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Homepage: Eintrittskarte für Studium an deutschen Hochschulen

51 Ausländer haben zum Wintersemester das Studienkolleg an der Uni Potsdam abgeschlossen. Bouchra Aboura ist eine von ihnen.

51 Ausländer haben zum Wintersemester das Studienkolleg an der Uni Potsdam abgeschlossen. Bouchra Aboura ist eine von ihnen. Es riecht nach Nudelsalat und Falafel. Am Eingang zur Oberen Mensa der Uni Potsdam ist am vergangenen Dienstag ein Büfett aufgebaut. Ganz vorn im Saal steht die Leiterin des Studienkollegs Petra Hoffmann und verabschiedet per Handschlag die Teilnehmer des letzten Schuljahres. 51 jungen Frauen und Männern aus 26 Ländern drückt sie ein Zeugnis in die Hand, die Eintrittskarte für ein Studium an deutschen Universitäten. Den vier Besten ihrer Schüler überreicht sie einen 100 Euro-Gutschein, Leistung soll belohnt werden, sagt sie. Zwei der Kolleg-Teilnehmer haben die abschließende „Feststellungsprüfung“ nicht geschafft. Die Stimmung im Raum ist gut. Es wird gelacht, sich umarmt, gratuliert, auf Wangen geküsst und fotografiert. Bouchra Aboura aus Algerien steckt das durch Klarsichtfolie geschützte Dokument in die Tasche. Sie trägt Wollpulli und Jeans, anders als einige Frauen und Männer, die sich schick gemacht haben. Jetzt braucht Bouchra nur noch einen Studienplatz für Informatik, am besten in Potsdam. Dafür ist die 20-Jährige vor zwei Jahren nach Deutschland gekommen. Ihr Abitur allein wurde für einen Uni-Platz nicht anerkannt. Also lernte sie ein Jahr Deutsch an einer Berliner Sprachenschule, dann meldete sie sich für das Kolleg an. Die Schule finanzierte sie selbst, für das Kolleg zahlte sie pro Semester die üblichen Studiengebühren. Das Lernen hat sich gelohnt. Bouchra spricht fließend Deutsch und auch mit dem Verständnis hat sie kein Problem. Ihr Bruder wohnt seit zehn Jahren in Berlin, erzählt sie. Er hat sie nach Deutschland geholt. „Alles ganz schön fremd hier“, findet sie manchmal, klar hat sie auch Heimweh gehabt. Besonders an den muslimischen Festtagen; hier hat sie kaum die Gelegenheit, sie zu feiern. Mittlerweile aber hat sie sich eingelebt in Deutschland, in Potsdam, in ihrer Einzimmerwohnung am Stern. Mit den zwei Studentinnen von nebenan hat sie sich angefreundet. Am Kolleg in der Gutenbergstraße fand sie alles „super“, besonders manche Lehrer. 32 Unterrichtsstunden in Mathematik, Naturwissenschaften und natürlich Deutsch standen auf ihrem Programm. Bouchra war im T wie Technik Kurs. Daneben gibt es noch den G/S-Kurs für angehende Geisteswissenschaftler und Künstler und den W-Kurs für Wirtschafts-, wie Sozialwissenschaftler und Juristen, erklärt sie. Das Niveau fand sie gut. Die Kurse wurden zum Teil von Uni-Professoren und Dozenten unterrichtet. Auf das Fach Informatik ist die Algerierin nicht gekommen, weil die Berufschancen nach dem Studium gut sind. Sie interessiert sich für angewandte Mathematik, für Klarheit und Kürze. Ein „schwammiges Redefach“ ist nicht ihre Sache, sie hat es ausprobiert, ein Semester Wirtschaftswissenschaften an einer Uni in Algerien. Dass sie eine Frau in einem Männerjob sein wird, stört sie nicht. Auch in ihrem Technikkurs waren nur zwei Frauen, das war für sie durchaus okay. Zuhause hat sie „nicht die Gelegenheit“ Informatik zu studieren. Die Technik ist hier weiter, sie will auf dem neuesten Stand lernen. Ihre beruflichen Ziele sind alles andere als unrealistisch. Sie kann sich gut vorstellen, in einer Bank zu arbeiten. Noch plant sie, nach Algerien zurückzukehren, auch wenn sie dort nicht die Möglichkeit hätte, in einem Singlehaushalt zu leben, wie hier. Dennoch würden Frauen in ihrer Heimat heute nicht mehr unterdrückt; bis auf Ausnahmen in wenigen Familien. Die Mädchen auf der Straße kleiden sich wie sie, in Jeans, ohne Kopftuch. Sie seien frei zu tun, was ihnen gefällt. Viele Frauen gehen in Algerien beispielsweise in die Politik. Bouchra beginnt algerische Ministerinnen aufzulisten. Das allerdings wäre für sie keine Perspektive. Marion Hartig

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