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Gegen Richtlinien verstoßen?: Auch Woidke prüft Speers Spesen

Update. Brandenburgs Innenminister ordnet neue Praxis für Abrechnung von Belegen an und lässt wie das Finanzministerium die Belege seines Vorgängers prüfen.

Potsdam - Brandenburgs Ex-Minister Rainer Speer (SPD) beschäftigt mehr als ein Jahr nach seinem Rücktritt wegen einer Unterhaltsaffäre weiter die Landesregierung. Nicht nur das von Helmuth Markov (Linke) geführte Finanzministerium prüft – wie PNN berichteten – Speers Spesenabrechnungen. Auch das Innenministerium, wo Speer bis zu seinem Rücktritt im September 2010 auf dem Chefsessel saß, geht dem Fall nach. Anlass sind Vorwürfe, der Ex-Finanz- und Innenminister habe in den Jahren 2006 bis 2010 Belege für Abendessen ohne die nötigen Angaben zum dienstlichen Anlass und zu bewirteten Personen abgerechnet.

Innenminister Dietmar Woidke (SPD) hat intern bereits Konsequenzen gezogen und angewiesen, die bisherige Praxis zu ändern: Künftig sollen neben dem Anlass zumindest die Funktion des Gastes, nicht aber unbedingt der Name auf den Belegen vermerkt werden. Zugleich räumte ein Ministeriumssprecher ein, dass Woidke selbst auf bislang drei Rechnungen für dienstliche Essen keine vollständigen Angaben gemacht hat, diese aber anhand der Terminkalender überprüft werden konnten. Ob nun auch die Akten anderer Minister ebenfalls geprüft werden, das hat Markov noch nicht entschieden.

Das Finanz- und das Innenressort gehen den Vorwürfen gegen Speer nun jeweils für die Zeit nach, in der Speer die beiden Häuser geführt hatte. Er war von 2004 bis 2009 in der rot-schwarzen Regierung Finanzminister und dann nach der Landtagswahl 2009 bis zu seinem Rücktritt im September 2010 unter Rot-Rot Innenminister.

Jedes Regierungsmitglied kann über ein eigenes Budget persönlich verfügen, muss aber alles genau abrechnen. Wie PNN berichteten, sollen lückenhafte Bewirtungsbelege Speers als korrekt abgezeichnet worden seien. Darunter war laut Bild-Zeitung eine Rechnung über 232,50 Euro aus einem Potsdamer Restaurant. Trotz Verstoßes gegen die Richtlinien soll Speer Geld aus der Landeskasse bekommen haben.

Eine Sprecherin des Finanzministeriums sagte, sollten sich Vorwürfe bestätigen, müsste Speer das für die Abendessen ausgegebene Staatsgeld zurückzahlen. Es gelte aber die Unschuldsvermutung. CDUFraktionschefin Saskia Ludwig dagegen erhob schwere Vorwürfe. Die Spesen-Affäre reihe sich in das bisherige Bild von der Landesregierung ein. Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) dulde anscheinend, dass das Land Brandenburg als Selbstbedienungsladen benutzt wird.

Über seinen Rechtsanwalt Johannes Eisenberg ließ Speer den Vorwurf „falscher oder gar betrügerischer Abrechnung“ zurückweisen. Die Belege lägen Speer nicht vor, er könne dazu nur aus der Erinnerung Stellung nehmen. Nach den Grundsätzen über die Bewirtschaftung der Verfügungsmittel unterliege deren Verwendung „dem pflichtgemäßen Ermessen des Ministers“. Den Haushaltsplänen der Ministerium zufolge müsse als Beleg „die dienstliche Veranlassung zumindest aus den Angaben der Funktion der Teilnehmer erkennbar sein“. Die dienstliche Veranlassung sei nicht durch die Angaben der Funktion der Teilnehmer belegt, sondern durch den Anlass des Essens – also durch die Angabe als „Arbeitsessen“. Der Beleg sei durch Abgleich mit Speers Terminkalender erfolgt, aus dem sich Teilnehmer und Ort des Treffen ergeben habe. Daher sei den Vorschriften Rechnung getragen, so Eisenberg.

Dem allerdings widerspricht die neue Anordnung Woidkes, der die Angabe der Funktion der Gäste jetzt für zwingend hält. Tatsächlich lassen auch die Haushaltspläne keinen Ermessensspielraum wie den Abgleich mit Terminkalendern zu. Vielmehr heißt es darin, dass die Erläuterungen – wonach zumindest die Angabe der Funktion der Teilnehmer erkennbar sein muss – „verbindlich“ sind. Ansonsten sind Auszahlungen nicht zulässig.

Speer war im September 2010 zurückgetreten. Er hatte zugegeben, jahrelang keinen Unterhalt für ein uneheliches Kind gezahlt zu haben. Stattdessen bezog die Mutter, eine frühere Untergebene Speers, Unterhalt vom Staat. Erst kürzlich hatte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen seinen früheren engen Wegfährten abgelehnt. Der Verdacht, dass Speer als Staatskanzlei-Chef die Kindes-Mutter und frühere Geliebte protegiert und ihre Verbeamtung vorangetrieben haben soll, bleibt ungeklärt. CDU-Fraktionschefin Ludwig will Platzecks Entscheidung rechtlich prüfen lassen.

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