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Landeshauptstadt: Beschäftigung mit der Vergangenheit

200 Potsdamer gedachten gestern der NS-Opfer und der Befreiung von Auschwitz

Babelsberg/Innenstadt - „Wir haben Verantwortung für unser Land – niemand anderes“ Mit diesen eindringlichen Worten mahnte Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm die Potsdamer gegen aufkeimenden Rechtsextremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit einzutreten. Im Gedenken an die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz vor 61 Jahren (1940 - 45) sowie der Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen legten gestern zirka 50 Vertreter der Landtags- und Stadtfraktion der CDU sowie Schüler der 12. Klasse des Espengrund-Gymnasiums Kränze vor dem Gedenkstein in der Spitzweggasse in Neubabelsberg nieder.

Einst stand an dieser Stelle ein Altersheim. Ab April 1940 wurde das Haus als Sammel- und „Siech“-Einrichtung für ältere Juden genutzt. Die Geheime Staatspolizei deportierte die Bewohner im Januar 1943. Schüler des Espengrund-Gymnasiums recherchierten 1998 die Geschichte der ehemaligen Bergstraße 1. Ihnen, so Schönbohm, ist es zu verdanken, dass heute ein Gedenkstein mit bronzener Tafel an die Geschehnisse erinnert. Zudem würdigte er das Engagement der Schüler. Ihre Arbeit sei ein aktives Beispiel der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit.

„Schade, dass Menschen Auschwitz und die nationalsozialistischen Verbrechen leugnen“, sagte Rudolf Slonina. Der Vorsitzender der Verfolgten des Nationalsozialismus (VdN) e. V. im Land Brandenburg forderte die Anwesenden während der Kranzniederlegung am Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus am Platz der Einheit auf, die Wahrheit über die Geschichte an die nachfolgenen Generationen weiter zu geben. Dem stimmte der stellvertretende Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Michael Tkach, zu. Er wies auf die positiven Entwicklungen hin: In der Innenstadt soll eine Synagoge mit Kulturzentrum entstehen. Die zahlreich erschienenen Potsdamer jüdischen Glaubens beteten gemeinsam Kaddisch, das jüdische Trauergebet. Gut 100 Menschen nahmen an der Gedenkveranstaltung teil. Unter ihnen Vertreter der Stadtfraktionen der SPD, Bündnisgrünen, CDU, Die Andere und Linkspartei.PDS.

Auch andernorts wurde der Opfer der NS-Zeit gedacht. „Im Jahr 2004 sind laut Verfassungsbericht in Brandenburg 1046 rechtsextremistische Straftaten erfasst worden“, sagte Claus Ladner von der Fördergemeinschaft „Lindenstraße 54“, „davon 103 rechtsextremistische Gewalttaten.“ Zwar habe die Polizei 91 Prozent der Delikte aufklären können, aber angesichts der wachsenden Straftaten sei das nicht beruhigend, so Ladner. Im Beisein von etwa 50 Vertretern der Fraktionen von SPD, CDU und den Bündnisgrünen des Stadtparlamentes legten Mitglieder der Fördergemeinschaft „Lindenstraße 54“ Kränze vor dem Mahnmal „Das Opfer“ im Innenhof der Gedenkstätte Lindenstraße 54 nieder. Das Haus wurde als politisches Gefängnis während der NS-Zeit und als Untersuchungshaft der Staatssicherheit genutzt. Heute ist es ein Denkmal. In diesem Jahr soll der erste Teil einer neuen Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Zeithistorische Forschung erarbeitet werden. Dokumentiert wird die Geschichte des Hauses zwischen 1945 und 1990. Laut Ladner werde das rund 70 000 Euro kosten und von der Stifung Aufarbeitung und dem Land gefördert. Der Zeit zwischen 1933 bis 1945 soll im nächsten Jahr erarbeitet werden.

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