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Brandenburg: Wende-Gewinner

Thorsten Metzner

Der Trend überrascht: Brandenburgs Schüler und Azubis sind leistungsbereiter, sozialer und selbstbewusster geworden und nur noch selten rechtsextrem. Die meisten jungen Leute blicken optimistisch in die eigene Zukunft, sehen sich in der Lage, ihre Geschicke selbst in die Hand zu nehmen. Das sind die eindeutigen Ergebnisse der jüngsten repräsentativen Brandenburger Jugendstudie – die in eigentümlichen Widerspruch zur Lage dieses Landes stehen. Ganz so, als würden nicht Jobs und Lehrstellen fehlen, die berlinfernen Regionen nicht veröden und verarmen, nicht Lethargie in der Bevölkerung beklagt werden. Woher rührt der Stimmungsumschwung von früherem Fatalismus zu neuer Zuversicht?

Der tiefere Grund dürfte sein, dass auch in Brandenburg die Nachwendezeit vorbei ist. Die ostdeutsche Jugend der 90er Jahre war geprägt durch Eltern, die mit den eigenen Problemen zu tun hatten, die nach dem Umbruch arbeitslos waren oder neue Berufe erlernen mussten. Auch Werte und Gewissheiten gerieten damals ins Schwimmen, in dieser Zeit der Neuorientierung, in der die Jugend in ein „Autoritäts- und Kontrollloch“ stürzte, wie es der Jugendforscher Dietmar Sturzbecher bezeichnet.

Da hat sich etwas geändert. Die Eltern der meisten Jugendlichen sehen sich heute offenbar nicht mehr als Wende-Verlierer, sondern als Wende-Gewinner. Junge Leute erleben vielfach, dass sich Leistung auszahlt. Werden die hohe Arbeitslosigkeit, die schlechten Perspektiven verdrängt? Man kann darüber orakeln. Fest steht, dass für Brandenburgs heutige Jugend eine erfüllte Arbeit das wichtigste Ziel im Leben ist. Man will arbeiten, und das Leben genießen, man traut sich was zu. Dieses Lebensgefühl kann auch dazu führen kann, dass noch mehr junge Familien das Land verlassen. Andererseits weist die Umfrage auf stärkere Bindungen an das engere soziale Umfeld hin, auf Freunde, auf die Familie. Da kann Politik ansetzen. Und sie muss sich stärker als bisher um die „Verlierer“ kümmern, die wachsende Minderheit, die das Tempo nicht mithalten, die sich aufgeben, gewalttätig werden.

Wie auch immer: Die Generation hedonistischer Preußen, die da gerade heranwächst, ist eine Chance für Brandenburg – vielleicht die einzige.

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