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Brandenburg: Kenianer angegriffen

Hauptangeklagter kann sich nicht erinnern

Hauptangeklagter kann sich nicht erinnern Potsdam - Torsten Z. sitzt wegen versuchten Mordes auf der Anklagebank des Potsdamer Landgerichtes. Der 26-Jährige ist ein drahtiger Typ mit stoppelkurzem Haar, am 1. Verhandlungstag trägt er Jeans und eine helle Cordjacke. Sein Gesicht zeigt keine Regung. Die Augen blicken starr, sie weichen ihrem Gegenüber nicht aus, dem Richter nicht und auch nicht den später in den Zeugenstand gerufenen Kenianern Oscar M. und Jeff I., die er am 18. Juli 2004 gegen 5 Uhr morgens beschimpft und geschlagen haben soll. Aus fremdenfeindlichen Motiven. Oscar M. hat er laut Anklage mit einer Scherbe am Hals verletzt. Die Stimme des ehemaligen Oberfeldwebel klingt laut durch den Raum. Nur hin und wieder verschluckt Z. das Ende seiner präzise formulierten Sätze. Die Hände liegen verschränkt auf dem Tisch. „Ich kann mich nicht erinnern“, sagt er immer wieder. Ein paar Plätze weiter sitzt der zweite Angeklagte Andreas R. – schlank, groß, kurzes Haar, Bartkotletten, Jeans, blaue Fleecejacke. Vor ihm lässt der Vorsitzende Richter Frank Tiemann ein Mikrofon aufstellen. Andreas R. wird vorgeworfen, die beiden Kenianer beschimpft und tätlich angegriffen zu haben. Er hat viel getrunken, berichtet Torsten Z. Erst Zuhause, dann in einer Bar, zuletzt in der Disko, vor der er und der Mitangeklagte die Kenianer angegriffen haben sollen. Er erinnert sich, dass Andreas R. sich vor der Disko von einem der Kenianer ausgelacht fühlte, dass er, als er selbst die beiden Schwarzen Richtung Bushaltestelle verfolgte, eine Glasscherbe auf der Straße fand und aufhob. Doch dann versagt sein Gedächtnis. Er hat vergessen, warum seine Hand plötzlich blutete, er will nicht bemerkt haben, dass einer der Kenianer am Hals verletzt war. Er kann sich nicht erinnern, einen der beiden angegriffen, ihm gedroht zu haben „Du sollst sterben“. Als ihn die Polizei Sonntagnacht in seiner Kaserne in Rotenburg (Wümme) festnahm, verweigerte er die Aussage. Anders Andreas R.: Er gesteht, Oscar M. gefolgt zu sein und ihn so stark geohrfeigt zu haben, dass der Kenianer zu Boden fiel. Er will gesagt haben „Euch geht es hier sehr gut“, will sich durch ihre Reaktion provoziert gefühlt und daran erinnert haben, dass es ihm vor zwei Jahren so richtig schlecht ging, dass er zum Sozialamt gehen musste. Von der Attacke mit der Scherbe habe er nichts gesehen. Sechs Verhandlungstage hat Richter Tiemann für den Prozess angesetzt. Als Zeugen dürften auch die zwei Frauen vernommen werden, die die Angeklagten angeblich zurückhielten, weitere Gewalt anzuwenden. Marion Hartig

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