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Kultur: Verwundete Fassaden

Premiere im Theaterhaus: Der Theaterjugendclub HOT zeigt heute seine neue Inszenierung „Creeps“

Premiere im Theaterhaus: Der Theaterjugendclub HOT zeigt heute seine neue Inszenierung „Creeps“ Sie könnten unterschiedlicher kaum sein: die drei Kandidatinnen, die sich um den Moderatorenjob bei der neuen Fernsehsendung „Creeps“ bemühen. Da ist Petra, der abgedrehte, bunte „Waschhaus“-Typ mit Lust auf Musik und Party. Lilly hingegen ist die verwöhnte Zicke, die nur in gestylten Nobelbars verkehrt. Maren, die Dritte im „Bunde“, ist ein etwas komplizierterer Mensch, mit Problemen in der Schule und nur wenig Freunden. Drei Figuren, die ab heute in dem Stück „Creeps“ auf der Bühne des Hans Otto Theaters aufeinander prallen und harte Kämpfe bei einem Casting miteinander ausfechten. Gespielt werden die drei Mädchen allerdings von neun Darstellerinnen – denn jede Figur erfährt eine dreifache Brechung. Diese eher aus der Not heraus geborene Idee betrachten die Mitwirkenden des Theaterjugendclubs inzwischen als durchaus gelungenen Coup. „Wir sind im Theaterjugendclub viel mehr Mädchen als Jungen, und da ist es sehr schwierig, ein geeignetes Stück zu finden“, so die Regisseurin Manuela Gerlach. Sie habe „Creeps“ bereits desöfteren in den Händen gehalten und immer wieder gegrübelt, wie man dieses spannende Stück von Lutz Hübner mit mehr Leuten spielen könne. Schließlich sei sie gemeinsam mit Markus Laubach, der ebenfalls Regie führt, auf dieses Konstrukt der Dreifachbesetzung gekommen. Gerade in der Medienwelt, wo alles oft sehr eindimensional verlaufe, hätten sie so auch die Möglichkeit gehabt, mehr in die Tiefe zu loten. Anfangs bereitete ihnen dieses theatrale Experiment aber durchaus Kopfzerbrechen. Um alle neun Spielerinnen zu choreografieren und den Text sinnvoll zu splitten, fühlten sie sich wie kleine Mathematiker. „Nicht selten fuhren Markus und ich frustriert nach Hause“, was sie ihren Darstellern natürlich nicht offenbaren wollten. „Zum richtigen Spielen kamen wir erst in den vergangenen zwei Wochen. Da machte es Mut, als erstmals Kollegen in die Proben kamen und wir positive Rückmeldungen erhielten“, zeigt sich Manuela Gerlach kurz vor der Premiere erleichtert. Anders als sonst mussten sich die Jugendclubmitglieder bei der Verteilung der Rollen diesmal auch einem Casting stellen. Die drei Petras, Lillys und Marens sollten sich ähnlich sehen, nicht nur durch Perücken und Kostüme, sondern auch in ihrer Statur, Körperhaltung und Energie. Nicht jeder war mit dieser Zuteilung zufrieden und lernte erst allmählich die eigene Rolle schätzen. „Beim ersten Kennenlernen des Textes fand ich meine Figur der Petra so flach, dass ich mich nicht mit ihr identifizieren konnte. Doch bei jedem weiteren Eindringen in den Text habe ich gespürt, dass jeder Jugendliche in eine ähnliche Situation kommen könnte.“ Katrin Kapp fühlte sich durch die Rollensplittung an „Steppenwolf“ von Hermann Hesse erinnert, der auch mehrere Ichs lebt. „Im normalen Alltag würden diese so verschiedenen Mädchen nie etwas miteinander zu tun haben“, sind sich die Spielerinnen einig. „Alle haben sich ihre äußere Fassade zurecht gezimmert, mit der sie glauben, besser zu wirken. Keine will Gefühle zeigen. Doch in dieser drastischen Situation des Konkurrenzkampfes, der von dem Produzenten der Fernsehsendung bewusst angeheizt wird, brechen sie sich doch Bahn“, erzählt Janine Schäferhoff als eine der Lillys. Für sie besitzt „Creeps“ eine große Aktualität, da Pop- und Superstars zunehmend den Fernsehhimmel erobern. Das Stück versucht hinter diese Fassade zu schauen und zeigt, warum sich junge Leute in die Höhle des Löwen vorwagen: Lilly aus Hamburg will endlich einmal etwas ohne Hilfe ihres berühmten Vaters auf die Reihe kriegen. Petra aus Chemnitz sieht diese Fernseh-Sache lockerer. Sie führt ein geregeltes Leben mit Freund und Lehrstelle. Aber es könnte ja auch außerhalb des Bekannten noch etwas Spannendes auf sie warten Maren beißt sich am tiefsten in die TV-Chose hinein. „Sie will ihre Mutter stolz machen, ihr beweisen, dass sie nicht immer nur eine Verliererin ist“, so Maren-Darstellerin Alissa Gilmutdinowa. Am Ende wachsen die drei so verschiedenen Mädchen durch das Ereignis zusammen – das nur vorgab, ein Casting zu sein Heidi Jäger Premiere heute 18 Uhr, Theaterhaus am Alten Markt. Eintritt: 4 Euro.

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