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Kultur: Eher possierlich: Mozart im Puppenhaus

„Bläser all“ Opera“ im Nikolaisaal

„Bläser all“ Opera“ im Nikolaisaal Ein bisschen wie am Fürstenhof konnten sich die Zuhörer beim „Bläser all“Opera“ fühlen. Mit etwas Phantasie konnte man sich in die Zeit versetzen, als reiche Gönner für ihre Lustbarkeiten kleine Kapellen hielten, eine so genannte „Harmoniemusik“. Für diese nur aus Bläsern bestehenden Formationen gab es nicht viele Kompositionen und so richtete man große Werke dafür zurecht. Dies ermöglichte das Hören einer Oper auch im kleinen Kreis hören, was im fernseh- und tonträgerlosen Zeitalter noch etwas Besonderes war. An diese Tradition knüpfte die Kammerakademie mit ihrer Harmoniemusik aus „Don Giovanni“ und „Figaros Hochzeit“ an. Natürlich fragt sich der geneigte Zuhörer von heute, der an beste Aufnahmen von Mozarts Opern aus den größten Konzertsälen mit den besten Sängern gewöhnt ist, wo der Sinn dieses Unterfangens liegen möge. Denn vom Gesamtkunstwerk der Oper kann hier keine Rede mehr sein. Was man von den paarweise auftretenden Oboen, Klarinetten, Fagotten und Hörnern hört, ist sozusagen das melodische Gerippe der Oper ohne Muskeln, Blut und Haut. Das Fehlen der Streicher und vor allem des Gesangs macht sich schmerzlich bemerkbar und doch gelingt es den kammerakademischen Bläsern unter der Leitung von Sergio Azzolini einen heiteren Mozartabend zu kredenzen. So klingt der „Don Giovanni“ im sprudelnden Bläserton mehr possierlich als imposant, wie auf einer Spieluhr. In diesem Puppenhausformat bleibt kein Raum für all die vibrierenden Zwischentöne und für große Dramatik, etwa von Donna Elvira. Leporellos Registerarie erklingt als lustiges Trällern, „Ci darem la mano“ in Instantfassung, Donna Anna badet in den aufsteigenden Luftblasen der Töne. Beim eigentlich von der Mandoline begleiteten Ständchen tupfen Klarinette und Fagott den harmonischen Untergrund. Indessen geben sich die kammerakademischen Bläser größte Mühe und geben ihr Bestes. Allen voran ist Jan Böttcher an der Oboe zu loben. Ihm obliegt es immer wieder, die bekannten Melodien zu vertonen. Sei es das Verführerständchen von Don Giovanni, Cherubinos Liebesgesang im „Figaro“ oder das Säuseln des Zephirwindes im Duo von Susanna und der Gräfin im „Figaro“. Süß und innig spielt Jan Böttcher die Töne aus und erreicht größte gesangliche Ausdruckskraft. Überhaupt klingt der „Figaro“ spritziger und amüsanter, vielleicht weil diese Musik vergleichsweise mehr Rokokograzie und Tanzlaune als der „Giovanni“ besitzt. Die Miniaturisierung gelingt hier besser, rhythmisch flott und zackig bisweilen, mit präzisen Einsätzen und markanten Steigerungen. Doch auch wenn „Small is beautiful“ heute durchaus empfehlenswert sein kann – Mozarts Opern haben diese Verkleinerung nicht verdient, selbst dann nicht, wenn ihnen noch so viel Ehre und Respekt entgegengebracht wird. Der Fürstenhof zeigte sich als Puppenhaus ersten Ranges. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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