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König Charles beim Käsemachen in Brodowin.

© REUTERS/Pool

Charles III. unterwegs in Brandenburg: Unwetter bringt Protokoll des königlichen Besuchs in Brodowin durcheinander

Der britische König besucht in Brandenburg das deutsch-britische Bataillon in Finowfurt und das Ökodorf Brodowin. Ein Unwetter brachte das Protokoll durcheinander.

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Ein starkes Unwetter mit Blitz und Donner hat das strenge Protokoll des königlichen Besuchs im Ökodorf Brodowin in Brandenburg durcheinandergebracht. Eigentlich wollte König Charles III. hier am Donnerstag innerhalb weniger Minuten Käse machen, eine Begrüßungstorte anschneiden und Kälbchen streicheln. Unmittelbar nach dem Eintreffen des Monarchen zog jedoch ein schweres Unwetter über Brodowin. Charles ist seit Jahrzehnten als Verfechter des Bio-Landbaus bekannt.

Während des Gewitters hielt er sich in der hofeigenen Molkerei auf, wo er Käsemasse in eine Form füllte und glatt strich. Für den Besuch des Königs hatte der Hof sich extra einen Käse ausgedacht, der mit Möhrensaft verfeinert wird – auch, um ihm die typische orangene Farbe britischen Cheddars zu geben.

Charles III. bei seiner Ankunft in Brodowin.

© REUTERS/ANNEGRET HILSE

Der Besuch auf dem rund 80 Kilometer nordöstlich von Berlin gelegenen Hof in der Schorfheide dürfte für den König eine Herzensangelegenheit sein. Charles setzt sich seit Jahrzehnten für die biologisch-dynamische Landwirtschaft ein und gilt vielen als Vorreiter auf dem Gebiet. Bereits in den 1980er-Jahren stellte er die Landwirtschaft auf seinem Landgut Highgrove in Gloucestershire auf Öko-Betrieb um. Ein Schritt, für den ihn damals viele verspotteten.

In seiner Tischrede beim Staatsbankett im Schloss Bellevue am Mittwochabend hatte Charles hervorgehoben, wie viel er bei seinen Deutschlandbesuchen über biodynamische Landwirtschaft gelernt hat. Auch das Ökodorf Brodowin, das 1991 aus einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) hervorging, wirtschaftet nach den Demeter-Richtlinien. Auf dem 2300 Hektar großen Gelände, auf dem 160 Milchkühe, 300 Milchziegen und 1800 Hennen leben, werden neben 20 Gemüsesorten auch Getreide, Flachs und Tierfutter angebaut und auch Sonnenblumenöl hergestellt. Es gibt einen Bio-Kisten-Lieferservice, einen Hofladen und Gastronomie.

Schaulustige warten am Ökodorf Brodowin in Brandenburg auf König Charles III. 

© JANA HAASE TSP

Die Anreise zum Ökodorf jedoch kann beschwerlich sein. Wer ohne Auto den Hof besuchen will, muss einen halbstündigen Fußmarsch vom Bahnhof zum Kloster Chorin antreten und von dort weiter. Davon allerdings haben sich die gut 80 Schaulustigen, die inmitten grüner Wiesen auf den britischen König warten, nicht abhalten lassen.

Silvelin und Stefanie Fiebig aus Eberswalde waren sogar schon um 12 Uhr und die ersten am Absperrgitter zwischen Bäumen. „Der royale Glanz gefällt uns“, sagt Silvelin Fiebig. Ihre Tochter Stefanie hat sich für den Staatsbesuch extra freigenommen. Charles haben sie schon in London gesehen, bei der Hochzeit von William und Kate. Auch den Queen-Besuch in Berlin 2015 haben sie abgepasst.

Silvelin und Stefanie Fiebig aus Eberswalde warten in Brodowin auf König Charles.

© JANA HAASE TSP

Und am Donnerstag nun Brandenburg: Männersache für König Charles III., der nach seiner Rede im Bundestag und dem Besuch der Geflüchteten-Unterkunft im ehemaligen Flughafen Tegel in Berlin das Besuchsprogramm in der Mark ohne Gattin Camilla absolviert.

Erste Station ist Finowfurt. Dort trifft Charles III. auf Angehörige des deutsch-britischen Pionierbrückenbataillons 130. Die im sachsen-anhaltinischen Havelberg stationierte binationale Militäreinheit gibt es seit zweieinhalb Jahren. Sie soll im Ernstfall den Weg für nachrückende Panzer freimachen. Die Soldatinnen und Soldaten schlagen Schneisen, überwinden Sperren und Gewässer – unter anderem mit einer Schwimmschnellbrücke namens Amphibie M3 oder einer Faltschwimmbrücke. Wie die Flussquerung funktioniert, davon macht sich der König in Finowfurt ein Bild.

