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Landeshauptstadt: „Wir wollen nur Eins“

Nämlich feiern: Der Stadtjugendring wird 15 Jahre. Chef Dirk Harder wünscht sich mehr Mitspracherecht.

In Dirk Harders Büro versinkt der Besuch in den grün-braun geblühmten Polstern der Lehnsessel aus der ehemaligen FDJ-Bezirksleitung; an der Wand hängt das halb überstrichene Signet der Weltjugendspiele von 1973. Ohne ostalgisch zu sein, hat der Geschäftsführer des Potsdamer Stadtjugendrings die Devotionalien aus dem einstigen Haus der Jugend in der Berliner Straße in die Gegenwart „herübergerettet“ – als Trophäen des Sieges über staatlich organisierte Jugendbewegung in der DDR.

„Der Stadtjugendring pubertiert“ steht mit drei Ausrufezeichen auf der Einladungskarte für den 17. Januar, 20.30 Uhr im Studentischen Kulturzentrum, Hermann-Elflein-Straße 10 „Denn er wird 15“. Die kurz nach der Wende nach westlichem Vorbild gegründete Dachorganisation der Jugendvereine- und -verbände ging mit unsicheren Schritten durch die Kinderjahre. „Es gibt bis heute kein Handbuch, in dem steht: Das und das sind die Aufgaben eines Stadtjugendrings“, sagt der Geschäftsführer. Die Gründung eröffnete ein Experimentierfeld. Als sich der Stadtjugendring im Januar 1991 firmierte, herrschte Aufbruchstimmung. Die damals Engagierten wie Klaus Hugler, Gunnar Schulz und Christian Waldmann waren Kirchenleute und gehörten zu jenen, die die politische Wende in der DDR angezettelt hatten. Unter den 15 Gründungsmitgliedern gab es aber auch jugendpolitische Verbände. Als die sich allerdings auflösten oder wieder austraten, seien spätere Eintrittsbegehren abgelehnt worden. „Der Stadtjugendring wollte parteienunabhängig, aber keinesfalls unpolitisch sein“, erzählt Dirk Harder. Der heute 38-Jährige kam als junger Gewerkschafter zum städtischen Jugendring. 1995 wurde er in den Vorstand gewählt. Man habe sich von Jahr zu Jahr gehangelt, immer neu überlegt, welcher Aktion man sich anschließe, welche Projekte man angehe. Es sei nicht nachhaltig geplant worden, resümiert Harder. Als er dann 2001 erster festangestellter Geschäftsführer des Stadtjugendrings wurde, ließ er zunächst eine „Arbeitszeitquantifizierungsanalyse“ erstellen. Ein langes Wort, das die minutengenaue Auflistung aller erledigten Arbeiten umschreibt: Vom Briefmarkenaufkleben bis zum Projektmanagement. Danach habe man die Organisationsstruktur aufgegliedert in die Geschäftsbereiche Jugendpolitik, Service und Projekte. Nach dieser Rechnung bräuchte man auch drei volle Stellen, erklärt Dirk Harder. Eine Wunschvorstellung. Zurzeit ist er der einzige Festangestellte des Stadtjugendrings, unterstützt von Praktikanten, Mitarbeitern im Freiwilligen Sozialen Jahr sowie Mandatsträgern aus den Mitgliedsverbänden. Für den in diesem Jahr startenden Kinder- und Jugendrat sicherte das Jugendamt zum 1. Februar eine halbe Stelle zu. Eine weitere volle Stelle ist ab Januar 2007 vorgesehen. Die anfallenden Verwaltungstätigkeiten solle künftig ein älterer Mitarbeiter aus dem Programm „58plus“ übernehmen.

Dirk Harder ist ein Kämpfer. Vor wenigen Jahren, als der Haushalt für die Jugendsozialarbeit dramatisch zusammengekürzt werden sollte, starteten er und die Mitglieder im Ring eine aktionsreiche Kampagne. Sie forderten, mindestens ein Prozent des gesamten städtischen Verwaltungshaushalts für die Jugendarbeit vorzusehen. „Wir wollen nur Eins“, hieß ihr Leitsatz und wurde zum Markenzeichen. Der Geschäftsführer des Stadtjugendrings war es auch, der das Haus der Jugend rettete und das Gemeinschaftsprojekt mit dem Deutschen Jugendherbergswerk in der Schulstraße festzurrte. Für sein nunmehr pubertierendes Unternehmen wünscht er sich eine planungssichere Zukunft und dass der Stadtjugendring von der Verwaltung noch mehr als Partner anerkannt werde. Und vielleicht sogar später einmal die Befugnis erhält, die von der Stadt für offene Jugendarbeit zur Verfügung gestellten Mittel – zurzeit drei Millionen Euro – selbst zu verteilen. Einige Kommunen in Deutschland hätten bereits Teile der Aufgaben des Jugendamtes auf ihre Jugendringe übertragen. „So weit sind wir aber noch nicht“, sagt Dirk Harder.

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