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Brandenburg: Das Ende der goldenen Schicht

Gegen Bestechung ließen polnische Grenzbeamte Personen nach Deutschland reisen, denen das verboten war. Jetzt wurden sie festgenommen

Gegen Bestechung ließen polnische Grenzbeamte Personen nach Deutschland reisen, denen das verboten war. Jetzt wurden sie festgenommen Von Claus-Dieter Steyer Forst. Ein derart großes Aufgebot an Sicherheitskräften hatte es am polnisch-deutschen Grenzübergang Olzyna in der Nähe der Neißestadt Forst lange nicht gegeben: Mehrere Dutzend Beamte riegelten am Montag die Zufahrtsstraßen ab und versperrten auch alle sonstigen Fluchtwege ins Landesinnere. Die Aktion richtete sich allerdings nicht wie üblich gegen mutmaßliche Schleuser oder Schmuggler, sondern gegen 14 polnische Grenzbeamte und fünf Zöllner. Sie stehen unter Korruptionsverdacht und wurden direkt am Grenzübergang oder in ihren Wohnungen festgenommen. Da die polnische Staatsanwaltschaft nach eigenen Angaben von einer „großen Organisation“ der Grenzbeamten ausgeht, zog sie zur Festnahme Spezialkräfte heran. Offenbar rechnete die Behörde mit der Flucht von Verdächtigen und der Vernichtung von Beweismitteln. Polnische Zeitungen sprachen am Dienstag von einer „goldenen Schicht“: Während einer einzigen Schicht sollen die Beamten am Grenzübergang bis zu 13000 Zloty (rund 3000 Euro) Bestechungsgelder kassiert haben. Dafür ermöglichten sie im großen Stil Personen die eigentlich unerlaubte Einreise nach oder Ausreise aus Polen. Es handelte sich zum beispielsweise um Männer, die ihre Alimente nicht bezahlt hatten und deshalb das Land nicht verlassen durften. Bei der elektronischen Überprüfung ihrer Pässe leuchtet bei diesen Personen der Vermerk „Gesperrt für die Ausreise“ auf. Doch gegen für ein großzügiges Bakschisch übersah das der polnische Beamte einfach. Der Bundesgrenzschutz kontrolliert dann bei der Einreise nach Deutschland nur noch die Gültigkeit der Pässe oder Ausweise und ihre Übereinstimmung mit der einreisenden Person. Die polnischen Sperrvermerke sind den deutschen Behörden jedoch nicht bekannt, sagte die Pressesprecherin des Bundesgrenzschutzamtes in Frankfurt (Oder), Claudia Skowronek. Trotz Die Grenzkontrollen sollen auch nach dem EU-Beitritt Polens im Mai nächsten Jahres zunächst bestehen bleiben. Das Bundesinnenministerium oder andere deutsche Dienststellen wollten sich zum aktuellen Fall gestern nicht äußern. Vergleichbare Korruptionsfälle aber hat es auch in Deutschland schon gegeben, wie Festnahmen von Beamten am Grenzübergang Frankfurt (Oder) vor einigen Jahren gezeigt haben. Auch für Transportlastwagen mit Schrott- Autos war der Übergang bei Forst offenbar eine gute Adresse: Seit drei Jahren dürfen nach Polen nur noch fahrtüchtige gebrauchte Pkw eingeführt werden. Doch die Nachfrage nach Ersatzteilen in den Hinterhofwerkstätten ist offenbar so groß, dass Zöllner des Nachbarlandes bestochen wurden, die für eine bestimmte Summe die Schrottfahrzeuge passieren ließen. Die jetzt festgenommenen Grenzbeamten sollen auch abgelaufene Visa von Personen aus der Ukraine, Russland und Weißrussland eigenmächtig verlängert oder sogar illegal in Polen lebende Menschen mit Ausweispapieren versorgt haben. Auf die Schliche der „goldenen Schicht“ von Olzyna kam die Staatsanwaltschaft nach Verhören von fünf Grenzbeamten, die bereits Ende 2002 an diesem Übergang festgenommen worden waren. Insgesamt wurden in diesem Jahr nach Berichten von polnischen Regionalzeitungen in der an Brandenburg grenzenden Wojewodschaft Lebuser Land bereits 23 Zöllner und 24 Grenzbeamte wegen des Verdachts von Bestechlichkeit vom Dienst suspendiert. Weitere Verhaftungen seien nicht ausgeschlossen, wird die Staatsanwaltschaft zitiert.

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