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Aus dem GERICHTSSAAL: Beifall nach Sieg-Heil- Rufen

Aus dem GERICHTSSAAL Beide Angeklagten tragen extrem kurze Haare – an sich noch kein Indiz für ihre politische Einstellung. Und glaubt man der Aussage einer Bekannten des Duos, käme ihm nie in den Sinn, die Zeit des Dritten Reiches zu glorifizieren.

Aus dem GERICHTSSAAL Beide Angeklagten tragen extrem kurze Haare – an sich noch kein Indiz für ihre politische Einstellung. Und glaubt man der Aussage einer Bekannten des Duos, käme ihm nie in den Sinn, die Zeit des Dritten Reiches zu glorifizieren. Doch es gibt da einen Polizeizeugen, der in der Nacht des 4. April 2004 in geheimer Mission eine Gruppe junger Leute observierte, von der – so hieß es – eine Straftat zu erwarten sei. „Ich stieg an der Haltestelle Nauener Tor in die Straßenbahn und verließ sie in der Kirschallee“, erinnert sich J. Jens (30). In dem Trupp, der die Tram mit ihm verlassen habe, seien ihm die Angeklagten aufgefallen, so der Polizeibeamte. Er habe beobachtet, wie sich „eine männliche Person mit energischen Schritten von der Gruppe entfernte“, sich danach umwandte, den rechten Arm zum Hitlergruß erhob und Sieg-Heil brüllte. Die Anwesendenden - unter ihnen die Angeklagten - hätten diese Vorstellung mit Beifall quittiert. Marvin M.* (22) und Lennart L.* (21) auf der Anklagebank möchten sich zum Vorwurf der Staatsanwaltschaft – Beihilfe zum Verwenden verfassungswidriger Organisationen – nicht äußern, was ihr gutes Recht ist. Susi S.* (20), einziges Mädchen in der Gruppe, beruft sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht, da sie sich demnächst ebenfalls vor Justitia verantworten muss. Frank F. – er soll in jener Nacht den Hitlergruß „deutlich und für eine große Anzahl von Personen deutlich wahrnehmbar“ – entboten haben, ist untergetaucht. „Haben Sie eine Ahnung, wo sich Ihr Bekannter aufhält“, fragt Amtsrichter Francois Eckardt die zwei Angeklagten. Die schütteln den Kopf. „Er könnte Sie ja unter Umständen auch entlasten“, versucht der Vorsitzende, den Aufenthaltsort des Mannes doch noch in Erfahrung zu bringen. Doch Marvin und Lennart wollen den Kumpel seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen haben. Seinem Mandanten sei auf keinen Fall Beihilfe nachzuweisen, insistiert der Verteidiger von Marvin M. (Lennart L. ist ohne Rechtsbeistand erschienen.) „Als er klatschte, war die Tat längst beendet.“ Staatsanwaltschaft und Gericht sehen das anders. „Die Angeklagten haben dem Handlungsgeschehen Beifall gezollt, sich somit strafbar im Sinne der Anklage gemacht“, befand der Vorsitzende. Das Urteil: Eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je fünf Euro für den arbeitslosen Marvin M., 40 Tagessätze a 10 Euro für Lennart L. (* Namen geändert.) Hoga

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