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Landeshauptstadt: Hohe Mieten vertreiben Einzelhändler

Neue Handelsverbandspräsidentin Karin Genrich über ihre Aufgaben und die Probleme in der Innenstadt

Neue Handelsverbandspräsidentin Karin Genrich über ihre Aufgaben und die Probleme in der Innenstadt Der fusionierte Handelsverband Berlin Brandenburg (HBB) e. V. hat die Potsdamer Unternehmerin Karin Genrich, die früher den Potsdamer Modeball organisierte und drei Modefachgeschäfte in der Stadt betreibt, zur ersten Präsidentin in der Handelsverbandsgeschichte gewählt. Bisher hatten immer nur Männer den Präsidentenstuhl eingenommen. Frau Genrich, Sie haben gerade den Potsdamer Modeball in andere Hände gelegt, weil Ihnen Organisation und finanzielles Risiko zu viel wurden und nun diese neue, sicher auch nicht leichte Aufgabe? Ich war total verblüfft, als man mir die Präsidentschaft antrug und habe mir erst einmal Bedenkzeit ausbedungen, um mich mit meinem Mann zu beraten. Andererseits hat es mich gereizt, nicht nur den Frauen eine hörbare Stimme zu verleihen, sondern auch die Probleme der kleinen Fachhändler stärker in die Entscheidungen des HBB einzubringen. Sie haben sonst wenig Chancen, beachtet zu werden. Und natürlich hat mich die hohe Wertschätzung gefreut, die meiner bisherigen Arbeit durch den Vorschlag zuteil wurde. Im brandenburgischen Einzelhandelsverband haben Sie sich längst die Sporen verdient. Ich arbeite dort seit 1994 als Vizepräsidentin mit. Ihre Geschlechtsgenossinnen sind da eher zurückhaltender? Wir hatten in der brandenburgischen Verbandsspitze drei Frauen, in Berlin war es nur eine. Beim HBB sind es jetzt zwei Frauen im Präsidium von 14 Mitgliedern. Sie dürfen allerdings auch nicht vergessen, dass es kein leichter Job ist, sich im immer rauer werdenden Konsumklima zu behaupten. Ansonsten ist das Präsidium aber gut aufgestellt und vom kleinen Fachhändler bis zum international agierenden Konzern sind alle Interessengruppen vertreten. Die wieder positive Wirtschaftsentwicklung wirkt sich noch nicht auf das Kaufverhalten aus? Positiv bemerkbar macht sich, dass Qualität und Schönheit wieder mehr gefragt sind und dem Geiz-ist-geil-Verhalten Paroli bieten. Insgesamt aber wird noch einiges geschehen müssen, bis der Handel von besseren Wirtschaftsdaten profitiert. Wir haben erst einmal mit der Verunsicherung um die Hartz-IV-Reform und den ständig steigenden Kosten zu kämpfen, die übrigens auch den Einzelhandel belasten. Was macht dem Handel denn besonders zu schaffen? Uns fressen vor allem die Nebenkosten auf. Selbst wenn die Umsätze wie bei mir im Vergleich zu 2003 gleich geblieben sind, steigen die Unkosten so stetig, dass wir sie kaum noch stemmen können. Für mein Geschäft in der Brandenburger Straße zahle ich inzwischen 4000 Euro im Monat kalt und mir wurde schon angekündigt, dass ich ab 2006 noch einmal 500 Euro drauflegen soll. Das aber wird mich dazu zwingen, das Geschäft aufzugeben. Diese Kostenexplosion trifft vor allem die Kleinen? Ja, und nicht nur in Potsdam, auch in Berlin. Filialisten können eher ausgleichen zwischen guten und weniger guten Standorten. Der ortsansässige Fachhändler ist meist auf seinen einen Laden angewiesen. Die hohen Mieten aber vertreiben ihn aus den Innenstädten. Hinzu kommt auch noch, dass Potsdam mit seinem Gewerbesteuerhebesatz schon eine Stadt wie Düsseldorf überflügelt hat. Sie bedauern das nicht nur aus eigener Betroffenheit? Ich finde, dass mit dem Fachhandel auch ein Stück Lebensqualität aus den Innenstädten verschwindet. Er ist für den Kunden oft nicht nur eine Einkaufsquelle, sondern auch Berater und Kommunikationspunkt. Ich sehe es als eine wichtige Aufgabe an, zusammen mit den Kommunen Einfluss auf die Vermieter zu nehmen und deren Sinne für einen gesunden Branchenmix in den Innenstädten zu stärken und Entgegenkommen wach zu rufen. Dass Karstadt bald sein Kaufhaus in der Brandenburger Straße eröffnet, macht den „Kleinen“ aber nicht zu schaffen? Wir begrüßen alle, dass wir bald wieder einen Frequenzbringer in der Innenstadt haben und ich finde es wünschenswert,dass die bestehenden Geschäfte davon profitieren. Es wird nicht für alle einfacher werden, aber es wird sicher Synergieeffekte geben. Und vom neuen Karstadt-Parkhaus, wird da schon profitiert? Das sehe ich noch nicht. Viele Center können mit völlig kostenfreien Parken locken, während man in Potsdams Innenstadt zahlen muss. Die Tiefgarage Luisenplatz ist viel zu teuer und grundsätzlich müsste das Leitsystem zu den Parkhäusern verbessert werden. Ich plädiere übrigens für die „Brötchentaste“ , das halbstündige kostenfreie Parken in der gesamten Innenstadt. Was für aktuelle Aufgaben warten auf die frisch gekürte HBB-Präsidentin? Ich halte nichts von einer One-Woman-Show. Das Präsidium begibt sich Anfang März in eine Klausurtagung, dann werden wir die nächsten Ziele abstecken und jeder seiner Kompetenz entsprechende Aufgaben übernehmen. Das Interview führte Hella Dittfeld

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