zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: 100 Jahre Elektrische

Bis zur offiziellen Feier soll ein Wagen wieder aufgebaut sein – eine Schraube kostet 1, ein Riemen 25 Euro

Der Fahrzeugkorso durch die Innenstadt im Mai des vergangenen Jahres ist noch gut in Erinnerung: Potsdam feierte das 125-jährige Bestehen seiner Straßenbahn und fand damit ein großes Echo. Die dabei eingesetzten historischen Wagen waren aber Leihgaben aus Berlin und Woltersdorf, denn aus der Potsdamer Pferdebahn-Epoche hatte nichts überlebt. Nun steht ein weiteres Jubiläum ins Haus. Am 2. September 1907 rollten die ersten elektrisch betriebenen Wagen vom Betriebshof in der Holzmarktstraße auf die Strecken Hauptbahnhof – Bahnhof Charlottenhof und Alleestraße.

Die Vorbereitungen auf die Hundertjahrfeier sind in vollem Gange. Dafür sorgt der Förderverein „Historische Straßenbahn Potsdam e.V.“ der sich am 1. Dezember des vergangenen Jahres unter Vorsitz des ViP-Betriebsdirektors Martin Weis gegründet hatte. Er zählt inzwischen 40 Mitglieder. Es sind Mitarbeiter der Verkehrsbetriebe, aber auch „allgemeine Straßenbahnfreude“ und sogar zwei Österreicher. Anliegen des Vereins ist die Restaurierung, Erhaltung, und Pflege historischer Fahrzeuge, ebenso die Forschungen zur Betriebsgeschichte bei den Wagen aus der Vorkriegszeit. Dabei ist der regelmäßig tagende Verein gut vorangekommen. So mit einer Dokumentation über die Beschaffenheit der 1907 von der Waggonfabrik Lindner in Ammendorf gelieferten 22 Triebwagen, die mit Gardinen an den großen Fenstern und mit Holzverkleidung und mit Bemalungen im Innern eine wohnliche Atmosphäre boten.

Ein solcher Wagen soll auch bei der 100-Jahrfeier auf den Gleisen stehen. Aber es ist keiner mehr im Urzustand da. In den zwanziger und fünfziger Jahren wurden sie mehrmals umgebaut, sie erhielten stärkere Motoren. Der letzte als Arbeitstriebwagen dienende Zug wurde 1971 verschrottet. Erhalten ist nur noch eine Güterlore mit den Abmessungen des Modells von 1907. Daraus soll nun wieder eine Original-Straßenbahn und damit eine touristische Attraktion werden. Mit der elektrischen Ausrüstung, mit Speichenrädern, mit dem Lyrabügel als Stromabnehmer, mit Kurbel, Fahrschalter, den Holzsitzen, den Seitenfenster mit Messingrahmen und den vielen anderen technischen Dingen.

Nur einige wenige Altteile sind beschafft, so aus Hannover, andere sind in Sicht. Aber das hilft nicht viel. „Für den Neuaufbau des Wagens sind rund 440 000 Euro nötig“, beschreibt Vorstandsmitglied Ivo Köhler den Aufwand. Allein rund 50 000 Euro sind für die Materialien und die Arbeitsstunden an der elektrischen Ausrüstung veranschlagt. Also ist der Verein auf der Suche nach Fördertöpfen und nach Sponsoren. „Jeder kann etwas übernehmen“, meint Ivo Köhler mit dem Blick auf das vom Verein entwickelte „Bausteine“-Modell. Wer einen Euro spendet, finanziert damit eine Schraube, mit 25 Euro ist ein Halteriemen aus Leder für die stehenden Fahrgäste zu haben, eine Kurbel zum Fahren und Bremsen ist mit 2000 Euro veranschlagt. Großzügige Spender (über 1000 Euro) können damit rechnen, dass ihr Name auf einem Schild in dem restaurierten Fahrzeug verewigt wird.

Die Arbeiten zum Aufbau des historischen Straßenbahnwagens sind im ViP- Betriebshof an der Fritz-Zubeil-Straße in Babelsberg bereits im Gange. „Wir wollen es bis zur Hundertjahrfeier schaffen. Ob es klappt, ist freilich noch nicht sicher“, so Ivo Köhler.

Infos unter Tel.: (033200) 528 66 oder im Internet

www.historische-strassenbahn-

potsdam.de

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false