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Ein Boxer Tracked des Herstellers Krauss-Maffei Wegmann (KMW) nimmt an einer Vorführung auf dem Truppenübungsplatz Lehnin teil.

© dpa/Fabian Sommer

Nach Russlands Ausstieg: Deutschland setzt Vertrag zur Rüstungskontrolle aus

Seit 1990 sollte der sogenannte KSE-Vertrag die konventionelle Aufrüstung in Europa begrenzen. Nun legt Deutschland das Abkommen vorerst auf Eis.

Deutschland setzt nach Angaben des Auswärtigen Amtes den 1990 geschlossenen Abrüstungskontroll-Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) aus. Russlands Rücktritt aus dem KSE-Vertrag sei seit Dienstag rechtswirksam, erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin. Damit zerstöre Russland „einen weiteren Pfeiler unserer europäischen Sicherheits- und Rüstungskontrollarchitektur“, der die Begrenzung der konventionellen Aufrüstung in Europa zum Ziel gehabt habe.

Als „Konsequenz“ habe die Bundesregierung daher „in enger Abstimmung mit ihren Verbündeten in der Nato“ die Suspendierung des KSE-Vertrags durch die Bundesrepublik Deutschland beschlossen. Deutschland und seine Verbündeten würden damit „ausdrücklich nicht“ vom KSE-Vertrag zurücktreten, betonte das Ministerium. Im Falle einer grundlegenden Verhaltensänderung Russlands bleibe eine erneute Umsetzung des KSE-Vertrags möglich.

Der KSE-Vertrag war 1990 zwischen den damaligen Mitgliedstaaten der Nato und des wenig später aufgelösten Warschauer Pakts geschlossen worden. Russland hatte sich bereits im Jahr 2007 aus dem Vertrag zurückgezogen, seine Teilnahme an der KSE-Beratungsgruppe aber bis 2015 fortgesetzt.

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Die Nato erklärte am Dienstag, die Entscheidung einzelner Verbündeter, den Vertrag „so lange wie nötig zu suspendieren“, werde von allen Nato-Mitgliedstaaten „voll unterstützt“.

Der KSE-Vertrag ist Geschichte.

Russisches Außenministerium

Durch den nun rechtswirksamen russischen Rücktritt verliere die weitere Implementierung des KSE-Vertrags den größten Teil ihres sicherheitspolitischen und rüstungskontrollpolitischen Nutzens, erklärte der Sprecher des Außenministeriums in Berlin weiter. Die zentrale Zielsetzung des KSE-Vertrags, ein ausgeglichenes Kräftepotenzial bei konventionellen Waffen in Europa sicherzustellen, sei ohne die Mitwirkung Russlands nicht zu realisieren.

Die Bundesregierung bleibe, ebenso wie ihre Verbündeten in der Nato, der Sicherheit Europas verpflichtet, hieß es weiter. Dazu zähle auch einer der zentralen Grundgedanken des KSE-Vertrags, nämlich effektive Rüstungskontrolle für die konventionellen Streitkräfte in Europa.

Deutschland sei daher bereit, bestimmte Maßnahmen des KSE-Vertrags, zum Beispiel den Datenaustausch, mit interessierten europäischen Staaten fortzusetzen, erklärte das Außenministerium. Außerdem beabsichtige die Bundesregierung, die nationalen Obergrenzen für die vom KSE-Vertrag erfassten Waffensysteme weiter einzuhalten.

Ziel des völkerrechtlich verbindlichen Vertrages war es, in Europa ein sicheres und stabiles Gleichgewicht der konventionellen Streitkräfte zu schaffen und die Fähigkeit zu Überraschungsangriffen und groß angelegten Offensivhandlungen zu beseitigen. Dafür wurden die Anzahl schwerer konventioneller Waffensysteme wie etwa Kampfpanzer, Artilleriesysteme und Kampfflugzeuge sowie Personalstärken begrenzt und ein Informationsaustausch mit umfassenden Überprüfungen eingerichtet.

 60.000 
schwere Waffensysteme wurden auf Grundlage des Vertrags allein bis Mitte der 90er Jahre zerstört.

Nach Angaben des Auswärtigen Amtes wurden schon bis Mitte der 1990er Jahre in dem Zusammenhang rund 60.000 schwere Waffensysteme in den Vertragsstaaten zerstört, darunter Kampfpanzer, Artilleriesysteme und Kampfflugzeuge. Der KSE-Vertrag trug demnach maßgeblich zur Beendigung der Hochrüstungsphase in Europa und zur militärischen Entspannung nach dem Ende des Kalten Krieges bei.

In einer Mitteilung des russischen Außenministeriums hieß es am Dienstag, der KSE-Vertrag sei inzwischen „Geschichte“. Nicht alle Verträge aus der Zeit des Kalten Krieges hätten sich „bewährt“, „zur damaligen Zeit“ hätten sie aber „eine stabilisierende Funktion“ gehabt.

Russland hat sich in den vergangenen Jahren aus fast allen internationalen Verträgen zur Rüstungskontrolle und Abrüstung zurückgezogen. Im Februar hatte Russland auch seine Beteiligung am New-Start-Abkommen ausgesetzt. Der bis 2026 laufende Vertrag mit den USA zur Begrenzung der jeweiligen Atomwaffenbestände aus dem Jahr 2010 ist das letzte bilaterale Atomabkommen zwischen Moskau und Washington. (AFP)

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