Er konnte mitverfolgen, wie rund 100 Soldaten eine Schnellschwimmbrücke in nur wenigen Minuten zusammenbauten. Danach fuhr ein Boxer-Panzer über die Brücke. Der König, der von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) begleitet wurde, baute zwar nicht selbst mit, sprach aber mit Soldaten und zeigte viel Interesse an dem Termin, der fast wie eine Szene aus einem James-Bond-Film wirkte.

Der König kam mit mehreren Soldaten aus Minden (NRW) ins Gespräch. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur fragte er sie danach, woher sie kommen, was sie machen, wie lange sie schon dabei sind und ob sie aktive Soldaten oder Reservisten sind. Im Bundestag hatte Charles zuvor gesagt: „Deutschland ist das einzige Land weltweit, mit dem das Vereinigte Königreich eine solche gemeinsame Einheit unterhält.“

Charles III. (r.) mit Bundespräsident Steinmeier (M.) und Ministerpräsident Woidke in Finowfurt.

© REUTERS/MICHELE TANTUSSI

Der Kommandeur des Bataillons, Stefan Klein, sagte: „Es waren sehr, sehr angeregte und tolle Gespräche, die er geführt hat.“ Dann kam Action: Die Soldaten bauten aus fünf Teilen eine schwimmende Brücke über den Oder-Havel-Kanal, und der britische König bestieg sie gemeinsam mit Steinmeier und Woidke. Dafür hatten die Soldaten in den vergangenen Tagen bereits geübt. Das vier Meter hohe Fahrzeug Amphibie M3 kann zu einer Schwimmbrücke verbunden oder als Fähre genutzt werden. Das Bataillon, das seit 2021 besteht, ist laut Bundeswehr das einzige in der NATO mit dem Schwimmbrückensystem. Es schien, als ob ganz Finowfurt das royale Manöver verfolgte: Über 100 Menschen sahen von einer Brücke zu, einige jubelten kurz und schwenkten Fähnchen.

Von Finowfurt geht es für Charles III. weiter nach Brodowin. Dort hatten sich kurz vor der Ankunft des Königs alle Mitarbeiter versammelt, Chef Ludolf von Maltzan hält eine kurze Ansprache. Ihm bedeute der Besuch des Königs sehr viel, sagt von Maltzan den Journalisten. Er finde, König Charles sei „ein guter Typ, weil wir uns für die gleichen Dinge einsetzen: für ökologische Landwirtschaft und das Klima“.

Serviert werden soll „Queen Victoria Torte“ mit Himbeeren und Buttercreme

Neben dem Besuch der Molkerei soll Charles in Brodowin auch mit weiteren Gästen ins Gespräch kommen – nicht nur zu Fragen der grünen Landwirtschaft, sondern auch zum Feuchtgebietschutz in Brandenburg. Das Bundesland erhofft sich von der Wiedervernässung von Moorflächen, die für die Landwirtschaft trockengelegt wurden, die Senkung der klimaschädlichen CO₂-Emissionen und damit einen entscheidenden Beitrag zur Klimaneutralität.

Antje Neumann stellt eine Torte vor, die für den Besuch des britischen Königs im Ökodorf Brodowin hergestellt wurde.

© dpa/Jens Büttner

Zur Stärkung sollte dem Gast dann Torte serviert werden – die der König sogar selbst angeschnitten hat. Gebacken hat sie Antje Neumann, es ist eine „Queen Victoria Torte“. 21 Stunden Arbeit stecken darin, sagt Neumann, sie ist zehn Kilogramm schwer. Die Krone ist aus weißer Schokolade, die Torte mit englischem Rührboden, englischer Buttercreme und frischen Himbeeren. „Der König liebt Himbeeren“, sagt Neumann. Für Hoheiten hat sie noch nie gebacken, „das ist jetzt auch für mich die Krönung“.

Am Freitag reist Charles III. im ICE nach Hamburg

Charles ist nicht zum ersten Mal in Brandenburg: Schon im September 1996 besuchte er die Landeshauptstadt Potsdam und tauschte sich mit jungen Architektinnen und Architekten über die Planungen für die Wiedergewinnung der Potsdamer Mitte aus, die mittlerweile zu großen Teilen Wirklichkeit geworden sind. Im Frühjahr 2009 machte er erneut einen Abstecher nach Potsdam – diesmal, um am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung einen Vorschlag zur Rettung der Regenwälder in berufener Runde zu besprechen. Camilla besuchte damals Schloss Sanssouci.

Am Freitag bewegt sich das Paar dann doch noch einmal gemeinsam durch die Mark: Mit dem ICE fahren Charles III. und Königingemahlin Camilla von Berlin zur letzten Station ihres Deutschlandbesuches in Hamburg. Und können den Ausblick aufs Havelland und die Prignitz genießen. (mit dpa)

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