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Politik: Unterwegs zu einer Kirche

In Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Schleswig-Holstein soll eine gemeinsame evangelische Landeskirche gegründet werden.

Berlin - Auf der kirchlichen Landkarte Deutschlands wird es die größte Veränderung seit vielen Jahren sein: Die Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche, die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Mecklenburgs und die Pommersche Evangelische Kirche wollen sich zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland zusammenschließen. Am Ende der Fusion steht eine evangelische Kirche, die von Helgoland bis Usedom reicht und als fünftgrößte deutsche Landeskirche rund 2,3 Millionen Gemeindeglieder in drei Bundesländern umfasst.

Die einzige Voraussetzung: Die von heute bis Sonntag in Warnemünde tagende, aus den 266 Mitgliedern der Landessynoden der drei Kirchen zusammengesetzte „Verfassunggebende Synode“ muss am Samstag den Plänen zustimmen. Nötig ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit sowohl in der Gesamtsynode als auch in jeder einzelnen der drei Landessynoden. „Ich bin zuversichtlich, dass wir die Mehrheiten haben“, sagt Mecklenburgs Landesbischof Andreas von Maltzahn. Offiziell verhandelt wird über den Zusammenschluss bereits seit 2007. Damals war klar: Alleine würden die damals noch 100 000 beziehungsweise 200 000 Gemeindeglieder zählenden Kirchen in Mecklenburg-Vorpommern langfristig nicht überleben können. Schon die demographische Entwicklung im Nordosten sprach gegen eine fortgesetzte Selbstständigkeit. Doch Versuche, lediglich die mecklenburgische und die pommersche Kirche zu fusionieren, scheiterten an der Mentalität vor Ort. Mit dem direkten Nachbarn ging es nicht. Die ganz große Lösung musste her.

Mittlerweile sind die meisten Hürden für die Kirchenfusion aus dem Weg geräumt: Kirchenleitungen, Verhandlungskommissionen und Synoden haben sich darauf geeinigt, dass es künftig einen Landesbischof mit Sitz in Schwerin und drei Sprengelbischöfe mit Sitz in Schleswig, Greifswald und Hamburg geben wird. Das in den beteiligten Kirchen in Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Schleswig-Holstein noch unterschiedlich geregelte Arbeitsrecht soll erst in sechs Jahren vereinheitlicht werden. So gibt es in Nordelbien einen Tarifvertrag, während in den Kirchen Mecklenburg-Vorpommerns der in den meisten anderen Landeskirchen übliche „Dritte Weg“ verfolgt wird, bei dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer in paritätisch besetzten Kommissionen Tarif- und Arbeitsrecht einvernehmlich beschließen.

Nur eine Personalie bereitet den drei Kirchen derzeit Kopfzerbrechen: Die Amtszeit des Pommerschen Bischofs Hans-Jürgen Abromeit endet regulär im Jahr 2013. Von der verfassunggebenden Synode soll er, wie die drei anderen Bischöfe auch, in die neue Nordkirche überführt werden. Und weil die Amtszeit seines mecklenburgischen Kollegen Andreas von Maltzahn im Jahr 2018 endet, soll auch Abromeits Zeit als Bischof bis dahin verlängert werden, damit dann anschließend ein gemeinsamer Sprengelbischof für Mecklenburg-Vorpommern gewählt werden kann.

Doch genau darüber gibt es Streit. Als nämlich der pommersche Bischof im vergangenen November seiner Synode eine „geistliche Vertrauensfrage“ stellte, stimmten nur 33 von 52 anwesenden Synodalen für die Verlängerung seiner Amtszeit. Bei einer Bischofswahl hätte der aus Westfalen stammende, als konservativ geltende Theologe aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit gebraucht, um gewählt zu werden.

Dass sich die Kirchenleitung und der Bischofswahlausschuss trotzdem für eine Verlängerung der Amtszeit Abromeits aussprachen, sorgte in Pommern für Empörung. 28 von 68 Mitgliedern des Kirchenparlaments setzten nun eine Sondertagung der pommerschen Synode am Rande der Synode der Nordkirche durch. Dort soll der Vorgang rund um die Personalie des pommerschen Bischofs noch einmal in geschlossener Sitzung erörtert werden. Dies stellt ein Problem für die Kirchenfusion dar, weil 28 von 68 Mitgliedern der pommerschen Synode zugleich die Sperrminorität besitzen, die in der pommerschen Synode nötig wäre, um die Nordkirche insgesamt auf den letzten Metern noch zu Fall zu bringen. Deshalb bleibt es in Warnemünde auch spannend.

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