Mautstellen auf den Autobahnen vor. Mit so genannten dynamischen Systemen, die das Gewicht von Lkw während der Fahrt messen, könnten mutmaßlich überladene Lkw herausgefiltert werden. Diese könnten dann zu Kontrollstellen geleitet und dort gewogen werden. An Werktagen seien in Deutschland mindestens 30 000 überladene Laster unterwegs, sagte Nehm. Die Investition in ein solches Kontrollsystem werde sich deshalb finanziell selbst tragen.

Mit dem Thema Kontrolle von Verkehrsteilnehmern und Datenschutz befasst sich auch einer der Arbeitskreise des Verkehrsgerichtstages. Nach Ansicht des ADAC ist es schon heute möglich, mit Hilfe der an Lkw-Maut-Brücken und anderen Messeinrichtungen gesammelten Daten ein vollständiges Bewegungsprofil jedes Autofahrers zu erstellen. Dies würde nach Auffassung des Automobilclubs aber gegen das Recht auf informelle Selbstbestimmung verstoßen, auch wenn aus kriminalpolizeilicher Sicht der «gläserne Autofahrer» wünschenswert sein möge. Bei dem bis zum Freitag dauernden Kongress diskutieren knapp 1700 Experten aus 17 Ländern über aktuelle Fragen des Verkehrsrechts. (tso/dpa)

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