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Kultur: Der schöne Junge aus „Das kalte Herz“

Hommage im Filmmuseum: Heute liest die Witwe von Lutz Moik aus dem Hauff-Märchen

„Ich sag“s Euch, das war ein schöner Junge“, freute sich der Intendant des Schiller-Theaters Boleslav Barlog, als er sich an Lutz Moik erinnerte. Den hatte er bei Vorgesprächen zu einer „Biberpelz“-Inszenierung getroffen. Mit dem „schönen Jungen“ meinte Barlog natürlich den jungen Mann, der 1950 in Verhoevens Film „Das kalte Herz“ die Hauptrolle gespielt hatte. Egal, ob er den herzlosen, kalten Köhler, der nun genügend Geld hatte, um seine Braut zu ehelichen, mimte, oder den noch gütigen jungen Menschen – der damals 20-jährige Lutz Moik sah immer umwerfend aus. So wurde denn der DEFA-Film „Das kalte Herz“ der größte Erfolg des Schauspielers Moik, der als Jugendlicher zeitweise im Potsdamer Waisenhaus gelebt hatte.

Danach konnte er an den Erfolg im Film nicht mehr anknüpfen, sagte seine Witwe Anna Moik-Stötzer gestern bei einem Vorgespräch im Filmmuseum: Heute Abend liest die Schauspielerin dort aus „Das kalte Herz“ von Wilhelm Hauff.

Die Tragödie sei gewesen, dass er im Anschluss mit Veit Harlan gedreht habe, dem Regisseur des antisemitischen Films „Jud Süß“. Danach bekam erkeine Aufträge mehr von der DEFA und im Westen konnte er ebenso wenig arbeiten, weil er für die DEFA tätig gewesen war. Dieser kalte Krieg sei für die Karriere des unpolitischen Moik schädlich gewesen, so die Witwe. Man könne einem jungen Menschen nicht vorwerfen, mit berühmten Kollegen drehen zu wollen, verteidigt sie ihn. Es sei schwer genug für Moik gewesen, zu verarbeiten, dass man ihn im Potsdamer Waisenhaus zu einem guten Nazi erzogen habe. Aber Moik habe einen Humor besessen, der ihn die persönlichen Enttäuschungen und auch die Krankheit besser ertragen ließ.

Seine ehemalige Verbindung zu Potsdam nimmt nun stellvertretend für den Mimen seine Witwe Anna-Moik-Stötzer wieder auf, wenn sie heute im Filmmuseum zu Gast ist. Die Witwe, die den Nachlass des 2002 verstorbenen Lutz Moik verwaltet, traf den 52-jährigen am 4. Januar 1982. Sie ist seine vierte Frau und stammt aus Wien. Dass sie das Datum ihres ersten Treffens noch so genau weiß, zeugt davon, wie tief der Liebespfeil wohl gesessen haben muss. Beide spielten in „Das verbotene Land“, einem Stück über das Leben Sigmund Freuds. Allerdings nutzten sie nicht die Bühne mit dem berühmten Sofa, um sich näher zu kommen, sondern den Off-Stage-Bereich, wie Anna Moik lachend betonte. Bis 1987 reiste das Paar quer durch Deutschland und Österreich, dann aber „schlich die Krankheit nicht mehr, sondern galoppierte“, wie Anna Moik es ausdrückte, und sie waren durch die fortschreitende Multiple Sklerose mehr und mehr gezwungen, in Berlin zu bleiben.

Aber auch da gelang es dem Paar, immer wieder gemeinsam aufzutreten, so auch in einer Inszenierung im jüdischen Theater „Bamah“, in dem der Intendant Dan Lahav kurzerhand beide in Rollstühle steckte und sie so auch einen Walzer tanzen ließ. „Mein Mann fühlte sich sehr geehrt“, weiß Anna Moik zu berichten, und das Potsdamer Publikum kann ihm nun dank der Lesung und des Films ebenfalls eine Hommage erweisen.

Heute 18 Uhr, Lesung Anna Moik-Stötzer aus „Das kalte Herz“ von Hauff, anschließend läuft der 1950 gedrehte DEFA-Film, Regie Paul Verhoeven.

Lore Bardens

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