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Landeshauptstadt: Schlechte Zeiten für Hehler

Die Potsdamer Softwarefirma Derdack entwickelte eine Weltneuheit: Die Mobile Kunstfahndung

Die Potsdamer Softwarefirma Derdack entwickelte eine Weltneuheit: Die Mobile Kunstfahndung Ein Beispiel: Der Mann steht unauffällig zwischen den anderen Gästen. Die Galerie ist gut besucht und die Ausstellung verspricht ein Erfolg zu werden. Der Mann nimmt sein Handy und Macht ein Foto eines Gemäldes. Er ist Kunstfahnder und nur zehn Sekunden später weiß er: Das Bild ist gestohlen. Ein kurzes Telefonat und der Galerist sitzt wegen Hehlerei in Untersuchungshaft Sicher, im Moment ist dies reine Fiktion, aber so oder so ähnlich könnte bereits in wenigen Monaten die moderne Kunstfahndung aussehen. Die kleine Potsdamer Softwareschmiede Derdack hat eine Technik entwickelt, die es Kunstfahndern in Zukunft möglich machen soll, jedes Objekt von jedem Ort aus mit den entsprechenden Fahndungslisten zu vergleichen und so die Fahndungseffizienz entscheidend zu verbessern. Braucht der Kunstdetektiv im Moment noch mehrere Bild-CDs und ein Laptop, um ein verdächtiges Objekt mit den katalogisierten Expertisen gestohlener Kunstschätze zu vergleichen, wird dazu bald ein handelsübliches Handy genügen. Wo die Überprüfung – mit dem Computer auf den Knien – heutzutage nicht gerade unauffällig von statten geht, wird sie zukünftig als solche nicht mehr zu erkennen sein. Außerdem hat der Fahnder mit der Derdack-Technik gleichzeitigen Zugriff auf die Daten von Interpol, FBI, BKA sämtlicher Polizeibehörden und der Versicherer. Zurzeit müsste man gleich mehrere Koffer voller Datenträger bei sich tragen, um eine derartige Recherche zu leisten. Möglich wurde der Quantensprung durch eine enge Kooperation von Forschung und Wirtschaft. Das Fraunhofer-Institut hatte eine völlig neue Bildauswertungssoftware entwickelt, die eine Fotografie auf der Basis von Struktur, Textur, Farbe und Kontur analysiert. Dabei wird die Analyse weder von Spiegelungen, Beschädigungen oder Aufnahmebedingungen beeinflusst. Auch bei starken Unterschieden zum Originalbild werden laut Fraunhofer Institut „brauchbare Ergebnisse geliefert." Die Software-Spezialisten von Derdack haben die neuen Algorithmen genommen und auf handelsübliche PocketPCs, so genannte PDAs gebracht. Das auf diese Weise entstandene mobile Erfassungssystem ermöglicht die Recherche und den sofortigen Datenabgleich am Fundort des Objektes. „Es gibt derzeit weltweit kein vergleichbares System", sagt Geschäftsführer Matthes Derdack. Seine Firma hat insgesamt zwei Jahre lang geforscht, um die Technik für die kleinen Geräte zu optimieren. Innerhalb der nächsten sechs Monate will der Geschäftsführer sogar noch weiter gehen und die mobile Kunstfahndung auch auf leistungsfähigen UMTS-Handys anbieten. Spätestens dann soll sie sich in einem Pilotprojekt endlich im Fahndungsalltag bewähren dürfen. Im Gespräch ist derzeit eine Zusammenarbeit mit dem Wiener BKA. Dieser letzte Beweis, dass das System funktioniert hat bisher noch gefehlt. Beim Innovationspreis Berlin-Brandenburg ist die mobile Kunstfahndung zwar unter die letzten sechs der 166 Bewerber gekommen, zu einem Platz auf dem Treppchen hat es aber wegen „mangelnder Markterprobung leider nicht gereicht", so Matthes Derdack. Für ihn ist das dennoch „ein gutes Ergebnis. Und das mit der Markterprobung, dass holen wir jetzt eben nach", sagt er. Die mobile Kunstfahndung sei für seine Firma sowieso mehr eine Statusgeschichte – ein Forschungsprojekt. Ihr Geld verdient die 1999 gegründete Software-Schmiede vor allem mit SMS und MMS-Softwarepaketen. „Wir sind davon also nicht abhängig, aber es wäre eine schöne Sache, wenn die mobile Kunstfahndung von Polizei, Zoll oder den Versicherungen angenommen werden würde", so der Entwickler. Ein erfreulicher Nebeneffekt der Forscherei ist sicherlich, dass Derdack seine Entwicklung auch für andere Zwecke gebrauchen kann. Überall wo sichere Daten- und dabei besonders Bilddatenübertragung auf UMTS- oder GPRS-Basis gefragt ist, könnte in Zukunft Derdacksoftware zum Einsatz kommen, hofft der Firmenchef. Er denkt dabei an die Verkehrsunfalldokumentation, Informationsabfragen und ähnliches. Jörg Isenhardt

Jörg Isenhardt

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