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Kultur: „Er hat uns gewarnt“

Benefizkonzert für Flutopfer in der Friedenskirche

Benefizkonzert für Flutopfer in der Friedenskirche Für den Christen wirkt in allen Dingen Gott, keine Zeit, die ihre Fragen nicht auch „theologisch“ stellte. Die „Welt“, welche Welt?, gibt verschiedene Antwort, auch zur Flut im Süden – ungezählte Opfer nach dem 2. Weihnachtsfeiertag 2004. „Warum?“ fragte Stadtkirchenpfarrer Markus Schütte am Anfang des mehr als gutbesuchten Benefizkonzertes, zu welchem der Vocalkreis Sonntag in die Friedenskirche lud. Man kennt die Gründe nicht, aber jeder will helfen. Ein Blick auf die von KMD Matthias Jacob mit viel Behutsamkeit gefügte Literatur vom 17. bis zum 19. Jahrhundert reicht freilich aus, um die theologische Fragestellung hinter den ausbleibenden Antworten wiederzuentdecken. Scheinbar genügen Erklärungen nicht, wie sie die Wissenschaft mit Plattentektonik und mechanischer Wellenbewegung postuliert, als Kontingenzen tellurischer Kraft oder als ein bloßes Retour der Natur. Absichtsvoll verwiesen drei ganz unterschiedliche Vertonungen von Psalm 51 „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz“ von Lewandowski, Schütz und Brahms auf die menschliche Verantwortung für die Schöpfung. Vorab war beinahe stürmisches Glockengeläut, mit dem langanhaltenden Klang einer einzelnen endend. Das neunteilige Programm mit 27 Stimmen und alternierendem Orgelwerk solo war fast nach dem Goldenen Schnitt gebaut. Psalm 51 am Anfang, inmitten und am Ende, im Zentrum das gewaltige Präludium und Fuge c-Moll (BWV 546) von Bach und ein in seiner Schlichtheit das Herz berührende „Jauchzet dem Herrn alle Welt“ von Mendelssohn-Bartholdy a capella. Wer auf die Texte achtete, hörte Worte des Gotteslobes, des Jauchzens, der „heilsamen Gnade“, einmal sogar „Er hat uns gewarnt“ nach Psalm 100 – man hätte ja zum Anlass auch die Klagelieder des Jeremia wählen können. Eingangs erklang eine mehrstimmige Version des 51. Psalms von Andreas Hammerschmidt (1612-1675), vielleicht etwas unchromatisch, zögerlich noch. In klaren Strukturen, sehr schwungvoll danach Lewandowskis „Jubelt dem Ewigen alle Lande“, doch auch hier schien das Volumen des Chores noch nicht erreicht. „Das ist mir lieb, dass der Herr mein Stimm und Flehen höret“ von Schütz (darin vom „dunklen Menschen“ gesprochen wird) in verhaltener Lesart erfüllte es dann – stimmlich opulent, sehr kantabel; zum Schluss das hohe Wort „Alle Menschen sind Brüder“. A capella weiterhin „Es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes“ aus der Feder von Schütz und die eindringliche Psalm 51-Vertonung durch Johannes Brahms, welche ihre Kräfte aus allen musikalischen Extremen zu ziehen schien. Sehr zart (und wichtig dieser Welt) das „Gott, erhalte mich!“ Bleiben die beiden Orgelparts, jeweils in c-Moll. Matthias Jacob spielte Bachs Präludium mit solcher Wucht, als wollte er alles Leid dieser Flut mit der Partitur bannen, man wurde klein vor dieser entfesselten Kraft. Trotzdem hielt er die Tempi gedämpft, der Ton wirkte düster. Meditativ die 15 Jahre früher entstandene Fuge mit starkem Finale. Aus Mendelssohn-Bartholdys Sonate op. 65 Nr.2 hörte man das melodische Allegro maestoso in wirklichem Grave, dann ein Allegro moderato, machtvolles Gotteslob, fugal gebaut, am Ende fast so gewaltig wie beim Auftakt. Man füllte die Kollektenschalen reichlich. Als eigenen Beitrag zum Benefiz für Asien übernahm die Druckerei Gieselmann die Kosten für die Programmzettel. Eine runde, eine gute Sache also. Man hat zu danken. Gerold Paul

Gerold Paul

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