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Kultur: Glitzernde Kostüme, wehende Haare

Die größten Abba-Hits begeisterten im Nikolaisaal bei „Abbafever“

Ein Phänomen, das keine Ermüdungserscheinungen kennt: obwohl sich die schwedische Popgruppe Abba vor 25 Jahren auflöste, ist die Popularität der 70er-Ikonen ungebrochen. In den 90er Jahren schossen die Abba-Revival-Bands aus dem Boden und in die Charts und die Bewegung trug nicht immer nur genießbare Früchte.

Unzählige Musicals und Showprogramme tourten durch die ganze Welt mit klingenden Namen wie Abbacadabra, Abba alive oder dem überaus erfolgreichen Björn Again. Übersättigt scheinen die Verehrer der Band trotzdem noch nicht zu sein, wie ein voller Nikolaisaal bei der Show „Abbafever“ am Donnerstagabend bezeugte.

Über eine glitzernde Showtreppe betreten Nina Lorenz, Dominique Lacasa, Max Marcus Fritzsch und Heiko Pagels die Bühne und haben sich in den Augen und Ohren der Zuschauer schon nach wenigen Tönen des Hits „Waterloo“ in Agnetha, Frida, Benny und Björn verwandelt.

Begleitet werden sie durch einen punktgenauen Drummer und solider Zupfarbeit eines Bassisten. Dazu wuseln fünf Tänzerinnen und ein Tänzer um die Musiker herum, quasi als quirlige, fleischgewordene Disco-Kugeln im Glitzerkostüm. Das ist die Kazina Show Dance Company-Weltmeister im Showtanz, wie der Moderator nicht müde wird zu betonen. Ihre Choreographie wirkt dafür nicht sonderlich spektakulär und manchmal wünscht man sich, sie würden die Sängerinnen nicht so arg in räumliche Bedrängnis bringen.

Trotzdem grassiert das Abba-Fieber schnell saaldeckend und lässt Darsteller und Zuschauer gleichermaßen ausgiebig singen und tanzen. Während der Moderator zwischen den Songs witzige Anekdoten und Biografisches vorträgt, haben die vier Akteure genug Zeit zum Umkleiden. Und was da für Kostüme zum Vorschein kommen! Es glitzern die Pailletten-Gürtel, die Schlaghosen schlottern um die Beine und die hohen Plateauschuhe halten Gitarrist Björn nicht davon ab, die gesamte Bühne abzurennen. Respekt! Benny ist an seinem weißen Flügel weniger mobil, macht das aber mit schüttelnder Mähne und sympathischen Ansagen wieder wett.

Es folgen über zwei Stunden mit wehenden Haaren, kreisenden Armen, sportlicher Publikumsbeteiligung und allen großen Abba-Hits. Als die „schönste Ballade aller Zeiten“ wird „Fernando“ angekündigt und ein kollektives Schluchzen geht schon vor dem ersten Ton durch den Saal.

Die leuchtenden Sterne im Text sollen eigentlich durch ein Feuerzeug-Meer im Publikum ersetzt werden, doch die Anti-Raucher-Kampagne scheint erste Erfolge zu erzielen: nur ein paar Flämmchen und einige Handydisplays strahlen im Zuschauerraum. Für „I have a dream“ suchten sich Abba 1979 den „grausigsten Kinderchor, den sie finden konnten“, wie Benny einmal in einem Interview sagte. In Ermangelung an Kindern müssen die Potsdamer ran und scheitern kläglich – zumindest in der Kategorie „grausig“, denn hunderte Kehlen singen sich tontreffend und – dank der Videoleinwand – textsicher durch den Song.

In den stürmenden Beifall am Ende erheben die vier noch einmal die Stimme zu einer a-capella-Version von „Thank you for the music“.

Auf der Heimfahrt mit dem Auto wird noch einmal die „Abba Gold“ eingelegt und dann ist der Siebziger-Bedarf für die nächste Zeit gedeckt.

Christoph Henkel

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