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Politik: Putin: Das Territorium im Kaukasus wird verteidigt - auch um den Preis des Verlusts westlicher Kredite

Russische Truppen haben die Grenze zwischen Tschetschenien und Inguschetien nach neuntägiger Sperrung wieder teilweise geöffnet. Augenzeugen zufolge durften am Montagmorgen in beiden Richtungen Fahrzeuge mit Flüchtlingen passieren.

Russische Truppen haben die Grenze zwischen Tschetschenien und Inguschetien nach neuntägiger Sperrung wieder teilweise geöffnet. Augenzeugen zufolge durften am Montagmorgen in beiden Richtungen Fahrzeuge mit Flüchtlingen passieren. Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin stellte vor seinem für Dienstag in Oslo geplanten Treffen mit US-Präsident Bill Clinton jedoch klar, dass Moskau trotz westlicher Kritik an der "Vernichtung der Rebellen" in der abtrünnigen Kaukasus-Republik festhalte. Erst danach sei eine politische Lösung denkbar, erklärte er in der norwegischen Tageszeitung "Dagbladet".

Trotz der Grenzöffnung berichteten Augenzeugen über kilometerlangen Staus von Fahrzeugen tschetschenischer Flüchtlinge, die auf die Ausreise warteten. Auf der inguschetischen Seite der Grenze warteten viele Tschetschenen darauf, zurückkehren zu können, um nach Angehörigen zu suchen. Die meisten Rückkehrer waren Frauen, die zu Fuß unterwegs waren. Die Polizei ließ sie in kleinen Gruppen passieren.

Während der seit sechs Wochen andauernden russischen Militäroffensive in Tschetschenien sind rund 190 000 Menschen aus der abgeriegelten Kaukasus-Republik geflohen. Russische Truppen hatten am 23. Oktober auch die letzte, jetzt wieder geöffnete Straße aus Tschetschenien heraus gesperrt. In Inguschetien haben bislang 175 000 Tschetschenen Zuflucht gefunden. Ebenso viele Menschen befinden sich nach Schätzungen westlicher Regierungskreise noch in Tschetschenien auf der Flucht.

Putin verteidigte vor seinem Treffen mit Clinton die Militäroffensive erneut gegen westliche Kritik. Russland sei zur Verteidigung seiner Grenzen im Kaukasus bereit, selbst wenn es um den Preis einer Entfremdung vom Westen geschehe, sagte er in der Nacht zum Montag im Fernsehen. Russland müsse entscheiden, was es wolle: westliche Kredite oder den Wegfall eines Teils seines Gebietes zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer. Russland werde den Westen nur soweit in seine Entscheidungen einbeziehen, wie es das Land für nötig halte, sagte Putin.

Russlands Ziel sei die Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung in Tschetschenien, schrieb er im "Dagbladet". Russland wolle eine politische Lösung des Konflikts. Diese sei aber erst möglich, wenn die "von Tschetschenien aus operierenden Terroristen vernichtet" seien. Putin wies erneut Berichte über russische Angriffe auf Zivilisten zurück. Russland tue alles, um Verluste unter der Zivilbevölkerung zu vermeiden. Auch die Tschetschenen seien schließlich russische Bürger, erklärte Putin. Das US-Präsidialamt teilte mit, Clinton werde Putin auffordern, eine friedliche Lösung für die Tschetschenien-Krise zu suchen. Clinton und Putin treffen sich am Dienstag am Rande der Nahost-Gespräche mit Palästinensern und Israel in Oslo.

Papst Johannes Paul II. forderte unterdessen ein Ende des Tschetschenien-Konfliktes. In einer Ansprache anläßlich des Feiertags Allerheiligen rief er die auf dem Petersplatz versammelten Gläubigen auf, für einen Frieden in Tschetschenien zu beten.

Russland führt in der Föderationsrepublik Tschetschenien einen Krieg, der sich nach offiziellen Angaben gegen islamische Terroristen richtet. Tschetschenien betrachtet sich als unabhängiger Staat. Den russischen Föderationstruppen war es im Tschetschenienkrieg von 1994 bis 1996 trotz hoher Verluste nicht gelungen, die Kontrolle über die Kaukasusrepublik wiederzuerlangen.

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